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Küss mich wie damals

Küss mich wie damals

Titel: Küss mich wie damals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY NICHOLS
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musste, und tat das auch stets, wenngleich nur halbherzig. Er beschwichtigte sie jedes Mal damit, dass er sie liebe, und fragte sie, wie er ihr seine Gefühle sonst beweisen sollte.
    Als er sie dann auf der Wiese nicht nur wie sonst auf die Wange oder das Haar küsste, sondern auf den Mund, hatte sie seine Zärtlichkeiten gern erwidert und genossen, während er ihr den Rücken streichelte und dann die Brüste. Unter der sanften Berührung seiner Finger waren ihre Brustspitzen straff geworden. Sie hatte auch seine Schenkel gespürt, als er sich, neben ihr liegend, an sie drückte.
    Zu ihrer grenzenlosen Beschämung war sie ihm in ihrem ganzen Verhalten entgegengekommen, anstatt ihm Einhalt zu gebieten. Sie hatte sich sogar enger an ihn geschmiegt und ihm die Hände um den Hals geschlungen. Die für einander empfundene Liebe machte sie beide unbedacht und wagemutig. Er hatte angefangen, ihr das Oberteil des Kleides im Rücken aufzuknöpfen, ihr dann die Hände auf die Brüste gelegt und mit dem Daumen über die harten Spitzen gerieben. Ihr war nicht klar gewesen, was als Nächstes geschehen würde, aber ein vages Unbehagen in ihr veranlasste sie, sich plötzlich verlegen und ängstlich von Marcus zu lösen und ihr Kleid zuzuknöpfen. Er war traurig gewesen und beteuerte ihr, dass er sie doch liebte und ohne sie nicht leben könne.
    Sie hatte erwidert, gewisse Zärtlichkeiten sollten bis nach der Trauung aufgeschoben werden. Daraufhin hatte er gelächelt, ihre Hand ergriffen und geäußert, nichts würde ihn mehr erfreuen, als sie bald heiraten zu können, aber es gäbe Schwierigkeiten, die erst geregelt werden müssten.
    Sie war etwas verdutzt gewesen und hatte sich erkundigt, ob seine Eltern sie nicht akzeptieren würden. Er hatte geantwortet, sie wüssten noch nichts von ihr, aber er werde sie natürlich informieren, sobald sie zwei Wochen später in der Stadt seien.
    Zufrieden hatte sie ihm geglaubt. Sie war überzeugt gewesen, dass er es ehrlich mit ihr meinte. Aber in ihrer Naivität hatte sie nicht erkannt, dass er auch sehr jung war und, obwohl wahrscheinlich nicht ganz so unerfahren wie sie, den Boden unter den Füßen verloren hatte.
    Zwei Wochen später hatte er ihr das Herz gebrochen.
    Sie schaute vom Bild in den Garten und stellte überrascht fest, dass sie nichts sah. Tränen raubten ihr die Sicht. Sie hatte nicht gemerkt, dass sie weinte. Sie, die Frau von Welt, die elegante Dame der Gesellschaft, die anerkannte Malerin, weinte, als sei sie wieder siebzehn Jahre alt und hätte soeben erst erfahren, wie perfide Männer sein konnten, wie perfide dieser Mann zu ihr gewesen war.
    Ungeduldig stellte sie das Gemälde an seinen Platz zurück, trocknete sich mit dem Taschentuch, das sie der am Unterrock angenähten Tasche entnommen hatte, die Augen und schaute sich um. Die Leinwand, die Farben und die Skizze von Lady Lavinia waren noch dort, wo sie die Sachen hingestellt oder hingelegt hatte, und schienen ihr beinahe vorzuwerfen, sie lasse sich zu sehr gehen. Entschlossen, wieder zu arbeiten, setzte sie sich vor die Staffelei und nahm den Pinsel zur Hand. Es war ihr jedoch nicht möglich, die Arbeit fortzusetzen. Sie konnte sich nicht konzentrieren, nicht auf dieses besondere Sujet. Sie nahm einen neuen Skizzenblock und Kreidestifte an sich und verließ den Raum.
    Nachdem sie sich Hut und Pelisse angezogen hatte, begab sie sich entschlossenen Schritts nach Covent Garden, wo Markt war und Lärm und Betriebsamkeit herrschten. Sie hockte sich auf den Rand eines Karrens, auf dem, dem Geruch nach zu urteilen, Hühner transportiert worden waren, und fing an zu zeichnen.
    Nach einer Weile kam einer der Händler auf sie zu und fragte sie, was sie da triebe. Sie hielt ihm mit gewinnendem Lächeln die Skizze hin.
    „Das sind ja mein Weib und meine Daisy und Henry, der Junge des alten Rob“, stellte der Mann erfreut fest. „Und ganz lebensnah getroffen! Und das bin ich! Wieso haben Sie uns gezeichnet?“
    „Ich finde Sie interessant. Möchten Sie nicht Ihre Arbeit fortsetzen, damit ich das Bild zu Ende zeichnen kann?“
    Der Händler hob den Blick von der Skizze und sah sie argwöhnisch an. „Sie haben nichts Gutes im Sinn“, erklärte er schließlich. „Wahrscheinlich wollen Sie es zu den Gendarmen bringen, damit sie uns von hier vertreiben. Wir haben aber nichts Unrechtes getan. Wir sehen bloß zu, dass wir unseren Lebensunterhalt verdienen.“
    „Ja, genau das tue ich auch. Ich male, um etwas damit zu

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