Küsse, Baby und das Familienglück
führte sie an dem Tier vorbei. „Anscheinend bist du nicht an Pferde gewöhnt“, stellte er fest.
Jacey verzog das Gesicht. „Stimmt.“
„Warum?“
„Ich bin in der Vorstadt von San Antonio aufgewachsen, schon vergessen?“
Selbst wenn sie Reitstunden hätte nehmen wollen, was nicht der Fall gewesen war, hätte sie sich das nicht leisten können.
„Du kannst also nicht reiten?“
„Richtig.“
Er blieb vor dem Büro neben der Stalltür stehen, knipste das Licht an und führte sie hinein. „Hättest du Lust, es zu lernen?“
„Ich weiß nicht recht.“
Forschend sah sie ihm ins Gesicht. Sie konnte nicht erkennen, ob er enttäuscht oder erleichtert über ihre Antwort war. „Sollte ich denn?“, fragte sie schließlich.
Er lächelte bitter. „Niemand sollte etwas tun, was er nicht tun will.“ Rafferty setzte sich an den verschrammten Schreibtisch und öffnete einen Aktenordner mit Rockets Namensschild.
Jacey sah zu, wie er handschriftlich den medizinischen Bericht ergänzte. „Du hast erwähnt, dass Angelica eine gute Reiterin war.“
Rafferty lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Die Pferde waren das Einzige, was ihr hier gefiel.“
Jacey ging um ihn herum und setzte sich neben ihm auf die Schreibtischkante. „Und trotzdem hat sie dich geheiratet?“
Er wandte den Blick ab. „Zuerst hat ihr die Ranch gefallen. Sie genoss es, jederzeit auf ein Pferd steigen und meilenweit durch die schöne Natur reiten zu können.“
„Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?“
Rafferty atmete aus und sah sie mit einem Blick an, der ihr bewusst machte, dass er sonst nie darüber sprach. „Sie hatte hier in der Nähe ein Fotoshooting für eine bekannte Modezeitschrift“, antwortete er. Seine Augen funkelten zynisch. „Die Models trugen Abendkleider und Schmuck, mitten zwischen den Kakteen. Total lächerlich, wenn du mich fragst. Aber da Angelica in Texas aufgewachsen war, hatte sie damals das Gefühl, nach Hause zurückzukehren. Sie hielt Summit für eine reizende kleine Stadt und fand es toll, mit einem echten Cowboy zusammen zu sein.“
Ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Wir waren zwei Jahre lang ein Paar. Sie flog regelmäßig hier rüber, und ich habe sie dann abgeholt und zur Ranch gebracht. Allerdings haben wir nie mehr als ein Wochenende am Stück miteinander verbracht. Wenn das anders gewesen wäre … wer weiß …“ Rafferty verstummte nachdenklich. „Wie dem auch sei, ihre Karriere war damals schon fast vorbei. Mit dreißig wurde sie allmählich zu alt für den Job. Sie wollte Kinder und ich auch. Also haben wir geheiratet, und sie wurde sofort schwanger. Ich dachte, sie sei genauso glücklich über ihr neues Leben wie ich.“
„War sie es denn nicht?“, fragte Jacey.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, sie langweilte sich hier zu Tode. Sie hatte weder Lust zu kochen, noch das Haus einzurichten, und auch in der Stadt gab es nichts und niemanden von Interesse für sie.“
„Klingt schrecklich“, sagte Jacey voller Mitleid.
„Das war es, und zwar für uns alle“, gab Rafferty zu. „Ich gebe mir die Schuld dafür, weil ich sie überredet habe, mich zu heiraten. Einen solchen Fehler mache ich nicht noch einmal. Städterinnen gehören einfach nicht auf eine so abgelegene Ranch wie diese hier.“
„Aber ich bin doch auch eine Städterin“, protestierte Jacey.
„Ja, eine, die schon nach gut sechs Wochen wieder fort will.“
Aber doch nicht, weil ich mich eingesperrt oder gelangweilt fühle, dachte Jacey. „Und deshalb willst du nur noch Affären?“, fragte sie.
Rafferty presste die Lippen zusammen und sah plötzlich so unzufrieden aus, wie sie sich fühlte. „Was uns beide angeht, versuche ich nur, realistisch zu bleiben.“
Ihr Herz begann zu klopfen.
Rafferty umfasste ihr Handgelenk und zog sie vom Tisch runter auf seinen Schoß. „Das heißt noch lange nicht, dass ich mir eine Chance entgehen lasse, mit dir zusammen zu sein.“
Er schob ihr Haar beiseite und küsste ihren Hals und ihr Schlüsselbein.
Unwillkürlich stöhnte Jacey tief auf und legte die Hände auf seine Brust. „Deshalb bin ich aber nicht gekommen.“
Rafferty schob ihren Kopf unter sein Kinn und küsste ihr Haar, ihre Wangen und einen Mundwinkel. „Warum denn dann?“
Jacey rieb das Gesicht an seiner glatt rasierten warmen Haut. Es war wundervoll, einfach nur in seinen Armen zu liegen. Noch nie hatte sie sich so sicher und beschützt gefühlt.
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