Kuess mich toedlich
Anruf. Noch vor dem ersten Klingeln hob er ab. »Ja?«
» Assassin , können Sie frei sprechen ?«
»Ja. Ich kann mit meinem Rapport beginnen .« Er wurde unterbrochen.
»Das wird nicht nötig sein. Es handelt sich lediglich um einen Anruf, um Ihnen Ihre neuen Instruktionen mitzuteilen .«
Was? Das war merkwürdig. Er versuchte, sich zusammenzureißen, seine Irritation zu verbergen. War etwa eine Entscheidung über Sarah getroffen worden? »Wie lauten meine neuen Instruktionen ?«
Am anderen Ende wurde es still. Ben hörte nur noch das laute Rascheln der kargen Zweige über ihm.
» Assassin , hiermit erhalten Sie einen sofortigen Abzugsbefehl. Ihr Auftrag ist beendet. Ein anderer wird Ihre Verpflichtungen übernehmen. Sie haben sich bis morgen am Fluchtpunkt zwölf einzufinden, wo Sie weitere Instruktionen erhalten. Haben Sie Ihre Anweisungen verstanden ?« , vollendete eine gleichgültige Stimme ihre Botschaft.
Ben wurde der Boden unter den Füßen weggezogen. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie zogen ihn ab. Das konnte nur bedeuten, dass sie ihm nicht mehr vertrauten. In ihren Augen hatte er versagt. Sarahs Leben war also in den Händen eines anderen, vielleicht war ihre Beseitigung bereits angeordnet. Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass es jetzt begonnen hatte. Die nächsten Minuten würden über den Rest seines Lebens und den Rest von Sarahs Leben entscheiden. Trotz der Panik, die sich aufbaute, zwang er sich zur Ruhe. Er musste noch etwas wissen, ehe er handelte. »Ich habe verstanden«, ließ er den unbekannten Anrufer mit fester Stimme wissen. »Soll ich die Zielperson bis zum Eintreffen meines Ersatzes weiter im Auge behalten ?« Ben hielt den Atem an.
»Natürlich. Sie haben Ihre Pflicht zu erfüllen, bis Ihre Ablösung übernimmt. Bis Mitternacht sollte der neue Assassin eintreffen und in Stellung gehen. Danach treten Sie Ihren Rückzug an und begeben sich auf direktem Weg zum Treffpunkt. Sonst gibt es nichts mehr zu besprechen. Ihren Abschlussbericht werden Sie mündlich abgeben. Das ist alles .« Ohne Bens Antwort abzuwarten, wurde aufgelegt.
Mitternacht! Nur noch ein paar Stunden. Sarah musste bereits vor seinem Haus auf ihn warten. Sie waren für Viertel vor sieben verabredet und jetzt war es zehn Minuten vor. Ohne auf seine Umgebung zu achten, begann er loszulaufen, als wäre der Teufel hinter ihm her.
Als er den Eingang des Parks hinter sich gelassen hatte, überquerte er eine lange Hauptstraße, ohne sich umzusehen, und wurde dafür angehupt , bevor er endlich die Straße mit seinem Wohnblock erreichte. Ben rannte atemberaubend schnell und doch kam er zu spät. Sarah war nicht mehr da. Sie stand nicht wie erwartet vor seinem Haustor. Keine Spur von ihr. Es war drei Minuten vor sieben. Wo war sie? Er schnappte sich sein Handy, schluckte seinen keuchenden Atem hinunter und wählte ihre Nummer. Es klingelte und klingelte.
»Geh ran! Bitte, geh ran !« Aber er erwischte nur die Mailbox. Ben legte auf. Dann bemerkte er aus den Augenwinkeln das halb geöffnete Eingangstor. Jemand hatte die Halterung gedrückt. Vielleicht war Sarah hochgegangen, weil sie das Warten satthatte.
Drei Stufen auf einmal nehmend, hastete er in den zweiten Stock. Seine marode Wohnungstür stand sperrangelweit offen. Ein Magenkrampf grub sich tief in sein Inneres, als er seine Wohnung betrat. Er brauchte nicht lange, um sie in dieser winzigen Bude zu finden. Sarah schien ihn nicht einmal zu bemerken. Mit hektischen Flecken im Gesicht sah sie von einem Foto zum nächsten. Als er vor Schock zitternd einen Schritt auf sie zumachte, schreckte sie zurück und hielt die Luft an.
Bei seinem Anblick riss sie vor Angst die Augen auf. Sie starrte ihn an, als wäre er ein völlig Fremder, der in ihre Wohnung eingedrungen war und nicht umgekehrt. Er kannte diesen Blick, den Blick eines in die Ecke gedrängten Tieres, das seinem Angreifer gegenüberstand und nur noch fliehen wollte.
»Ich kann dir alles erklären !« Vor lauter Panik fiel ihm nichts Besseres ein. Sie antwortete nicht, behielt immer die offene Wohnungstür im Blick. Sarah wollte hier weg. Er schüttelte den Kopf, um ihrer Absicht entgegenzuwirken. »Das geht nicht. Du kannst nicht gehen, bevor ich dir alles in Ruhe erklärt habe .«
Jetzt war sie es, die voller Angst den Kopf schüttelte. Ihr Anblick tat Ben ungeheuer weh. Sie wirkte verletzlich und erschrocken. Seinetwegen. Sie wollte immer noch fliehen, erkannte er, als er die angedeutete Bewegung ihres
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