Küsse im Morgenlicht
herzliches Lächeln. »Nun muss ich aber wirklich los.«
Luc wartete und unterdrückte seine Ungeduld, während Amelia sich von seiner Mutter und den Schwestern verabschiedete. Erst als die Reihe an ihm war, deutete er mit eleganter Geste auf die Tür. »Ich bring dich noch nach draußen.«
Mit einem knappen Nicken in Richtung von Minerva und den Mädchen folgte er Amelia mit langen Schritten, griff um ihre schlanke Gestalt herum, öffnete ihr die Tür und folgte ihr schließlich in die Halle hinaus. Mit einem raschen Blick stellte er fest, dass keiner der Lakaien in der Nähe war; Luc schloss die Tür und blickte Amelia fest in die Augen. »Du warst doch damit einverstanden, dass ganz allein ich darüber bestimme, welche Schritte wir als Nächstes unternehmen.«
Amelia sah ihn erstaunt an. »Ja, aber gehörte das denn nicht zu deinem Plan, ich meine, dass ich irgendwann auch einmal etwas mit deiner Mutter und deinen Schwestern unternehmen sollte?« Damit wandte sie sich zur Eingangstür um und streifte sich ihre Lederhandschuhe über. »Das schien mir doch genau die passende Gelegenheit.«
»In gewisser Weise schon.« Mit geschmeidigen Bewegungen ging er neben ihr her, als Amelia auf die Haustür zustrebte. »Aber du solltest dich meiner Familie doch erst irgendwann mal anschließen und nicht gleich sofort.«
Amelia blieb stehen und schaute Luc an. »Ja, aber wann genau sollte das denn sein?«
Er runzelte die Stirn. »Ich denke, nach der Ballonfahrt wäre der passende Augenblick gewesen.«
Amelia hob die Brauen, zuckte dann aber bloß mit den Schultern. »Und da sind uns die Gesellschaft von Lady Carstairs und der Vorschlag deiner Mutter eben zuvorgekommen. Aber wie dem auch sei«, sie senkte den Blick und kämpfte mit einem der winzigen Knöpfe, mit dem ihre Handschuhe verschlossen wurden, »die Sache ist nun einmal abgemacht.«
Dem konnte Luc wirklich nichts mehr entgegensetzen, und er sagte sich im Stillen, dass der Zeitpunkt für diese gemeinsame Unternehmung von Amelia und seiner Familie ja im Grunde auch ganz egal sei. Einen kurzen Augenblick später standen sie beide vor der Eingangstür; Luc öffnete sie ihr. Amelia versuchte noch immer vergeblich, ihre Handschuhe zuzuknöpfen.
»Komm - lass mich das mal machen.« Er nahm ihr Handgelenk und ahnte mehr, als dass er es hörte, wie Amelia hastig einatmete. Und er fühlte den leichten sinnlichen Schauer, der sie überlief, als er mit den Fingerspitzen das Knopfloch in der Saumkante ihres widerspenstigen Handschuhs ertastete - und ihre nackte Haut berührte.
Luc erwiderte ihren Blick, schloss die Finger um ihre Hand, hob sie langsam an und betrachtete den störrischen kleinen Knopf.
Amelia blieb die ganze Zeit über absolut regungslos stehen - fast hatte Luc den Eindruck, dass sie noch nicht einmal mehr atmete -, während er an dem winzigen Knopfloch herumhantierte. Endlich ließ die Handschuhmanschette sich schließen. Er hob den Blick, schaute Amelia abermals tief in die Augen, strich ganz bewusst noch ein paar Mal über das feine Leder, rückte den Knopf zurecht und rieb dabei zart mit dem Daumen über die empfindliche Haut auf der Innenseite ihres Handgelenks.
Ihre Augen funkelten ihn geradezu an. Sie drehte die Hand - und Luc ließ sie wieder los. Verlegen senkte Amelia den Blick und raffte ihre Röcke.
Luc schob die Hände in die Taschen seines Gehrocks und lehnte sich gegen den Türrahmen. »Dann sehe ich dich also heute Abend. Kurz vor acht.«
»So ist es.« Amelia neigte den Kopf und wich damit seinem Blick geschickt aus. »Bis dann.«
Das Kinn selbstbewusst in die Luft gereckt, trat sie nach draußen und eilte die Stufen hinab. Auf dem Trottoir angelangt, machte sie sich sofort auf den Nachhauseweg; ein kurzes Winken genügte, und ihr Lakai eilte die flachen Stufen von der Straße auf den Gehweg hinauf, nickte Luc kurz zu und marschierte dann eilig hinter Amelia drein.
Luc runzelte leicht die Stirn... vertrieb seine grüblerischen Gedanken dann aber energisch wieder. Stattdessen straffte er die Schultern, schloss die Eingangstür, und erst, als er sich im Inneren des Hauses befand, erlaubte er sich ein kleines, verschmitztes Lächeln. Es schien offenbar an Amelias Selbstbewusstsein zu kratzen, dass bisher immer nur er derjenige gewesen war, der das Tempo in ihrer noch jungen Beziehung vorgegeben hatte - darum war sie wohl auch so eilig auf die Einladung von Minerva eingegangen. Aber zumindest die Kontrolle über die emotionale Ebene
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