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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nelson
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gesehen oder gehört hatte, hatte sie angenommen, dass sich das Thema erledigt hatte.
    Claudia seufzte. »Ich bin zweiundvierzig. Ich besitze drei erfolgreiche Lokale und eröffne demnächst mein viertes. Ich habe zwei Kochbücher geschrieben und habe meine eigene Kochsendung. Und Sergio … er will heiraten.«
    »Was, Sergio will heiraten und du nicht?«
    »Ich habe zu ihm gesagt, dass es gut ist, so wie es ist. Wir müssen nicht heiraten. Aber«, Claudia nippte an ihrem Campari, »er will ein Kind.«
    »Und du?«
    Claudia wandte den Kopf ab und betrachtete die Hügel. »Wir haben lange probiert, aber die Spritzen, die Hormone, das ist mir alles zu viel. Gerade jetzt, vor der Eröffnung. Und später … nun, später steht nicht zur Debatte.«
    Georgia dachte über Claudias Worte nach. Sie hatte Recht. Sicherlich gab es diverse Promis, die mit zweiundvierzig, dreiundvierzig ihre ersten Kinder bekamen, aber für gewöhnliche Frauen war eine so späte Schwangerschaft nicht die Regel. Andererseits war Claudia alles andere als eine Durchschnittsfrau. »Und, was wird jetzt aus dir und Sergio?«
    »Ich weiß es nicht. Er versteht nicht, dass meine Restaurants meine Kinder sind. Ich liebe ihn. Und ich will ihn nicht verlieren, aber …« Sie brach abrupt ab und kreuzte die Arme vor der Brust. Ein paar Sekunden verstrichen, bevor sie weitersprach,
jetzt ganz sachlich. »Ich erzähle dir das nicht, um dich zu belasten, sondern damit du siehst, dass du nicht die Einzige bist mit … Problemen. Du hast deinen Job verloren, deinen Verlobten, aber hier bietet sich dir eine neue Chance. Trauere nicht dem nach, was du hattest oder haben wolltest, sondern erkenne, was du hast.«
    »Das werde ich«, sagte Georgia. »Ich meine, das tue ich ja schon.«
    »Ich konnte dich nicht zum Chef machen. Ich hatte es mir überlegt, aber es ging einfach nicht. Weißt du, was die Leute sagen würden, wenn ich eine Amerikanerin die Trattoria Dia hätte führen lassen? Pazza , hätten sie gesagt. Sie ist verrückt.« Die tippte sich an die Stirn. »Bruno ist ein guter Chef. Nicht so kreativ wie du, aber ein Profi. Du kannst von ihm lernen. Und er wird dich nicht zurückhalten.«
    Georgia blickte hinaus auf den Horizont. Die violette und blaue Färbung erinnerte sie an ihre blauen Flecken.
    »Okay?« Claudia stand auf. »Verstehen wir uns?«
    »Ja.« Was sie verstanden hatte, war, dass Menschen, die scheinbar alles besaßen, was sie sich wünschten, dennoch auch ihre Schwierigkeiten hatten. Beziehungen, Kinder, Arbeit – Claudia schlug sich mit denselben Problemen herum wie sie selbst. Doch anstatt sich darauf zu konzentrieren, was sie nicht hatte, konzentrierte sie sich auf das, was sie hatte. Und wenn das bei Claudia funktionierte, würde es vielleicht auch bei ihr klappen. Hoffte sie wenigstens.
    Claudia tätschelte sie am Kopf wie einen kleinen Hund. »Denk nicht zu viel. Zu viele Gedanken machen alles kaputt – das Essen und die Liebe.« Sie ging über die Terrasse, zog die Verandatür auf und blieb mit der Hand an der Klinke stehen. »Georgia«, rief sie zurück, »mir ist da gerade eine Idee gekommen.«

    » Ja?«
    »Die Spezialitäten«, sagte sie. »Wie wäre es, wenn du die täglichen Empfehlungen unter deine Fittiche nimmst?«
    »Die Spezialitäten?« Ein Lächeln breitete sich auf Georgias Gesicht aus. »Wirklich?«
    »Wirklich. Bruno bleibt Küchenchef, aber du bist für die Tagesspezialitäten verantwortlich.« Und damit verschwand sie in der Villa.
    Georgia saß unter dem dunkelblauen Himmel, die Hand um ihren Drink geschlossen, etwas benommen von der plötzlichen Wendung der Dinge. Anstatt sie zu feuern, gab Claudia ihr eine Chance. Nun, vielleicht war es doch nicht so schwer, sich auf das zu konzentrieren, was man hatte.

13
    G eorgia, Vanessa und Effie liefen im Gänsemarsch hintereinander her, die Blicke konzentriert auf den Boden gerichtet, auf der Suche nach wildem Rucola, Lavendel, vielleicht ein paar späten Morcheln. Sie trugen alte Gummistiefel und Hüte mit breiten Krempen, die sie tief in die Stirn gezogen hatten. Nichts von beidem bot irgendeinen Schutz gegen die brütende toskanische Sonne, und sie schwitzten an den Füßen und auch sonst am ganzen Leib. Der Juni war außergewöhnlich warm und nass gewesen und die schwarze Erde unter ihren Füßen daher ungeheuer fruchtbar.
    »Was ist damit?« Effie zupfte eine violette Blüte ab.
    »Echinacea?«, fragte Georgia und warf einen Blick auf seine ausgestreckte Handfläche.

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