Küsse im Morgenlicht
Herz tat einen freudigen kleinen Hüpfer. Nun wandte sie sich ihm vollends zu -
In dem Moment schallte plötzlicher Lärm von draußen zu ihnen herauf. Beide drehten die Köpfe in Richtung Fenster, traten noch näher heran und spähten hinunter. Eine große Reisekalesche kam gerade schaukelnd vor dem Portikus zum Stehen. Ihr folgten eine Reihe kleinerer Reisekutschen.
Sofort kamen einige Bedienstete aus dem Haus geströmt, andere sprangen von den Kutschböcken herab. Lady Calverton, ihre vier Töchter und deren versammelte Dienerschaft waren aus London zurückgekehrt.
Luc seufzte. »Damit dürfte unser ungestörtes Privatleben nun erst einmal wieder ein Ende haben.«
Er sah seine Ehefrau an. Amelia blickte zu ihm auf und spürte sein Verlangen, sie zu küssen, ein Verlangen, das regelrecht in der Luft zu beben schien. Dann senkte er seine langen Wimpern, er ließ ihre Hand los, trat zurück und deutete auf die Tür. »Besser, wir gehen jetzt auch nach unten.«
Amelia drehte sich um, doch statt nun geradewegs zur Tür zu gehen, schmiegte sie sich an ihren Mann, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn zart auf den Mund. Sie spürte, wie er sofort reagierte, genoss den süßen, doch kurzen Moment, dann löste sie sich schließlich wieder von ihm.
Nur widerwillig ließ Luc sie aus seinen Händen entgleiten.
Amelia lächelte und schob ihren Arm unter dem seinen hindurch. »Ja, sobald es etwas mitzuteilen gibt, werde ich es dir sagen. Und, ja, wir sollten jetzt besser wieder runtergehen.«
»Wir waren in Astley’s Amphitheater und bei Gunter’s. Und im Museum.« Aufgeregt wanderte Portia vor den Fenstern des großen Salons auf und ab. Selbst die langen, ermüdenden Stunden in der Kutsche hatten ihre ungezügelte Lebensfreude nicht dämpfen können.
»Im Museum waren wir sogar zweimal«, korrigierte Penelope sie. In ihren Brillengläsern spiegelte sich das Licht, als sie von ihrem Platz auf der Chaiselongue aufblickte.
Luc musterte die schmale, zerbrechlich wirkende Gestalt neben Penelope. Miss Pink wirkte ziemlich erschöpft, und wahrscheinlich war sie das auch. Es schien ganz so, als ob sie in den wenigen Tagen, die Lucs jüngere Schwestern in der Landeshauptstadt verbracht hatten, von ihnen gleich mehrere Male quer durch die ganze Stadt und wieder zurück geschleift worden wäre.
»Wir wollten schließlich nichts auslassen und so viel sehen wie nur irgend möglich.«
Luc schaute Penelope an. Ganz entspannt sah sie mit ihren braunen Augen zu ihm auf, erwiderte seinen Blick und hatte, wie gewöhnlich, offenbar wieder einmal seine Gedanken erraten. Ihr an Hellsichtigkeit grenzender Scharfsinn war eindeutig eine ihrer weniger einnehmenden Eigenschaften - zumindest aus Lucs Sicht.
»Wir haben den Aufenthalt in Somersham alle sehr genossen«, meldete sich nun auch seine Mutter zu Wort. »Es war eine schöne und ereignisreiche Zeit. Die letzten Tage in London wurden dann natürlich wieder sehr anstrengend, schließlich musste das Haus, ehe wir es den Sommer über verschließen konnten, erst einmal gründlich gereinigt werden.« Minerva saß auf ihrem Lieblingsplatz, dem großen Lehnsessel, und nippte an einer Tasse Tee. Für einen flüchtigen Moment blickte sie zu Emily hinüber, die auf der anderen Seite von Miss Pink saß. Dann sah sie ihren Sohn an.
Dieser deutete den Blick seiner Mutter dahingehend, dass er schon bald mehr über Lord Kirkpatrick erfahren würde.
»Ich freue mich immer noch sehr darüber, dass ihr es alle möglich machen konntet, zu unserer Hochzeit nach Somersham zu kommen.« Auch Amelia saß in einem Sessel und trank eine Tasse Tee.
»Es war perfekt - einfach perfekt .« Portia wirbelte noch immer durch den Salon. »Außerdem war es toll, endlich einmal alle wiederzusehen. Ich meine, wir kennen uns zwar alle schon seit Jahren, aber trotzdem war es herrlich, alle wieder zu treffen und zu erfahren, was sich bei ihnen an Neuigkeiten ereignet hat.«
Luc lehnte mit einer Schulter am Kaminsims, umgeben von einem wahren Damenflor, so wie es auch schon die ganzen letzten acht Jahre gewesen war. Und er hatte sie alle in sein Herz geschlossen, sogar Miss Pink. Wenngleich sie ihn manchmal bis an den Rand des Nervenzusammenbruchs trieben. Und nun hatte er dieser Ansammlung weiblicher Wesen auch noch Amelia hinzugefügt. Ausgerechnet jene Frau, die wahrscheinlich die anstrengendste von allen sein würde.
Portia war diejenige unter ihnen, die Luc am ähnlichsten war und deren Handeln er am
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