Küssen ist die beste Medizin (German Edition)
mehr zurückkommen. Das weiß ich. Im selben Haus zu bleiben fällt Reese schwer und mir auch. Zu viele Geister. Ich will neu anfangen. Das wird uns beiden guttun. Und wo ginge das besser als hier? Der Ort ist perfekt. Durch unsere vielen Besuche hat Reese bereits Freunde hier. Unsere Familie lebt hier. Ich will hier leben, Mom.“
„Okay, wenn du dir sicher bist.“
„Das bin ich.“
Sie tranken noch einen Schluck Kaffee. „Das mit Lorraine tut mir leid.“
„Nein, das ist gelogen.“
Sie seufzte. „Es tut mir leid, dass sie dich verletzt hat.“
„Das glaube ich dir.“
Denise hatte es gehasst, zu den Schwiegermüttern zu gehören, die mit der Frau, die ihr Sohn geheiratet hatte, nicht einverstanden waren, aber von der ersten Sekunde an hatte sie eine Abneigung gegen Lorraine empfunden, gegen die sie einfach nicht ankam. Klischee hin oder her, die Frau war einfach nicht gut genug für ihren Sohn. Sie war schön, aber kalt. Denise erinnerte sich noch, wie sie sich damals gewundert hatte, dass eine Frau, die so ehrgeizig und zielstrebig war, ausgerechnet einen Mathematiklehrer heiraten wollte.
Seit dem ersten Tag war die Ehe stürmisch verlaufen, und Lorraine hatte Kent schon mehrmals verlassen. Vor achtzehn Monaten hatte sie schließlich verkündet, sie wolle die Scheidung. Wieder einmal war sie gegangen, nur diesmal war sie nicht zurückgekehrt.
Aber bei allem Mitgefühl für Kent, der Mensch, der Denise unendlich leidtat, war Reese. Lorraine sah ihren Sohn kaum und hatte vor ein paar Monaten sogar seinen Geburtstag vergessen.
„Dir macht es auch ganz bestimmt nichts aus, wenn ich hier wohne?“, unterbrach Kent ihre Gedanken.
„Es ist ein großes Haus, und ich werde die Gesellschaft genießen. Ich mache mir mehr Sorgen um dich.“
Er grinste. „Ein Mann in den Dreißigern, der bei seiner Mutter wohnt? Die Frauen werden verrückt nach mir sein.“
„Ich denke, ja. Wenn du bereit dazu bist.“
Sein Lächeln schwand. „Nein, das bin ich nicht. Ich dachte, ich hätte gefunden, was ihr beide hattet, du und Dad. Ich dachte, sie wäre es. Vielleicht war sie es ja auch für mich, aber darauf kommt es nicht wirklich an. Sie ist nicht mehr da.“
Denise wollte ihm sagen, er solle die Hoffnung nicht aufgeben, dass er dazu noch viel zu jung war und das ganze Leben noch vor ihm lag. Aber schon vor langer Zeit hatte sie begriffen, dass sie mit Andeutungen oder einem kleinen heimlichen Anstoß weiter kam, als wenn sie unverhohlen versuchte, das Leben ihrer Kinder zu lenken.
„Das alles hat Zeit.“ Denise sagte sich, dass sie schon eine Möglichkeit finden würde, ihn mit ein paar Frauen in seinem Alter bekannt zu machen, wenn er erst einmal da war und sich eingelebt hatte. Frauen gab es reichlich in der Stadt. „Erst mal hast du dein Einstellungsgespräch.“
„Wo du davon sprichst, ich muss los.“ Er ging quer durch die Küche und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Danke, Mom. Du bist die Beste.“
„Das glaube ich dir erst, wenn du mir eine Gedenktafel setzt.“
Kent verließ das Haus. Denise ging zum Fenster und schaute in den Garten hinaus. Sie dachte daran, wie anders – besser – das Leben gewesen war, als Ralph noch bei ihr war. Und vor ihm hatte es Max gegeben, den sie auch sehr geliebt hatte. Sie sagte sich, dass sie wirklich Glück gehabt hatte. Selbst jetzt, während sie ihre Geheimnisse bewahrte, konnte sie sich nicht mehr wünschen, als was sie bereits erhalten hatte.
Etwa eine halbe Stunde später tappte ein sehr verschlafener Reese in die Küche. Er trug ein T-Shirt über einer weiten Pyjamahose, und sein Haar stand in allen Richtungen vom Kopf.
„Hey, da bist du ja!“ Denise ging zu ihm und schloss ihn liebevoll in die Arme. „Wie fühlst du dich?“
„Besser. Das Gesicht tut mir gar nicht mehr weh, genau wie Dr. Bradley gesagt hat.“
„Das ist ja toll.“
Reese erwiderte die Umarmung und ließ sich dann am Tisch auf einen Stuhl fallen. Denise ging zum Kühlschrank und holte einen Krug Orangensaft heraus.
„Ich kann dir Waffeln zum Frühstück machen“, schlug sie vor, während sie ihm ein Glas Saft einschenkte. „Was hältst du davon?“
Er strahlte. „Das wär cool.“ Sie hielt ihm das Glas hin, das er dankend annahm. „Grandma, weißt du eigentlich, dass es ganz viele Kinder im Krankenhaus gibt?“
„Ja.“ Sie suchte die Zutaten zusammen. „Es gibt dort eine ganze Station für Kinder. Die nennt man Pädiatrie.“
„Klar, irgendwie habe ich das ja
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