Küss mich, wenn Du kannst
Aber sie ließ keine Gelegenheit aus, Annabelle zu berühren oder anzulächeln, wenn sie gerade nicht hinschaute. Und Chet? Seine liebevolle Miene bekundete deutlich genug, wer Daddys kleiner Liebling war.
Vor lauter Stolz spürte Heath, wie sich seine Kehle verengte. Noch nie hatte er sie so schön und sexy gesehen. Seltsam, immer wieder wanderten seine Gedanken in diese Richtung. Ihre nackten Schultern schimmerten im Kerzenlicht. Am liebsten hätte er die Sommersprossen auf ihrer anmutigen kleinen Nase geküsst. Ihre glänzenden Locken erinnerten ihn an Herbstblätter. Es juckte in seinen Fingern, ihr Haar zu zerzausen. Wäre er nicht so von der überholten, fehlgeleiteten Vorstellung besessen gewesen, wie seine »außergewöhnliche« Ehefrau aussehen müsste, hätte er schon vor Monaten den Platz erkannt, den Annabelle in seinem Leben einnahm. Erst die Footballerparty am letzten Wochenende hatte ihm die Augen geöffnet. Alle Menschen machte sie glücklich, ihn inklusive. In ihrer Nähe erinnerte er sich daran, dass man nicht nur arbeiten, sondern auch leben musste. Und ihr Gelächter war kostbarer als eine Million Dollar.
Um einen Verlobungsring für sie zu kaufen, hatte er die Termine eines ganzen Vormittags abgesagt. Nur zweieinhalb Karat, wegen ihrer kleinen Hände. Müsste sie den ganzen Tag drei Karat herumschleppen, wäre sie abends zu müde, um sich auszuziehen. Wie er den Heiratsantrag gestalten wollte, hatte er genau geplant - und an diesem Morgen hatte er den ersten Teil dieses Plans verwirklicht. Mit dem Engagement der Northwestern University Marching Band. Was sich abspielen würde, hatte er glasklar vor seinem geistigen Auge gesehen. Im Moment war sie ihm böse. Also musste sie möglichst schnell vergessen, dass er bis vor wenigen Wochen beabsichtigt hatte, Delaney Lightfield zu heiraten. Annabelle liebte ihn- daran glaubte er ganz fest. Der Beweis dafür war die Farce mit Dean Robillard, nicht wahr? Und wenn er sich irrte, würde er ihre Liebe erringen. Damit wollte er heute Abend anfangen.
Mit heißen Küssen würde er ihr den Atem rauben und sie nach oben ins Mansardenschlafzimmer tragen, Nanas Schneiderpuppe mit dem Gesicht zur Wand drehen, und dann würde er Annabelle lieben, bis sie beide den Verstand verloren. Danach Blumen in Hülle und Fülle, ein paar megaromantische Dates, dazwischen anzügliche Telefonate. Sobald er sicher sein konnte, dass er die letzte ihrer Verteidigungsbastionen aufgeweicht hatte, würde er sie zu einem ganz besonderen Dinner ins Spitzenrestaurant Evanston‘s einladen. Und wenn er sie mit einer köstlichen Mahlzeit, Champagner und Kerzenschein eingelullt hatte, wollte er verkünden, er würde gern ihre alten Jagdgründe aus Collegezeiten sehen und einen Spaziergang auf dem Northwestern-Campus vorschlagen. Unterwegs würde er sie in einen der großen Torbogen ziehen und küssen und wahrscheinlich ein bisschen betatschen, denn - wem sollte er was vormachen? - er konnte Annabelle unmöglich küssen, ohne sie zu befingern. Schließlich würden sie das Seeufer des Campus erreichen. Und dort würde die Northwestern-Marschkapelle warten und irgendwas Altmodisches, Romantisches spielen. Heath würde auf die Knie fallen, den Ring hervorholen und Annabelle um ihre Hand bitten.
An diese Vision klammerte er sich genüsslich - bis er sich bedauernd davon verabschiedete. Keine Marschkapelle, kein Heiratsantrag am Ufer des Sees, nicht einmal ein Ring, der den wundervollen Moment besiegeln würde. Denn der Verlobungsring, den er ausgesucht hatte, war erst nächste Woche fertig. Jetzt verwarf er seinen grandiosen Plan, weil er die Familie Granger kennen gelernt hatte. Er wusste jetzt, wie viel sie einander bedeuteten, wie wichtig Annabelle ihnen war. Und deshalb musste er sie alle in das Ereignis einbeziehen.
Der Kellner verschwand und ließ die Gesellschaft mit frischem Kaffee und dem Dessert allein. Auf der anderen Seite des Tisches fauchte Annabelle den berühmtesten Herzchirurgen von St. Louis an, der eine ihrer Locken um seinen Finger gewickelt hatte und ihr drohte, er würde sie erst loslassen, wenn sie erzählte, wie sie auf der Geburtstagsparty einer Laune Sowieso in die Hose gemacht hatte.
Als Heath aufstand, ließ Adam das Haar seiner Schwester sofort los, und sie trat unter dem Tisch nach ihm.
»Autsch!«, klagte Adam und rieb sich sein Schienbein. »Das hat wehgetan.«
»Sehr gut.«
»O Gott, Kinder...«
Heath lächelte. Wie er das alles liebte... »Hoffentlich
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