Kuessen al dente - Roman
an.
»Kumamoto«, sagte sie.
Nach ihrem ersten Date auf dem Boot hatten Georgia und Glenn sich im Scales & Shells, ihrem Lieblingsrestaurant in Newport, ein Dutzend Kumamoto-Austern geteilt und mit ein paar Flaschen Stella Artois hinuntergespült. Anschließend waren sie zu ihm gegangen, hatten Glenns Zimmergenossen aus dem winzigen Bungalow rausgeworfen und sich auf der verglasten Veranda geliebt, während draußen die Sonne im Meer versank. Glenn machte ein paar Scherze über Austern und ihre aphrodisierende Wirkung, die damals rasend komisch waren und die sie während dieses Sommers noch öfter wiederholten. Jetzt konnte sie sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern.
»Weißt du, wenn du verzweifelt bist, könnte ich dich mit einem Freund von mir zusammenbringen«, schlug Bernard vor.
»Glenn ist erst eine Woche weg, Bernard. Noch habe ich keinen Notstand, aber danke trotzdem für das Angebot.«
»Nein, ich rede doch nicht davon, Georgia. Ich meinte, wenn du dringend einen Job brauchst. Meinem Freund gehört
das Lagoon an der Upper West. Es ist zwar nicht das Per Se, aber trotzdem nicht das schlechteste Lokal. Er sucht einen Chef de Partie.«
»Also wirklich, Bernard. Glaubst du allen Ernstes, ich habe es nötig, einen Job als Chef de Partie in einem drittklassigen Restaurant an der Upper West anzunehmen? Ist es das, was ich zu erwarten habe?« Obwohl sie in dieser Position direkt unter dem Souschef arbeitete, war diese Stelle doch meilenweit entfernt von ihrer früheren Position als Küchenchefin eines Toprestaurants. Weniger als den Posten eines Souschefs würde sie nicht annehmen, hatte sie beschlossen, und das auch nur in einem sehr guten, angesehenen Lokal, obwohl auch diese Vorstellung ihr nicht wirklich behagte. Vielleicht in einem kleinen, intimen Lokal mit innovativer Küche, wo der Küchenchef gleichzeitig der Besitzer war. Aber niemals würde sie in einem dieser Yuppieläden mit einer miesen Zagat-Bewertung arbeiten.
»Du musst den Tatsachen ins Auge sehen, Georgia. Es wird nicht leicht sein, nach dieser verheerenden Kritik eine Stelle zu finden. Da wirst du deine Ansprüche wohl etwas runterschrauben müssen.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber darüber nachzudenken, ist im Moment viel zu deprimierend. Können wir später darüber reden – vielleicht nächstes Jahr?« Leicht betrunken und plötzlich todmüde, fühlte sich Georgia wie der platte Reifen von Glenns Mountainbike, mit dem er nie fuhr, das aber unbedingt im Wohnzimmer hatte stehen müssen, für den Fall, dass ihn plötzlich der Drang zum Radfahren überkäme.
Der Kellner kam mit einem Tablett an ihren Tisch, darauf zwei orange-rosa Drinks. »Georgia Peaches«, verkündete er. »Pfirsichschnaps, Brandy, Preiselbeersaft – die erste Anfrage, die unser Barkeeper jemals für diesen Cocktail bekommen
hat. Von dem Gentleman dort drüben. ›Einen Georgia Peach für meinen Georgia-Pfirsich‹, sagte er.« Er deutete auf Pierre. »Oder so ähnlich.«
Georgia hielt ihr Glas in die Höhe und schenkte ihrem ehemaligen Boss ein knappes Lächeln, das dieser strahlend erwiderte.
»Ist das Pierre du Mont?«, fragte Bernard.
Georgia nickte.
»Das habe ich mir gedacht«, sagte der Kellner. »Und der Barkeeper hat gefragt, ob Sie die Georgia sind, die in dieser Kritik von Mercedes Sante so niedergemacht worden ist.« Er zeigte auf die beiden Cocktails, die er auf den Tisch gestellt hatte. »Deshalb die Georgia-Peach-Drinks.«
»Ja, das bin ich, und ja, die Georgia-Peach-Anspielung habe ich verstanden. Danke.«
Pierre, der ihre Geste offenbar als Aufforderung zu einem Plausch auffasste, schob seinen Stuhl zurück und steuerte auf Georgia zu, seine blondierte Freundin im Schlepptau.
»Georgia«, dröhnte er. Seine Stimme war beinahe so gewaltig wie sein Körperbau.
»Ach, hallo, Pierre. Danke für den Drink.« Sie stand auf und tauschte ein paar Luftküsschen mit ihm.
»Schrecklich, diese Kritik, Georgia. Einfach schrecklich. Diese Mercedes Sante ist eine echte Henkerin.« Er kicherte und schüttelte den Kopf.
»Ach, darüber werde ich hinwegkommen, da bin ich mir ganz sicher.«
»Ja, auch das geht vorbei«, steuerte seine Freundin näselnd bei. »Ich wundere mich nur, dass Sie sich heute in der Öffentlichkeit zeigen. Ich meine, nach dem, was sie über Sie geschrieben hat. Ich glaube, nach so was würde ich mich ein ganzes Jahr lang nicht mehr aus dem Haus trauen. Sie haben
wirklich Mut, Schätzchen.« Sie verschränkte die Arme unter
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