Kuess mich toedlich
Ausgehmöglichkeiten. Zudem wusste sie nicht, ob sie noch mal den Mut finden würde, wenn sie nicht endlich einen Schritt vorwärtskam. »Ich finde es eigentlich ganz nett hier«, ließ sie Ben wissen, der gerade durchs Fenster spähte und den halb vollen Raum mit den johlenden Gästen missmutig musterte.
»Na gut, dann also Karaoke.« Seine schwindende Begeisterung konnte er kaum verbergen. Er hielt ihr die Tür auf.
Sarah stellte erleichtert fest, dass keiner der Gäste besonders interessiert an ihnen war. Die Musik dröhnte durch billige Lautsprecher und auf der Bühne mühte sich ein Typ im Anzug mit Halbglatze ab, wenigstens ein paar der Töne des Songs zu treffen, der »The Lady Is A Tramp« von Sinatra sein sollte. Doch man brauchte schon viel Vorstellungsvermögen, um das zu erkennen. Sarah verzog mitleidig und amüsiert den Mund. Endlich fand Ben eine kleine Nische am Ende der Bar, in die er Sarah führte. Als Ben ihr gerade etwas sagen wollte, kam die Kellnerin dazwischen.
»Hallo. Was darf ich euch zwei zu trinken bringen ?«
Die blutjunge Blondine richtete ihre Frage ausschließlich an Ben, den sie ohne Zweifel sehr attraktiv fand, wie Sarah missmutig feststellte. Seltsamerweise wünschte sich Sarah in dem Moment den peinlichen Schnauzer zurück, den Ben für seine Stadtbesuche ab und zu benutzte. Ben nahm sich die Karte, ignorierte ihre Blicke und bestellte einen Wodka pur. Sarah trank selten Cocktails oder andere alkoholische Sachen, außer einem gelegentlichen Wein zum Essen, deshalb bestellte sie einen Fruchtcocktail, in der Hoffnung, nicht zu schnell betrunken zu werden. Die Blondine zog ab und kam schnell mit den Getränken zurück.
»Ich hatte fast vergessen, wie du normalerweise auf Frauen wirkst«, bemerkte Sarah etwas eingeschnappt und erinnerte sich dabei an Anna Marias schamloses Benehmen in Bens Gegenwart.
Ben machte eine Unschuldsmiene. »Im Moment interessiert mich nur meine Wirkung auf dich .« Er grinste sie an und nahm den ersten Schluck. Als Sarah ihren Cocktail kostete, dämmerte ihr sofort, dass der Alkohol wohl stark bei ihr wirkte, denn schon nach dem zweiten Schluck wurde ihr etwas schwummrig . Es gefiel ihr. Irgendwie half es gegen die Nervosität im Bauch. Deshalb trank sie den Rest davon in einem Zug. Ben sah sie mit aufgerissenen Augen an.
»Entweder, du fühlst dich mit mir verdammt gut oder verdammt unwohl«, kommentierte er.
Sarah bestellte ein zweites Glas. Als die Kellnerin es einen Tick zu heftig vor ihr abstellte, hörte sie sich sagen: »Verzeihen Sie, aber ich finde es ziemlich peinlich, dass Sie mit meiner Verabredung flirten, während ich neben ihm sitze .« Hatte sie das gerade echt gesagt?
Verdutzt schluckte die hübsche Kellnerin. »Tut mir leid, ich wollte Sie nicht beleidigen .« So schnell sie konnte, zog sie ab.
» Mannomann . Ich fühle mich zwar geschmeichelt, aber ich denke, wir sollten es heute bei diesem zweiten Drink belassen .«
Als sie nickte, lächelte Ben sie an und gab ihr einen Kuss auf die Wange, der ihr ein Kribbeln im Bauch verursachte, das zusammen mit dem Alkohol einen Schauder auslöste.
»Aber ich muss dir sagen, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst, dass unser Date nicht so läuft wie jedes andere, das wir bisher hatten. Ich kann dir versprechen, dass die einzige Frau, die ich haben will, rothaarig ist und nicht blond .«
*
Ben sah ihr herausfordernd in die Augen, als er ihr seine Hand aufs Knie legte. Sarah entspannte sich unter seiner Berührung und beugte sich zu ihm, um ihn offenbar zu küssen. Doch bevor es ihr gelang, drang ein Mikrofon zwischen ihre Münder. Erschrocken wich Ben zurück, derart von Sarah gefesselt, hatte er genauso wie sie nicht gemerkt, dass die Aufmerksamkeit der Barbesucher auf sie gerichtet war. »Was ?« , stammelte Ben, aus dem Konzept gebracht.
»Ich sagte, jeder Neue muss einen Song auf der Bühne bringen. So läuft das hier bei uns .«
Der Kerl in den Dreißigern mit längeren Haaren und einer gepiercten Augenbraue, der in einem schwarzen Motto-Shirt Größe XL steckte, schien sich toll darüber zu amüsieren, das vermeintliche Pärchen vom Knutschen abgehalten zu haben, um sie in die Karaokeknie zu zwingen. Ben musste den Drang unterdrücken, diesem selbstgerechten Spinner die Meinung zu geigen. »Und was passiert, wenn keiner von uns da oben einen Song schmettern möchte ?« Er warf ihm einen Blick zu, den klügere Männer sofort verstanden hätten, und sie in Ruhe gelassen
Weitere Kostenlose Bücher