Küsse im Morgenlicht
drei große Smaragde in dem für sie typischen Achtkant-Schliff, die die Perlenketten quasi zusammenhalten. Dazu gehören natürlich noch passende Armbänder und Ohrgehänge.« Wieder schaute er Helena mit finsterer Miene an. Dann verzog er das Gesicht zu einer gequälten Grimasse und fügte hinzu: »Und sosehr es mich ja wurmt, das zugeben zu müssen, aber dieses Collier ist in jedem Fall der perfekte Köder für den Dieb. Denn egal, aus welchen Schurken diese Bande auch bestehen mag - bislang haben sie noch stets einen sehr guten Riecher für die wirklich wertvollen Stücke bewiesen. Und gerade das Collier und der dazugehörige Schmuck können so leicht in ihre einzelnen Juwelen zerlegt und wieder neu zusammengesetzt werden, dass es im Grunde das reinste Kinderspiel ist, daraus ein paar neue, nicht mehr wiederzuerkennende Stücke zu zaubern und diese dann zu verkaufen. Denn selbst die Smaragde könnte man, obwohl sie natürlich schon etwas ganz Besonderes sind, leicht neu fassen und ihnen somit ein ganz anderes Aussehen verleihen.«
Lucs Miene verfinsterte sich zusehends. »Tja, und so, wie du mir das nun gerade beschreibst, würde ich bei einem solchen Schmuckset wohl auch in der Tat darauf bestehen, es die Nacht über in meinen Safe einzuschließen...«
Mit einer abfälligen Handbewegung wischte Helena seinen Einspruch beiseite. »Keine Angst. Bis zu dem Zeitpunkt, wenn ich deinen überaus besorgten Vorschlag endgültig abgeschmettert habe, wird jeder wissen, dass die Kette die Nacht über in meinem Zimmer bleibt.«
»Und trotzdem gefällt mir die Idee ganz und gar nicht.« Dieser Einwurf kam von Simon. Lässig stand er neben dem Kamin, eine seiner breiten Schultern gegen die schmückende Umrandung der Feuerstelle gelehnt. Mit gerunzelter Stirn schaute er Helena an. »Das ist einfach zu riskant. Was, wenn die Schurken dir etwas antun?«
Helena setzte ein mildes Lächeln auf, das allerdings in keiner Weise ihren eisernen Willen verbarg. »Mir droht keinerlei Gefahr. Das Collier wird für alle offensichtlich auf dem Tischchen mitten im Raum liegen. Genau dort, wo eine Dame, wie ich es bin, und für die ihr Reichtum bereits selbstverständlich ist, solch ein Schmuckstück gewöhnlich liegen lassen würde. Kein Dieb wäre so dumm, seine Zeit damit zu verschwenden, erst einmal eine kleine, schwache Frau wie mich in ihrem Bett zu erschlagen. Ich stelle doch wirklich für niemanden eine Bedrohung dar.«
»Nur damit wir uns in dieser Angelegenheit auch wirklich richtig verstehen«, wandte Arthur auf ihre Erklärung hin noch einmal ein, »du versprichst mir damit doch wohl hoffentlich, und sei es auch nur, um unsere ganz und gar unrationale, männliche Sorge um dich zu beschwichtigen, dass du nicht versuchen wirst, diesen Dieb auf eigene Faust zu stellen, nicht wahr?«
Helena schaute ihn eindringlich an. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus. »Also schön, mon ami , ich verspreche es dir. Ich werde nichts tun, außer zuzuschauen. Aber damit liegt es nun allein bei euch«, sie machte eine weit ausholende Handbewegung in Richtung der Männer, »den Kerl zu fassen, ehe er mit meinem Schmuck verschwindet.« »Zumal wir, wenn wir ihn nicht zu fassen kriegen«, knurrte Lucifer, »auch nicht herausbekommen, wer der Schurke überhaupt ist.«
Die Uhren des Hauses schlugen Mitternacht. Helena stand auf, und auch die anderen Damen folgten ihrem Beispiel in dem guten Gewissen, dass sie ihren Teil zur Planung des Vorhabens bereits beigetragen hatten. Dann aber, als die Herzoginwitwe an Lucifers Stuhl vorbeiging, ließ sie den Blick noch einmal über die Runde schweifen und tätschelte ihm liebevoll den schwarzen Schopf. »Nun ruht meine ganze Hoffnung auf euch, mes enfants .«
Lucifer, der genau wie jeder andere Mann in diesem Raum Helena im Stehen um einiges überragte, starrte entschieden missmutig in die Luft.
Bis zum Mittag des folgenden Tages hatten sich sämtliche der verheirateten Männer in die Tatsache gefügt, dass es nicht mehr in ihrer Macht stand, ihre Frauen noch von Helenas Vorhaben abzubringen.
»Wir werden vor sämtliche Zugänge zu diesem Haus einen Wachposten stellen müssen.« Luc blickte auf den Grundriss, den er vor sich auf seinem Schreibtisch ausgerollt hatte. Je rechts und links von ihm, die Köpfe ebenfalls tief über den Plan des Hauses geneigt, standen Martin und Lucifer.
Auf der anderen Seite des Tisches wanderte Simon unruhig auf und ab. Sein Blick schweifte kontinuierlich zwischen den
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