Kuessen al dente - Roman
nickte langsam mit dem Kopf. »Okay. Ich nehme deine Entschuldigung an. Und ich schulde dir auch eine. Was ich gesagt habe, dass du nicht fähig bist, Italienisch zu kochen, das stimmt nicht. Du machst das ganz gut … na ja, für eine Amerikanerin zumindest.« Er unterbrach sich kurz. »Das war ein Scherz.«
»Hab ich kapiert.«
»Vergiss nicht, dass dieses Restaurant wichtig für uns beide ist. Wir brauchen alle diesen Erfolg, aber du und ich vielleicht ein bisschen mehr als irgendjemand anderer.«
»Ich weiß«, sagte sie. »Ich hatte das für eine Weile vergessen, aber das wird nicht mehr vorkommen.« Bruno hatte ja Recht. Wenn die Trattoria Dia ein Erfolg wurde, würde das Wellen schlagen, die den Atlantik überquerten, und man würde von Brooklyn bis in die Bronx davon hören. Nichts liebten die New Yorker mehr, als wenn jemand in Ungnade gefallen
und anschließend wieder aufgestiegen war. Die Trattoria Dia würde Georgias guten Ruf wiederherstellen. Könnte ihren Ruf wiederherstellen. Aber nur, wenn sie das zuließ.
»Wir müssen ein paar Dinge ändern«, fuhr Bruno fort. »Wir müssen miteinander auskommen. Wir brauchen ja nicht gleich die dicksten Freunde werden, aber vertragen müssen wir uns.«
»Das kann ich.«
»Gut. Ich auch. Und du darfst nicht vergessen, dass ich hier der Boss bin.«
Sie schluckte. »Okay, Bruno, ich meine … Chef.«
»Und du musst dich beim Salz zurückhalten.«
»Ich werden es versuchen«, sagte sie. »Chef.«
Bruno wandte sich achselzuckend ab.
»Okay, okay, von diesem Augenblick an ändere ich meine Einstellung gegenüber Salz. Sollte ich je wieder mehr als eine Prise für nötig halten, werde ich zuvor dein Einverständnis einholen. Aber keine amerikanischen Kommentare mehr. Wenn dir mein Essen nicht schmeckt, dann sag es mir, aber behaupte nicht, es schmeckt dir nicht, weil ich Amerikanerin bin.« Sie streckte ihm die Hand hin. »Abgemacht?«
Bruno musterte sie noch kurz, ehe er einschlug. »Abgemacht. «
An diesem Abend, mitten in den Vorbereitungen fürs Abendessen, kam Claudia in die Küche und fragte Georgia, ob sie Lust auf einen Aperitif habe.
»Natürlich, Claudia«, sagte Georgia und zog die Schürze aus.
Vanessa lächelte ihre Freundin aufmunternd an. »Keine Sorge«, formte sie mit den Lippen.
Georgia folgte Claudia in die Diele und durch die Verandatüren
hinaus auf die Terrasse, auf das Schlimmste gefasst. Zwei Gläser Campari, eine Schale mit grünen Oliven und eine andere mit Käsewürfeln standen auf einem Tablett in der Mitte des runden Tischs. Die Sonne stand schräg und versank langsam hinter den grünen Hügeln. Eine angenehm kühle Brise erfrischte die Luft.
»Bitte, setz dich«, forderte Claudia sie auf. Sie stellte zwei Stühle in Richtung Sonnenuntergang und nahm in einem Platz. Georgia setzte sich neben sie.
»Sieh dir den Himmel an«, sagte Claudia. »Er wird mit jedem Mal schöner.«
»Ja, das ist verrückt«, stimmte Georgia ihr zu. Sie wollte nach ihrem Drink greifen, überlegte es sich anders und faltete die Hände im Schoß.
Claudia drehte sich zu ihr um. »Es tut mir leid, dass du so unzufrieden bist. Besonders weil ich nicht verstehe weshalb.«
Georgia öffnete den Mund zu einer Erklärung, doch Claudia hielt sie mit einer Handbewegung zurück.
»Jeder von uns hat so seine dunklen Punkte im Leben. Probleme, Enttäuschungen, unerfüllte Wünsche — wie immer du das nennen magst, aber die haben wir alle.« Sie nahm sich einen Käsewürfel. »Nimm mich, zum Beispiel. In ein paar Wochen will ich mein Restaurant eröffnen. Die Küche ist nicht fertig, die Stühle sind so unbequem, dass es darauf niemand bis zum Dessert aushält, der Fußboden hat die falsche Farbe. Ich habe noch keine Spezialität des Hauses auf meiner Speisekarte und meine Belegschaft …«, sie machte eine kleine Pause, »nun, sagen wir, meine Belegschaft braucht noch den letzten Schliff.«
Die Worte »Belegschaft« und »Schliff« jagten einen Schauer durch Georgias lädierte Schulter. Wie sollte sie sich jemals von einem zweiten Rausschmiss innerhalb von weniger als
drei Monaten erholen? Dieser Brentwood-Job klang plötzlich immer verlockender.
»Und als wäre das nicht genug«, fuhr Claudia fort und steckte sich eine Olive in den Mund, »hat mein Freund seit drei Wochen keinen Fuß in mein Haus gesetzt.«
»Dein Freund?«, wiederholte Georgia. Vanessa hatte ihr von einem Freund erzählt, doch nachdem sie seit ihrer Ankunft in der Villa nichts von ihm
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