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Küss mich wie damals

Küss mich wie damals

Titel: Küss mich wie damals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY NICHOLS
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können und kaum gemerkt, dass er danach weniger Geld besaß. Das wusste sie und machte sich dennoch über ihn lustig.
    „Der Zweck meines Besuches ist, Sie vom unverantwortlichen Benehmen Ihres Stiefsohnes in Kenntnis zu setzen“, äußerte er steif, „und Sie darüber zu informieren, dass meine Tochter nicht mehr zu Ihnen kommen wird. Und zu Ihrem eigenen Besten rate ich Ihnen, Ihren Stiefsohn besser zu kontrollieren, ehe er Sie restlos ruiniert. Leben Sie wohl, Madam.“ Ehe sie etwas erwidern konnte, hatte er den Raum verlassen.
    Sie folgte ihm ins Entrée, blieb dort zitternd stehen und sah, wie er vom Butler seinen Hut entgegennahm und dann aus dem Haus ging. Creeley schloss die Tür, und es kam Frances wie eine Endgültigkeit vor. Er war zum zweiten Mal aus ihrem Leben verschwunden, und zum zweiten Mal war sie erschüttert, enttäuscht und wütend. Ihr Zorn beflügelte sie dazu, sofort an James zu schreiben und ihm mitzuteilen, er solle sie umgehend aufsuchen. Sie ließ ihm den Brief durch einen Lakai überbringen und kehrte in ihr Zimmer zurück.
    „Wir werden nicht einkaufen gehen, Rose“, äußerte sie bedrückt. „Ich erwarte meinen Stiefsohn zu Besuch.“
    „Und was ist mit Ihrem Kostüm, Madam? Die Zeit ist sehr knapp, falls es erst angefertigt werden muss.“
    „Keine Sorge, Rose. Ich gedenke, als Zofe zum Maskenball zu gehen. Wir haben ungefähr die gleiche Statur. Ich werde mir von Ihnen ein Kleid ausleihen.“
    „Das wäre unpassend, Mylady“, erwiderte Rose erschrocken.
    „Oh, im Gegenteil, Rose! Seine Gnaden hält mich für eine Dienerin. Also werde ich eine sein. Falls er zum Ball kommt, was ich langsam bezweifele, werde ich sehen, was er von meinem Aufzug hält.“
    „Oh, Mylady!“, rief Rose aus.
    Marcus kehrte nach Hause zurück. Er hätte sich denken können, dass er, indem er bei Frances vorstellig wurde, nur seine Zeit verschwendete. Erneut hatte sie ihm das Gefühl der Unzulänglichkeit gegeben. Er kam sich wie ein unbeholfener Schuljunge vor und überlegte, wie sie die Situation gehandhabt hätte, wäre Duncan ihr Sohn gewesen. Hätte sie darüber gelacht, so wie sie ihn ausgelacht hatte, und geäußert, junge heranwachsende Burschen seien oft dumm, und man müsse Nachsicht mit ihnen haben? Hätte sie sich geweigert, die Schulden zu übernehmen, weil er noch nicht volljährig war und nicht dafür belangt werden konnte? Hatte sie ihren Stiefsohn in dieser Weise erzogen? Kein Wunder, dass Corringham sich so unverantwortlich benahm.
    Ungeachtet des Zorns auf sie wusste Marcus, dass er ungerecht war. Er hatte sie mit ihren Stiefkindern erlebt und hätte blind sein müssen, um nicht die ehrliche Zuneigung zu sehen, mit der man sich gegenseitig begegnete. Er hatte sie sogar darum beneidet. Er würde alle Eskapaden seines Sohnes hinnehmen, wenn Duncan wenigstens wüsste, dass er sich jederzeit Hilfe suchend an ihn wenden und mit ihm über seine Sorgen sprechen konnte. Vielleicht würden sie beide dann über sie lachen. Und genau das war der springende Punkt. Er und sein Sohn konnten nicht miteinander fröhlich sein. Das war seine Schuld, weil er zugelassen hatte, dass er von seiner Gattin jahrelang aus der Erziehung der Kinder ausgeschlossen gewesen war. Je länger er unterwegs war, desto mehr legte sich seine Wut. Aber sie schwand nicht in dem Maße, dass er hätte umkehren und zu Frances zurückgehen können, um sich bei ihr zu entschuldigen.
    Duncan war noch in der Bibliothek, wo er ihn eine Stunde zuvor zurückgelassen hatte, hielt den Kopf gesenkt und ließ die Hände zwischen den Knien hängen. Im Allgemeinen war sein Sohn ein gut aussehender Junge, der den in der Familie erblichen unverkennbaren Haaransatz und die für die Stanmores typischen Augenbrauen besaß, doch jetzt wirkte er noch mürrischer, als Lavinia früher gewesen war. Das war nicht verwunderlich. Die Moralpredigt, die Marcus ihm gehalten hatte, war sicher noch eine Meile entfernt zu hören gewesen.
    Er hatte ihn nicht geschlagen, wenngleich er ihm Prügel angedroht hatte. Er vermutete jedoch, dass seinem Sohn eine körperliche Züchtigung lieber gewesen wäre als die Strafe, die er ihm bestimmt hatte. „Du wirst das Geld, das ich jetzt für dich auslege, von deiner Apanage zurückzahlen“, hatte Marcus gebrüllt. „Du gibst keinen Penny aus, bis der gesamte Betrag beglichen ist. Und es ist mir gleich, ob die Rückzahlungen bis zu deiner Volljährigkeit dauern, wenn du über das dir von deiner Mutter vererbte

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