Küsse im Morgenlicht
und blickte ihm offen ins Gesicht. »Ich habe es Euch doch schon einmal gesagt. Ich kann nicht noch mehr stehlen. Ich kann es einfach nicht!« Ihre Stimme nahm einen regelrecht hysterischen Ton an.
»Still, du hirnlose kleine Närrin!« Mit gnadenlosem Griff packte Kirby ihren Ellenbogen, dirigierte sie den Hauptweg hinab und fort vom Eingang des Rosengartens.
Erst ganz am anderen Ende hielt er inne. Die Pflanzen standen in voller Blüte, sodass sie beide umschlossen waren von riesigen Rosenbüschen, deren schlanke Stämme sich unter dem Gewicht der Dolden geradezu zu biegen schienen - die Büsche trugen Blüten, so groß wie die Faust eines Mannes.
Kirby und sein Opfer waren allein. Niemand konnte sie sehen, niemand würde hier durch Zufall auf sie stoßen.
Die junge Frau schluckte abermals trocken. Ihr war schwindelig, sie fühlte sich elend, glaubte fast schon, jeden Moment ohnmächtig zu werden. Die Panik schnürte ihr die Kehle zu, die Angst jagte ihr eisige Schauder über den Rücken.
Dann ließ Kirby sie endlich wieder los und starrte sie aus zusammengekniffenen Augen an.
Sie rang die Hände. »Ich habe es Euch doch gesagt.« Ein verzweifelter Schluchzer ließ ihre Stimme stocken. »Ich kann nicht noch mehr Sachen einstecken! Ihr hattet gesagt, dass Ihr nur noch eine einzige Sache wolltet. Und ich habe Euch den Fingerhut gegeben. Es gibt nichts mehr, das ich noch -«
»Hört auf zu jammern!«, fiel Kirby ihr brüsk ins Wort, und sein Ton traf sie wie ein Peitschenhieb. »Es gibt eindeutig noch eine ganze Menge Dinge, die Ihr mir beschaffen könntet. Aber wenn Ihr mich unbedingt loswerden wollt, dann mache ich Euch jetzt einen Vorschlag.«
Die junge Frau zitterte, atmete hastig einmal ein und wappnete sich dann innerlich für ihre bange Frage: »Was für einen Vorschlag?«
»Das Halsband. Das Halsband der Herzoginwitwe.« Ihre Schultern sackten merklich herab, und in ihren Augen erschien ein Ausdruck hoffnungsloser Ungläubigkeit. »Ich bräuchte zwar noch wesentlich mehr, aber wenn es unbedingt sein muss, will ich mich damit zufriedengeben«, erklärte er ihr und sah sie dabei abermals eindringlich an. Ihr verzweifeltes Kopfschütteln und die Tränen, die in ihren Augen aufstiegen, ignorierte er einfach. »Wenn ich wollte, könnte ich Euch noch jahrelang schröpfen, das wisst Ihr doch selbst. Aber ich bin bereit, unsere Zusammenarbeit für beendet zu erklären... wenn Ihr mir den Schmuck beschafft. Ihr habt die alte Dame doch gehört. Das gute Stück liegt heute Nacht vollkommen unbewacht in ihrem Schlafzimmer und wartet praktisch nur darauf, endlich von jemandem eingesackt zu werden.«
»Das werde ich nicht tun.« Trotzig straffte die junge Dame die Schultern und bemühte sich, das Kinn so hoch wie möglich zu recken. »Ihr habt mich schon einmal belogen. Deshalb werdet Ihr Euer Versprechen auch jetzt nicht einhalten. Ihr habt mich doch die ganze Zeit über immer nur hingehalten. Zuerst habt Ihr mir erzählt, es wäre alles nur für Edward. Dann habt Ihr behauptet, Ihr würdet mich sofort in Ruhe lassen, wenn ich Euch bloß noch ein einziges weiteres Stück besorgen würde … und jetzt seid Ihr immer noch hier und verlangt sogar von mir, dass ich das Collier stehlen soll! Das tue ich aber nicht. Ich glaube Euch nämlich nicht mehr!«
Die letzten Worte stieß sie voller Trotz hervor. Kirby aber lächelte nur. »Aha, der kleine Wurm beginnt endlich, sich zu wehren. Nun, ich will auch gar nicht behaupten, dass Ihr nicht Recht hättet mit dem, was Ihr mir vorwerft. Ich meine, wenn man mal die Situation im Ganzen betrachtet. Es ist klar, dass Ihr mir nicht mehr vertraut. Aber wie dem auch sei... Ihr überseht dabei eine wichtige Sache.«
Sie presste die Lippen zusammen, wollte nicht fragen, was sie denn da angeblich übersehen hätte. Dann aber platzte es doch aus ihr heraus: »Was?«
»Tja, ich will es mal so formulieren … Wenn Ihr Euch nun ein letztes Mal von mir erpressen lasst, das Collier stehlt und mir das gute Stück zuspielt... nun, dann muss ich ja verschwinden. Denn falls irgendetwas schiefgehen sollte und Ihr irgendwann doch noch mit dem Finger auf mich zeigt, dann wäre ich ja derjenige, der den Ärger am Hals hätte, nicht Ihr. Euch würde doch keiner die Schuld geben, sondern alle würden denken, dass allein ich der üble Schurke wäre, der hinter den Diebstählen steckt. Ihr wärt doch für alle bloß die dumme Gans, die Ihr im Übrigen ja auch wirklich seid.« Er wartete, bis seine
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