Küsse auf Eis - True Love and other Disasters
mir einen.«
Da musste sie kurz nachdenken. Dann schnippte sie mit dem Finger und sagte: »Der Typ aus dem Friseursalon in Blow Out. Jonathan Antin.« Jules zuckte zusammen, als hätte sie soeben Ty Recht gegeben.
»Ich glaube nicht, dass die Sendung überhaupt noch läuft«, grummelte Jules. »Der Typ war irgendwie schwul. Ich bin’s nicht.« Irgendwas an ihrer Miene musste sie verraten haben, denn er kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Sie glauben es auch!«
Sie schüttelte den Kopf und riss entsetzt die Augen auf.
»O doch.« Er machte eine ungehaltene Handbewegung. »Warum?«
»Das ist unwichtig.«
»Sagen Sie’s mir.«
Sie zuckte mit den Achseln. Auf dem Eis unter ihnen ertönte ein Pfiff, und Sam Leclaire lief unaufgefordert zur Strafbank. Sam mochte kein großer Kämpfer sein, aber das hielt ihn nicht davon ab, seine Handschuhe wegzuwerfen und pro Spiel im Durchschnitt sieben Strafminuten abzusitzen.
»Es liegt daran, wie Sie sich kleiden. Sie tragen alles knalleng, und ihre Farbauswahl ist für einen heterosexuellen Mann ein bisschen gewagt.«
Stirnrunzelnd verschränkte Jules die Arme vor seiner massiven Brust. »Wenigstens hab ich keine Angst vor Farben. Sie dagegen laufen ständig in Beige und Schwarz rum.« Er sah kurz auf die Eisbahn, dann wieder zu ihr. »Vor ein paar Jahren war ich dick. Ich hatte es wirklich satt, Größe 56 zu tragen, also hab ich beschlossen, mein Leben zu ändern. Ich
arbeite hart an meinem Körper. Warum also soll ich ihn nicht betonen?«
»Weil weniger manchmal mehr ist«, antwortete sie. Wie wenn man weniger Haut zeigte, und sie sollte es ja wissen. »Und manchmal ist weiter eben vorteilhafter.«
Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht. Aber alles, was Sie tragen, ist so weit, dass es aussieht, als wollten Sie unter Ihren Kleidern etwas verbergen.«
Faith blickte auf ihren schwarzen Stehkragenpulli und ihre schwarze Hose herab. Vor Virgil hatte sie enge Klamotten mit tief ausgeschnittenem Dekolleté getragen. Sie war von einem Extrem ins andere gefallen, um sich seiner Welt anzupassen. Und jetzt passte sie in keine mehr.
»Aber was Sie tragen, ist vermutlich auch egal. Sie sind schön und müssen sich deshalb keine Gedanken machen. Manchmal mache ich mir Sorgen, dass irgendein Typ mich für Ihren Bodyguard hält und versucht, sich mit mir anzulegen.«
Faith fand, dass Jules dummes Zeug quatschte und ganz schön übertrieb. »Ich lasse nicht zu, dass Ihnen jemand wehtut. Sie kleiden sich vielleicht, als erlebten Sie eine Art metrosexuellen Supergau, aber ich brauche Sie. Und außerdem«, fügte sie lächelnd hinzu, »sind Ihre Haare super .«
Er musterte sie kritisch, während »Are You Ready To Rock« aus den Stadion-Lautsprechern dröhnte. »Das ist das erste echte Lächeln, das ich bisher bei Ihnen gesehen habe«, stellte er fest.
»Ich lächele ständig.«
Er hob sein Bier. »Ja, aber es ist nicht ehrlich gemeint.«
Faith richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Anzeigetafel und das Geschehen auf dem Eis. Schon lange bevor sie Virgil
getroffen hatte, hatte sie gelernt zu lächeln, obwohl sie es gar nicht ehrlich meinte. Schon lange bevor sie mit ihren hochhackigen Acrylschuhen auf die Bühne gestiegen war und sich in Layla verwandelt hatte, hatte sie gelernt, ihre wahren Gefühle hinter einem Lächeln zu verstecken. Das machte das Leben manchmal einfacher.
Doch das Leben hatte die schlechte Angewohnheit, einem unerwartete Bälle zuzuwerfen oder, besser gesagt, unerwartete Pucks. In einer Million Jahre hätte sie nicht gedacht, dass ihr eines Tages eine Eishockeymannschaft gehören würde. Es wäre ihr nicht einmal in den kühnsten Träumen eingefallen, aber hier saß sie nun und sah ihrer Mannschaft dabei zu, wie sie Pucks durch die Gegend feuerte und die Fäuste fliegen ließ. Sie fragte sich, was die Jungs davon halten würden, wenn sie morgen mit ihnen den Jet bestieg.
Am nächsten Morgen fand sie es heraus, als sie Coach Nystrom in die BAC 1-11 folgte. Seine breiten Schultern versperrten ihr die Sicht, aber das leise Gemurmel von Männerstimmen tönte durch die Passagiermaschine, in der vierzig Leute Platz hatten. Es war halb acht, und ihre Aufregung über den Sieg gegen die Sharks am Vorabend hatte sich noch nicht gelegt.
Im hinteren Teil des Flugzeugs beschwerte sich jemand so laut, dass es nicht zu überhören war: »Der Hurensohn hat versucht, mir seinen Stock in den Arsch zu schieben.«
»Wär ja nicht das erste Mal, dass du mit einem
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