Küss mich, Werwolf - Warren, C: Küss mich, Werwolf - Wolf at the Door (Others 01)
Cassidy?«
Sie riss sich von seinem Anblick los und sah wieder aus dem Fenster. Sie brauchte einen Moment, um das alles geistig zu verarbeiten. All das, was einen Sinn ergab. Wählerisch durfte sie nicht sein.
»Ja«, sagte sie. »Mir geht’s gut. Bin nur ein bisschen beunruhigt.«
Quinn bremste den Wagen fast bis zum Stillstand ab und bog in eine schmale, von Bäumen gesäumte Nebenstraße ein.
»Natürlich bist du das. Aber ich verspreche dir, dass wir sie finden werden, Schatz. Alles wird gut.«
»Bei Ysabel Mirenow hast du das nicht gesagt.«
Er schwieg eine Weile lang, was auch nicht gerade zu Cassidys Entspannung beitrug. Sie hätte einiger beruhigender Worte bedurft.
»Nein«, sagte er schließlich.
»Das habe ich nicht. Aber ich wusste, warum sie sich Ysabel geschnappt hatten. Sie war ein Pfand. Mehr konnte sie nicht für sie sein. Sie war keine von den Anderen , nur einem von ihnen verbunden. Es gab nicht viel, was sie mit ihrer Entführung hätten erreichen können, und es kam nicht einmal darauf an, ob sie sie am Leben ließen oder nicht. Bei deiner Großmutter trifft das alles nicht zu.«
Sie sah ihn wieder an; beinahe fürchtete sie sich davor, das, was er eben gerade gesagt hatte, für bare Münze zu nehmen.
»Und warum haben sie sie dann entführt?«
»Aus den Gründen, die ich dir hatte erläutern wollen, bevor wir abgelenkt worden sind. Deine Großmutter ist eine unvorstellbar wichtige Persönlichkeit innerhalb der Gemeinschaft der Anderen . Sie ist viel zu wertvoll, um einfach so aufgegeben zu werden.«
»Woher weißt du das?«
»Deine Großmutter ist nicht einfach irgendeine x-beliebige Andere . Sie ist beinahe die Quintessenz dessen, was uns ausmacht. Das weiß ich trotz unserer bisher nur kurzen Bekanntschaft. Wäre ich an Stelle der Entführer, würde ich mir eine Möglichkeit einfallen lassen, sie mir zunutze zu machen – und sie auf keinen Fall töten.«
»Zum Beispiel?«
Er zögerte, sah sie vorsichtig von der Seite an.
»Sie auf magische Weise manipulieren. Oder infiltrieren.«
Cassidy wurde ganz still. Eine neue Woge der Angst schlug über ihr zusammen, und sie musste heftig schlucken.
»Na, vielen Dank für deine beruhigenden Worte.«
»Also muss ich an meiner Ablenkungstechnik noch arbeiten«, stellte er fest, ließ den Wagen ausrollen und stellte den Wahlhebel auf »P«.
»Aber ich habe uns ohne Katastrophen und Panikattacken hergebracht. Ich finde, das war auch schon eine reife Leistung.«
Er stieg aus und ging um den Wagen herum, um ihr die Beifahrertür zu öffnen. Ihre Knie zitterten immer noch so sehr, dass sie auch gar keinen Einspruch erhob, als er ihr heraushalf. Zum Glück fand sie einigermaßen sicheren Halt auf ihren Beinen, als sie vom Parkplatz aus den Weg zum Eingang eines großen Ziegelbaus hochgingen.
Im Foyer ließ Quinn den Empfangstresen links liegen und begab sich geradewegs zu einer der Sitzecken für wartende Besucher. Hier blieb er neben einem niedrigen Kaffeetisch stehen und nahm einen schweren Telefonhörer aus Elfenbein von seiner Gabel. Dann zog er einen Fetzen Papier aus seiner Tasche, wählte eine Nummer und wartete auf seine Verbindung.
»Ja, bitte?«, meldete sich eine Stimme.
»Wir sind jetzt hier, und wir würden uns gerne mit Ihnen unterhalten«, sagte Quinn.
»Wie finden wir zu Ihnen?«
»Ich müsste Ihnen erst Besucherausweise ausstellen, aber die befinden sich im Schreibtisch der Leiterin der Forschungsabteilung, und die ist heute den ganzen Tag in einer Sitzung des Finanzausschusses.«
»Wir wollen Sie nicht lange aufhalten. Wir möchten Ihnen nur ein paar Fragen stellen, und dann sind wir auch schon wieder verschwunden. Wir warten hier unten im Foyer.«
»Bin in fünf Minuten bei Ihnen.«
26
Der Labortechniker, der sie in Empfang nahm und sie dann von den argwöhnischen Blicken der Dame an der Rezeption erlöste, indem er sie zum Fahrstuhl führte, sah aus, als wäre er allerhöchstens achtzehn. Wenn er vor Cassidy stand, konnte er ihr direkt in die Augen sehen, was bedeutete, dass er ziemlich genau einssechzig maß – Cassidy war einssiebenundsechzig, wenn sie hohe Absätze trug – und er hatte noch die weiche, babyglatte Haut eines Heranwachsenden. Und außerdem einen unbändigen Mopp schwarzen Haares und wunderschöne, leicht mandelförmige Augen. Sein Lächeln war scheu, aber auch eine Spur kokett, fand Cassidy.
Quinn begrüßte den armen Kerl mit einem Fauchen und betrat nach ihm die Aufzugskabine. Der
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