Küsse im Mondschein
Zungenspitze über die Unterlippe.
Dann, als Martin sich noch immer nicht rührte, hob sie den Blick wieder zu seinen Augen. Musterte sie genau. Und ließ dann - mit einer Entschlossenheit, so stark, dass Martin sie regelrecht spüren konnte - ihre Hand emporwandern, schloss sie um seinen Nacken und zog seinen Kopf zu sich herab, bis seine Lippen die ihren berührten.
Nein, nein, nein, nein... Gellend schien ein wahrer Fanfarenstoß durch seinen Kopf zu schallen, schien ihn zu warnen. Und doch ließ Martin Amanda gewähren, ließ sich von ihr hinabziehen, auf dass er seinen Hunger an ihren Lippen stillen konnte, auf dass er in den warmen Hafen ihres Mundes eintauchen konnte und in den dort verborgenen Wonnen schwelgen. Amanda hieß ihn willkommen, bot sich ihm an - Martin begriff durchaus, was sie da gerade tat.
Er spürte nur allzu genau, wie sie versuchte, ihn zu verführen. Und er wusste auch, dass es klüger wäre, ihren Verlockungen zu widerstehen.
Doch er konnte sich ihrem Zauber einfach nicht mehr entziehen.
Und dies galt besonders für jenen Moment, als der noch logisch denkende Teil seines Gehirns ihm zuflüsterte, dass Amanda schließlich erst sehr wenig Erfahrung besaß - dass sie unmöglich Waffen besitzen konnte, die er nicht bereits pariert hatte; dass sie ihm keine Falle stellen könnte, in die Frauen mit mehr Erfahrung ihn nicht bereits hineinzulocken versucht hätten, Fallen, denen er bislang doch trotzdem noch immer entkommen war. Nein, Amanda stellte keine ernst zu nehmende Gefahr für ihr dar. Also gab es auch keinen Grund, weshalb er sie nicht genießen dürfte und ihr im Gegenzug dafür eine kleine Kostprobe von jenem Abenteuer gönnen sollte, nach dem sie sich doch so verzehrte. Sie war bei ihm in Sicherheit, darum war logischerweise auch er sicher vor ihr.
Er küsste sie noch einmal, raubte ihr den Atem, zog sie an sich. Martin erahnte, wie sie innerlich zu erzittern schien, spürte ihr Verlangen immer größer werden. Sie ließ ihre Finger zu seiner Wange hinabgleiten, berührte ihn, liebkoste ihn mit federleichter Hand. Neckte ihn. Quälte ihn. Martin vertiefte den Kuss, und Amanda erschauerte am ganzen Körper - ihr Beben drang ihm bis ins Mark.
Noch ehe er sich dessen so richtig bewusst wurde, hatte er sein Gewicht auch schon ein wenig verlagert, hatte sich über sie gebeugt, um die Leidenschaft ihres Kusses noch weiter anzufachen, um sie noch intensiver berühren zu können -
Nein. Nun hatte die Vorsicht ihn wieder in ihre Gewalt bekommen und zerrte ihn im Geiste mit festem Griff zurück. Er war doch schließlich kein Narr. Amanda lag neben ihm, eingehüllt in ihren Umhang wie in einen Kokon, der ihre zarte Gestalt vor ihm schützte - sie war eine Versuchung unter samtenen Hüllen.
Und damit war sie wesentlich sicherer vor ihm, als wenn er sich nun erlaubt hätte, auch noch seine Hände auf ebendiese Versuchung zu legen. Egal, wie sehr seine Hände vor lauter Sehnsucht nach dieser Berührung auch schon schmerzen mochten. Dennoch wollte der Impuls, Amanda zu liebkosen, nicht von ihm weichen. In dem vergeblichen Versuch, das Brennen in seinen Handflächen zu lindern, presste er sie tief in die seidenen Kissen.
Amanda spürte, wie das Feuer seiner Begierde immer höher loderte; auch ihr selbst wurde es in dem Umhang, der sich noch immer um sie schmiegte, mittlerweile viel zu heiß. Jeder seiner langen, tiefen und sinnlichen Küsse hatte noch mehr von dieser flüssigen Glut in ihre Adern ergossen. Dennoch hatte sie versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren, hatte die Kontrolle behalten wollen... Aber jedes Mal, wenn sie versucht hatte, sich im Geiste aus dem Sog der Leidenschaft zu lösen, gelang es Martin, ihren Verstand auszuschalten und ihre Sinne mit einer neuen Nuance der stetig tiefer werdenden Intimität ihres Kusses zu betören.
Sie erlebten ihre Wonne gemeinsam. Trotz ihrer bescheidenen Erfahrung spürte Amanda, dass Martin ihren leidenschaftlichen Austausch genauso genoss wie sie. Sie war zwar die Anfängerin von ihnen beiden - und er war ein wahrer Experte -, aber jedes Mal, wenn er von Neuem ihren Mund erforschte, sprach das pure Verlangen aus seinen Liebkosungen, jedes Mal, wenn er aufs Neue zwischen ihre Lippen drang, fühlte sie seine wachsende Leidenschaft.
Doch er beherrschte sein Verlangen mit eiserner Hand. Auch das begriff Amanda allmählich. Trotz der Geständnisse, die seine Lippen und seine Zunge ihr zuzuflüstern schienen, trotz der Anspannung, die Amanda
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