Kuessen gut, alles gut
von einer Seite zur anderen, um die Verspannungen in seinem Nacken loszuwerden. Wie hatte das passieren können? Wie hatte alles so schnell den Bach runtergehen können? Dabei hatte er nur eingewilligt, Vince einen Gefallen zu tun. Er mochte Vince, der ein Freund von Blake war. Beau hatte Stella nur die Nachricht überbringen sollen, dass ihre Schwester Kontakt zu ihr aufnehmen wollte. Easy. Keine große Sache, da er geschäftlich in Miami und Tampa zu tun gehabt hatte. Vor ein paar Tagen hatte er abends bei der Hochzeitsfeier eines Rockstars in Key Biscayne für die Sicherheit gesorgt. Abgesehen von den Helikoptern, die am Himmel schwirrten, Betrunkenen und Partygästen, die im Gebüsch Sex hatten, war die Feier zum Glück ohne Zwischenfälle verlaufen. Es kam zu keinerlei Sicherheitsverstößen oder Schlägereien.
Leider konnte er das von dem Gefallen, den er Vince hatte erweisen wollen, nicht behaupten. Schon wenige Minuten nach seiner Ankunft in Ricky’s Rock ’n’ Roll Saloon hatte er gewusst, dass er in eine unkontrollierbare Situation hineingeraten war. Die erste Warnung war die Dragqueen in engen Lederklamotten gewesen, die auf der Bühne mit der Peitsche knallte. Er hätte sofort kehrtmachen und wieder gehen sollen, aber er war kein Typ, der leicht aufgab. Einfach ausstieg. Nicht mal, als die Schwuchtel mit den grünen Lippen ihn G. I. Joe genannt und seine »Waffe« hatte sehen wollen. Doch von einer Tunte angemacht zu werden hatte ihn nicht so sehr gestört wie die Kerle um ihn herum, die einander befummelten. Er hatte hastig den Rückzug angetreten, in einem kubanischen Café eine Kleinigkeit gegessen und danach auf dem Parkplatz hinter der Bar gewartet. Auf dem Parkplatz abzuhängen, Anrufe zu tätigen und Geschäftliches zu regeln war ihm lieber gewesen, als mit Tunten und geilen Schwuchteln rumzuhängen.
Er hatte durchaus Verständnis dafür, wenn jemand schwul auf die Welt gekommen war. Er stand zwar nicht auf Männer, aber er verstand die biologischen Hintergründe. Was er nicht verstand, war, warum man sich als Kerl ein Kleid anzog und sein Gehänge in seiner Arschritze festklebte. Genauso wenig wie er verstand, warum man in der Öffentlichkeit zur Sache kommen musste. Ob zwischen Schwulen oder Heteros, von öffentlichen Liebesbekundungen hatte er noch nie etwas gehalten. Er war nicht prüde, ganz und gar nicht, doch er konnte nicht nachvollziehen, wieso man sich vor aller Welt aufgeilen musste.
Beau regulierte die Lüftung unter der Lenksäule und warf seiner Beifahrerin einen verstohlenen Blick zu, bevor er wieder auf die Straße sah. Ihr Gesicht war von ihm abgewandt, ihr Kopf an den Sitz gelehnt. Zum Glück war sie ausnahmsweise mal ruhig. Sie schlief gerade, aber sie fragte sich bestimmt, was zum Teufel sie nun mit sich anfangen sollte. Jetzt, wo sie gefeuert war, ein paar Mafiosi verärgert hatte und nicht mehr nach Hause konnte. Genau dasselbe fragte er sich auch. Was zum Teufel sollte er mit Estella Immaculata Leon-Hollowell anfangen? Dabei war er nicht mal für sie verantwortlich. Er hatte Vince den Gefallen getan und ihr die Nachricht überbracht. Sein Auftrag war erledigt.
Warum also fühlte er sich verantwortlich?
Vielleicht weil er zu ihrer brenzligen Situation beigetragen hatte. Er war in der Sicherheitsbranche und wusste genau, wie man mit unberechenbaren Leuten umging. Wie man mit Betrunkenen fertigwurde und kritische Situationen ohne körperliche Gewalt entschärfte, Ricky de Luca hatte er hingegen aufs Maul hauen wollen. Von dem Moment an, als der Typ sie gepackt und sich geweigert hatte, sie wieder loszulassen, hatte er ihn k. o. schlagen wollen. Verdammt, er fand sein Vorgehen sogar recht vernünftig. Immerhin hatte er dem Arsch drei Sekunden und damit zwei Chancen gegeben, doch Ricky hatte ihn aufgefordert, sich zu verpissen. Zweimal, und das war einmal zu viel gewesen.
Beau überholte einen Schwerlaster, der mit Obst und Gemüse beladen war, und ordnete sich wieder auf der rechten Spur ein. Aber wenn er Ricky keine verpasst hätte, hätte der Arsch Stella nicht die Gallo-Brüder auf den Hals gehetzt, und Beau müsste sich jetzt nicht für sie verantwortlich fühlen.
Er hätte sie am Flughafen lassen können. Sie hatte ihn sogar fortgeschickt und ihm versichert, dass sie allein zurechtkäme.
Warum also war er nicht abgehauen?
Vielleicht weil sie bei Tage so jung ausgesehen hatte, als sie mit ihrem Rucksack und der Sporttasche auf der Bank saß. So viel jünger und
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