Küss mich, wenn Du kannst
richtete sich auf und ging zur Tür. »Wenn man Erfolg haben will, muss man seine eigene Realität erschaffen. Halten Sie die Ohren steif, und zeigen Sie, was Sie auf dem Kasten haben.«
Bevor sie ihm erklären konnte, sie würde sich ohnehin schon gewaltig anstrengen, durchquerte er ihren Vorgarten. Resigniert ging sie zur Haustür und warf sie ins Schloss. Schon wieder hatte er sie in einem äußerst ungünstigen Zustand erlebt: Kein Make-up, funktionsunfähige Telefone, die Streiterei mit Mr. Bronicki. Aber um die Situation positiv zu betrachten - im Vergleich zu ihr würde Rachel an diesem Abend richtig gut aussehen.
Würden die beiden miteinander schlafen? Dieser Gedanke deprimierte sie viel zu sehr, und so verdrängte sie ihn. Sie ging in die Küche, schenkte sich ein Glas Eistee ein und trug es ins Büro. Dann rief sie John Nager an, um sich nach dem Lunch-Date zu erkundigen, das sie arrangiert hatte.
»Sie war furchtbar erkältet, Annabelle, eine total verstopfte Nase.«
»Auch Frauen fangen sich manchmal ein paar Bazillen ein, John.«
»Nun, dabei kommt es aufs Ausmaß an.«
Wie würde Heath mit einem hypochondrischen Klienten umgehen? »Die Kandidatin würde Sie gern wiedersehen, John. Aber wenn Sie nicht interessiert sind, ein paar anderen Kunden würde sie sicher gefallen.«
»Gewiss - sie ist sehr hübsch.«
»Und voller Bazillen, so wie jede andere Frau, die ich Ihnen vorgestellt habe. Werden Sie das verkraften?«
Letzten Endes beschloss er, es zumindest zu versuchen.
Annabelle holte den Staubsauger hervor und schob ihn halbherzig durchs Erdgeschoss. Dann füllte sie eine Kanne, um Nanas Usambaraveilchensammlung zu gießen. Während sie ein paar Tropfen Düngemittel ins Wasser schüttete, überlegte sie, ob sie Mrs. Porter mit Mr. Clemens zusammenbringen sollte. Beide waren verwitwet und in den Siebzigern zwei weitere Klienten ihrer Großmutter, die sie nicht abwimmeln konnte. Da Mrs. Porter eine Farbige und Mr. Clemens ein Weißer war, würden sie vielleicht Ärger mit ihrer Verwandtschaft bekommen. Aber Annabelle hatte die beiden im Lebensmittelladen getroffen und geradezu brennendes Interesse gespürt. Außerdem amüsierten sich die beiden gern beim Bowling. Sie brachte die Kanne ins Büro. Würde sie die Senioren jemals loswerden? Ganz egal, wie oft sie ihnen erklärte, die Agentur Marriages by Myrna habe ihre Pforten geschlossen, tauchten sie immer wieder auf. Schlimmer noch - sie erwarteten, sie würde Nanas lächerliche Honorare nicht erhöhen.
Nachdem sie die Usambaraveilchen gegossen hatte, setzte sie sich an den Schreibtisch und füllte Überweisungen aus, um ihre Rechnungen zu begleichen. Dank des Schecks, den sie von Heath bekommen hatte, konnte sie ihre dringendsten Schulden bezahlen.
Am Vortag hatte sie Melanie angerufen und gefragt, ob sie die Dienste von Perfect for You beanspruchen wollte. Wohl oder übel hatte sie ihr die Wahrheit gestehen müssen, was ihren Job betraf. Melanie bewies glücklicherweise einen gutmütigen Humor. Und sie schien sich tatsächlich für Annabelles Agentur zu interessieren. Allmählich sah die Zukunft ein bisschen rosiger aus.
Auf dem Schreibtisch tickte die kleine Uhr in Gestalt einer Meerjungfrau vor sich hin. Bald würde Heath zu Rachel fahren und sie abholen. Die beiden wollten ins Tru gehen, wo man den Kaviar auf einer gläsernen Miniaturtreppe servierte und ein Dinner für zwei Personen ungefähr vierhundert Dollar kostete. Nicht, dass Annabelle jemals dort gewesen wäre. Doch sie hatte davon gelesen. Sollte sie ein paar Cafés in der Nähe besuchen und ihre Visitenkarten verteilen? Aber ihr fehlte die Energie, um was anderes anzuziehen.
Freitagabend. Kein heißes Date. Keine Aussicht auf ein heißes Date. Die Heiratsvermittlerin brauchte eine Heiratsvermittlerin. O ja, sie wollte heiraten, sie wünschte sich eine Familie, einen Job, der ihr Spaß machte. War das zu viel vom Leben verlangt? Aber wie sollte sie jemals einen Mann für sich selber finden, wenn sie die begehrenswertesten Typen ihren Kundinnen überlassen musste? Natürlich war Heath nicht begehrenswert. Zum Ehemann eignete er sich nur nach seiner eigenen Meinung. Nein, das war unfair. Was immer er in Angriff nahm, er tat stets sein Bestes. Zweifellos würde er sich auch um seine Ehe bemühen. Ob das genügen würde, blieb abzuwarten. Zum Glück nicht mein Problem...
Sie holte eine DVD von »Wenn Guffman kommt« hervor. Dann erinnerte sie sich, dass sie Rob gehörte, und
Weitere Kostenlose Bücher