Küsse im Mondschein
genau das zu verhindern.« Luc beugte sich vor, sein Gesichtsausdruck sehr konzentriert. »Es könnte funktionieren.«
»Und«, fügte Martin hinzu, »dieser Plan funktioniert selbst dann, wenn es nicht Edward war.« Als die anderen drei ihn erstaunt anblickten, erklärte er: »Wir haben schließlich nur Indizien und keinen wirklichen Beweis, dass es tatsächlich Edward gewesen ist. Wir wären also ziemlich dumm, wenn wir nun davon ausgingen, dass kein anderer außer ihm für die Rolle des Mörders in Frage kommt.« Er sah Amanda an. »Und genau darum ist unser Plan ja auch so clever - denn die Rechnung geht in jedem Fall auf, ganz egal, wer von den Fünfen auf unserer Liste nun derjenige ist. Denn wer auch immer Buxton getötet hat, wird alles tun, um zu verhindern, dass wir das Tagebuch lesen.«
»Aber wir haben doch gar kein Tagebuch«, wandte Reggie ein.
»Ach, da reicht doch irgendein Buch.« Martin musterte seine Bücherborde.
»Nein, da reicht nicht irgendein Buch«, widersprach Amanda ihm. »Das Buch sollte zumindest nach einem Tagebuch aussehen. Ich hab noch ein altes Schulbuch mit Bändern und kleinen Röschen auf der Vorderseite. Es steht auch nicht mein Name vorne drauf - ich werde also einfach ›Sarah‹ auf den Buchdeckel schreiben. Das sieht dann bestimmt noch überzeugender aus.«
Luc runzelte die Stirn. »Wenn ich der Schurke wäre, würde ich versuchen, das Tagebuch gleich bei Mrs. Crockett an mich zu nehmen. Ich würde vor ihrer Hütte auftauchen und sagen, Martin hätte mich geschickt, um das Buch mitzunehmen.«
»Dazu würdest du aber gar keine Zeit mehr haben«, widersprach Martin ihm. »Denn wir werden diese Sache jetzt ganz schnell über die Bühne bringen.« Er ließ den Blick von Amanda über Reggie zu Luc schweifen. »Das Tagebuch wird morgen Abend hier ankommen. Die Postkutsche aus dem Norden kommt um fünf Uhr bei St. Pancras an. Und damit es noch realistischer aussieht, und wir sichergehen können, dass das Buch auch wirklich an diese Adresse geliefert wird und keiner versuchen kann, es irgendwo auf dem Wege hierher abzufangen, schicke ich Jules der Postkutsche entgegen, damit er es sofort in Empfang nehmen kann. In Wirklichkeit wickeln wir natürlich Amandas Tagebuch ein, stecken es Jules in die Tasche und lassen ihn von einem meiner Pferdeknechte gleich morgen früh beim ersten Sonnenlicht nach Barnet fahren. Da wird er dann noch rechtzeitig genug ankommen, um die Postkutsche zu erwischen, die dort etwas später am Tage auf ihrem Weg nach Süden für gewöhnlich kurz anhält.«
»Aber was ist mit Jules?« Amanda wandte sich zu Martin um. »Der Mörder ist immerhin ein gefährlicher Mann, das wissen wir doch. Ich möchte nicht, dass Jules etwas zustößt.«
»Um Jules brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Der kann auf sich selbst aufpassen.« Als Amanda noch immer nicht überzeugt schien, verblasste Martins Grinsen und wich einem etwas spöttischen Lächeln. »Jules ist ein ehemaliger Bandit. Ein Attentäter - neben einigen anderen Berufen, denen er auch noch nachgegangen ist. Er wurde einst losgeschickt, um mich zu töten.«
Luc betrachtete Martin mit einem nachdenklichen Blick. »Aber er war offensichtlich kein Meister seines Fachs.«
Martin hob die Brauen. »Doch, genau genommen war er sogar wirklich gut in dem, was er tat - aber ich war besser.«
Die beiden Cousins tauschten einen verschwörerischen Blick aus, dann wandten sie sich wieder den gegenwärtigen Problemen zu.
»Wie auch immer. Um auch in Jules’ Interesse auf Nummer sicher zu gehen und um unsere Geschichte noch ein wenig glaubhafter zu machen, werde ich zwei Knechte ausschicken, die die Kutsche bei St. Pancras abfangen sollen und Jules und das teure Tagebuch dann von dort aus wieder hierher zurückeskortieren.«
Luc nickte. »Ja. Das müsste den Mörder dann wirklich überzeugen. Das Tagebuch auch noch von Wachen begleiten zu lassen, ist wirklich ein Geniestreich. Denn so etwas würde man für gewöhnlich doch erst dann machen, wenn man meint, dass das Tagebuch von wirklich überragender Beweiskraft ist.«
»Und das wäre es ja auch - und zwar in mehr als bloß in einer Hinsicht. Es würde beweisen, dass man mich zu Unrecht beschuldigt hat, würde mich von der Last des alten Skandals befreien. Zudem würde es mir meinen Platz in der Familie zurückgeben, würde mir den Weg ebnen, damit ich endlich Amanda heiraten könnte, würde mich auch verwandtschaftlich mit den Cynsters verbinden, und nicht zuletzt
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