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Kuess mich toedlich

Kuess mich toedlich

Titel: Kuess mich toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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Lara!
    Sarah gibt es nicht mehr. Nur noch Lara. Ich. bin. Lara.
     
    Papier raschelte. Sarahs dröhnende Kopfschmerzen wurden mit jedem Knistern angefacht. Ihre Gedanken waren von klebrigen Spinnenfäden umwoben und wollten sich nicht zu einer passenden Erklärung formen, die das Geräusch in ihrer Umgebung benennen konnte. Der Kater ließ das nicht zu. Sie brauchte ihre Augen, doch ihr erster brauchbarer Gedanke, als sie die Augen endlich aufschlug, war: Ich bin Sarah. Und dann: Ben hat die Briefe gefunden.
    Er saß vor ihr auf dem Bett und wühlte in dem grauen Schuhkarton, der eigentlich unter ihr Bett gehörte, und las Briefe, die sie an ihn geschrieben hatte. Ihr brach kalter Schweiß aus, den der Restalkohol verstärkte. Sie riss Ben den Karton aus den Händen. Lose Zettel flogen heraus und schwebten provozierend vor ihrer Nase herum, bevor sie auf dem billigen Linoleum landeten. Sarah sah mit hochroten Wangen und verschwitzten Schläfen auf die Falten der Bettdecke. Das hätte nicht passieren sollen.
    »Es ist das erste Mal, dass du wirklich rot wirst, seit ich dich wiedergefunden habe«, kommentierte Ben geistesabwesend.
    »Du hättest das nicht lesen sollen .« Sie fühlte sich mies.
    »Vielleicht, aber ich möchte, dass du weißt, ich wünschte mir, ich hätte dich früher gefunden. Vor allem seit ich weiß, dass wir Monate in derselben Stadt verbracht haben, sinnlos, während du mich gebraucht hättest.«
    Scham kroch über Sarahs Haut und wollte nicht verschwinden. Genau wie der üble Kater. Alles drehte sich leicht. »Wie du gelesen hast, habe ich einen Weg gefunden, mich um mich selbst zu kümmern .«
    Er nickte ernst. »Lara«, flüsterte er.
    Sarah schloss die Augen. »Ja, Lara.«
    »Aber in einem Punkt irrst du. Lara oder Sarah, für mich macht das keinen Unterschied .« Ben rückte näher und nahm ihr schmales Handgelenk, fuhr die feinen weißen Narben ab, die darauf hervorstachen. Ihre Augen brannten, aber sie kämpfte gegen die Tränen an, sie hatte schon zur Genüge geheult. Sie war nicht mehr dieser Mensch.
    »Es war ein Fehler, ein feiger Fehler, das weiß ich jetzt. Aber wenn man sechzehn ist, keinen Menschen hat, der einen verstehen kann, dann will man nur noch verschwinden. Ich wollte es oft … einfach aufgeben, aber jetzt, wo du wieder da bist, nicht mehr. Ich weiß, ich habe mich gestern unmöglich benommen, aber das war’s. Versprochen. Ich laufe nicht mehr weg, nicht vor mir und nicht vor dir. Und auch nicht vor der verdammten Familie.«
    Ben zwang Sarah, ihn anzusehen. Ihr Kinn ruhte in seiner Hand. Obwohl er die Spuren des Katers betrachtete, machte er den Eindruck, ihr zu glauben. Denn das, was er sah, war eine neue Sarah, aber immer noch dieselbe Frau. Irgendwie. Sie war Sarah, das würde sie immer sein, aber Lara war nun ein Teil von ihr geworden. »Gut«, meinte er, während er noch immer ihr Gesicht zwischen seinen Händen hielt. »Denn ich werde nicht weggehen und dich nicht allein lassen. Nicht noch einmal.«
    Die Zuversicht ließ Ben noch anziehender wirken. Sarah kroch in seine Umarmung. Auch wenn sich der Raum noch drehte, ihr Magen schmerzte und sie dringend eine Dusche brauchte, klammerte sie sich fest an ihn und erlaubte sich das erste Mal seit Monaten, schwach zu sein, ohne Reue oder Scham zu empfinden. Mit Ben war es anders. Er würde es verstehen. Er war da und das reichte schon aus, um all die Papierfetzen vergessen zu lassen, die von ihren dunklen Gedanken und den Ängsten der vergangenen Monate zeugten, und sich stattdessen in seinen Armen lebendig zu fühlen. Gut. Getröstet. Vielleicht sogar glücklich.

Kapitel 18
    Tanz mit dem Teufel
     
     
     
    B en zog die dicke Daunendecke über Sarah, die halb auf ihm lag.
    Sie hatten sich geliebt, den ganzen Morgen lang, langsam und bewusst, so ganz anders als in der Nacht zuvor. Dieses Mal war er sich sicher, neben ihr aufzuwachen und hatte deshalb die Schwere des Schlafes willkommen geheißen. Dennoch spürte er Sarahs Wachheit nun ebenso deutlich. Sie schien es nicht zu merken, doch ihr Daumen fuhr unbewusst die Erhöhung über ihrer Pulsader entlang.
    »Drei Wochen, bevor sie mich zu dir geschickt haben, habe ich etwas Ähnliches versucht«, sagte er. Bens Daumen legte sich auf ihren und stoppte damit ihren seltsamen Berührungszwang. Sarah wurde völlig reglos. »Ich bin von einer Brücke gesprungen. Nicht sehr originell, ich weiß, aber es war auch nicht geplant. Und sinnlos noch dazu. An viel erinnere ich mich

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