Küsse im Mondschein
fröhliches »Auf Wiedersehen« - und das sollte alles gewesen sein?
Das glaubte sie doch wohl selbst nicht.
»Danke, Mr. Lytton-Smythe. Wenn Ihr mich dann jetzt bitte entschuldigen würdet? Ich muss mich nun auch einmal wieder meinen anderen Bekannten zuwenden.«
»Aber, aber, meine liebe Miss Cynster.« Energisch versuchte Amanda, ihm ihre Hand zu entziehen, doch Percival hielt sie unbeirrt fest. »Selbstverständlich müsst Ihr das. Und ich wäre überglücklich, Euch dabei Gesellschaft leisten zu dürfen.«
»Nein!« Amanda überlegte hastig, wie sie ihm wieder entrinnen könnte. Dann griff sie nach ihrer Standardausrede: »Ich müsste kurz mal die Örtlichkeiten für die Damen aufsuchen.«
»Ah.« Ein wenig ratlos entließ Percival sie aus seiner Umklammerung. Dann hellte sich seine Miene plötzlich wieder auf, und er blickte Amanda mit einem überlegenen Grinsen an. »Trotzdem können wir Euch doch nicht ganz allein durch die Räume Ihrer Gnaden flanieren lassen. Ich warte also einfach, bis Ihr zurückkehrt.«
Amanda konnte sich gerade noch beherrschen, nun nicht entnervt die Augen zu verdrehen. »Wenn Ihr meint.«
Dann, endlich, konnte sie ihm entfliehen und fragte sich, was Percival wohl denken würde, wenn er feststellte, dass er vergeblich auf ihre Rückkehr wartete. Vielleicht dächte er ja, sie hätte irgendeine Unpässlichkeit? In jedem Fall versteckte sie sich lieber auf ewig in der Damentoilette, als dass sie noch einmal Gefahr lief, ihm zu begegnen. Der Kerl war wirklich die Pest. Außerdem schien er schlichtweg außer Stande, zwei und zwei zusammenzuzählen und ignorierte hartnäckig sämtliche ihrer Hinweise darauf, dass sie so gar nicht seiner Meinung war, was seine Mission anbetraf, Amanda von ihrer, wie er es sah, bedauerlichen Leichtlebigkeit abzubringen und sie zurück auf seinen puritanischen Pfad des Richtigen und Schicklichen führen zu wollen.
»Hah!« Amanda war auf die Eingangshalle Ihrer Gnaden zugestrebt, doch nun trat sie durch einen Türbogen hindurch in einen der Nebensalons. Sie hatte doch nur aus einem gewissen Pflichtgefühl heraus mit Percival getanzt; gefallen hatte ihr der Tanz ganz gewiss nicht. Zumal Percival begann, sich zunehmend nervtötender aufzuführen. Nicht, dass er sie zu dicht an sich gezogen hätte oder gar seine Hand ein wenig hätte umherwandern lassen - nein, um Himmels willen, natürlich nicht. Aber Amanda liebte es nun einmal zu tanzen, und Percival war dazu ganz einfach der falsche Partner. Sie hatte die ganze Zeit über den Drang verspürt, sich aus seinen Armen zu winden und ihn einfach stehenzulassen.
Amanda tauschte mit diversen Gästen kurze Begrüßungen aus, blieb hier und da stehen, um ein wenig zu plaudern, und wanderte schließlich zu der entgegengesetzten Ecke des Salons hinüber, wo eine Gruppe Topfpalmen vor zwei hohen Fenstern einen leichten Sichtschutz boten. Die Fenster waren geöffnet, und dann und wann bauschten sich die Spitzenvorhänge in einer leichten Brise.
Es war der perfekte Ort, um sich ein wenig von dem Trubel zurückzuziehen und nachzudenken.
Amanda schlüpfte hinter die Palmwedel und stieß im Stillen einen tiefen Seufzer aus. Denn es gab durchaus noch mehr Gentlemen als bloß Percival, die ein Auge auf Amanda geworden hatten. Es war allgemein bekannt, dass sowohl ihr als auch Amelia jeweils eine großzügige Mitgift zustand. Und man wusste auch, dass sie beide nun mittlerweile bereits dreiundzwanzig waren. Also beinahe schon überfällig. Gewisse Herren waren folglich davon ausgegangen, dass die beiden Schwestern inzwischen doch regelrecht verzweifelt nach einem Ehemann Ausschau halten müssten.
Und besagte Gentlemen hatten in ihrer Vermutung auch durchaus Recht, nur dass Amanda und Amelia aus dieser Verzweiflung ganz andere Konsequenzen gezogen hatten, als die Gentlemen sich das dachten.
»Pah!« Amanda spähte vorsichtig zwischen den Palmwedeln hindurch. Durch einen kleinen Bogengang, durch den man in den Ballsaal sehen konnte, erblickte sie Amelia, die gerade in Lord Endicotts Armen im Walzerschritt an ihr vorbeischwebte. Amandas Schwester folgte ihren ganz eigenen Plänen; sie hatte sich darauf verlegt, jeden verfügbaren und noch nicht verheirateten Gentleman der Londoner Gesellschaft einer persönlichen Prüfung zu unterziehen.
Amanda wünschte ihrer Schwester im Stillen Glück und fragte sich flüchtig, ob Luc Ashford wohl schon angekommen war. Dann wandte sie ihre Gedanken aber wieder ihrem eigenen Vorhaben
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