Kuesse sich, wer kann
Irgendwo in meinem Hinterstübchen hatte mich der Gedanke gequält, Vinnie oder das Kautionsbüro könnten vielleicht doch in die Verbrechen verwickelt sein, aber niemals hätte ich gedacht, dass ich das Verbindungsglied war. Gruselig, den Zettel an die tote Frau zu heften wie einen Geschenkanhänger an ein Paket und sie an mich zu schicken, es machte mir panische Angst.
»Du siehst ziemlich angeknabbert aus«, sagte Lula. »Alles in Ordnung?«
»Ich habe Probleme.«
»Ach ja? Zum Beispiel?«
Es war eine ganze Liste von Problemen, und ganz oben stand das größte, über das ich nicht sprechen durfte. »Ich habe den Vordo abgekriegt, damit geht’s schon mal los.«
»Na und? Kannst dir jetzt ein schönes Leben machen, ist doch gut.«
»Es ist zu viel des Guten. Das ist anstrengender als zu wenig. Außerdem glaube ich, dass ich eine Blasenentzündung habe.«
»Blasenentzündung ist scheiße, das stimmt. Dann halt dich lieber ein bisschen zurück.«
»Das kann ich nicht. Ich bin sexsüchtig. Ich brauche nur in die Nähe von Ranger oder Morelli zu kommen, und schon kann ich mich nicht mehr halten. Ich könnte immer, immer und immer und immer …«
»Ich bin pensionierte Profinutte, aber immer und immer und immer … Das wäre sogar mir zu viel. Ich gebe dir einen Tipp: Omaschlüpfer. Du steigst in ein Paar hässliche alte Omaschlüpfer, und du brauchst dich nie wieder auszuziehen. Selbst wenn du im Überschwang des Augenblicks mal nicht dran denkst, wirken Omaschlüpfer bei Männern wie eine kalte Dusche. Die Luft ist raus. Dann drucksen sie rum, Oh, äh, ich mach’s doch nicht mit einer Frau in Omaschlüpfern .«
Klingt vielleicht irre, aber der Vorschlag war nicht weniger sinnlos als alles andere in meinem Leben. Wenigstens lenkte es mich von Juki Beck ab. »Okay, ich bin dabei. Wo kriegt man Omaschlüpfer?«
Eine halbe Stunde später irrten wir durch die Dessous-Abteilung von JCPenney.
»Das ideale Universalkaufhaus«, sagte Lula. »Hier gibt es alles, Unterhosen für jeden Zweck. Von Tangas bis zu Omaschlüpfern.« Sie nahm ein rosa Baumwollhöschen vom Ständer und hielt es zur Ansicht hoch. »So was meine ich. Wer will schon in so was gesehen werden? Die darfst du nur im Dunkeln anziehen, sonst schämst du dich noch vor dir selbst.«
»Die sind aber groß.«
»Diese Schamgardinen gehen bis unter die Achselhöhlen. Probier mal, und dann machen wir eine Testfahrt. Mal sehen, ob du darin immer noch jeden Mann bespringen willst.«
Ich ging mit dem Schlüpfer zur Umkleidekabine, zog ihn an und betrachtete mich im Spiegel. Kein hübscher Anblick. Das war Empfängnisverhütung pur.
»Und?«, fragte Lula, als ich aus der Kabine trat.
»Perfekt.«
»Es gibt sie auch in Rot und Weiß. Wenn du die weißen anziehst, kannst du dich gleich von der Brücke stürzen.«
Ich kaufte beide, aber für draußen zog ich die rosa an. Lieber auf Nummer sicher gehen, sonst würde ich es noch bereuen. Obwohl, wenn ich an letzte Nacht dachte, gab es nichts zu bereuen. Und in der Nacht davor mit Morelli hatte ich auch nicht gerade Trübsal geblasen.
»Wo du jetzt nacheinander mit Morelli und Ranger in der Kiste warst – wer gewinnt denn nun das Sackhüpfen?«, wollte Lula wissen.
»Essen und Wäsche sind bei Rangeman besser, dafür hat Morelli einen Hund.«
»Das sind wichtige Aspekte, aber ich meinte eigentlich, wie sie im Bett sind.«
Ich ließ mir Zeit zum Überlegen. »Sie sind verschieden, aber sie sind sich auch ähnlich.«
»Das sagt mir überhaupt nichts«, erwiderte Lula. »Da musst noch genauer nachforschen.«
Oh Mann!
»Und Freund Nummer drei?«, fragte sie.
»Dave Brewer? Dazu kenne ich ihn zu wenig.«
»Er sieht aber gut aus, oder? Er ist groß und stark und männlich.«
»Mag sein.«
»Außerdem kann er kochen. Entspräche Rangers Bettwäsche und Morellis Hund. Und deiner Mutter gefällt er auch.«
»Die Zustimmung meiner Mutter zählt nicht viel. Einmal wollte sie mich mit Ronald Buzick verkuppeln.«
»Dem Metzger? Diesem dicken Glatzkopf?« Lula war hinter mir, als wir die Shopping Mall verließen. »Nicht gerade attraktiv, der Mann. Deine Mutter muss an die Würste gedacht haben, die sie dann umsonst zugesteckt bekommen hätte. Ich habe mal Krakauer bei ihm gekauft, die waren allerdings hervorragend.«
Ich schloss meinen Escort auf und dachte an Ronald Buzick. Er war ungefähr so groß wie der Killer, nur dicker. Der Overall auf dem Videoband sah aus, als wäre der Täter gefüttert gewesen,
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