Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
»Warum hast du ihn dann in den Hafen geschoben?«
Korschunow
schaute weg und schwieg.
Jetzt polterte
Denisow los, was normalerweise nicht seine Art war. »Meinetwegen kannst du persönlich
machen, was du willst, Oleg. Hier geht es jedoch um mehr, nämlich um die Zukunft
unserer beiden Firmen. Weil du wilde Sau spielst, rasseln die Regierungen von Deutschland
und Russland mit den Säbeln. Dieser Voronin, der Berater des Präsidenten, hat mich
angerufen. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat informell mitteilen lassen,
dass die Genehmigungen für die RusskiGaz noch einmal einer Überprüfung unterzogen
werden würden. Das ist mehr als ungewöhnlich und kein gutes Zeichen.«
»Ich weiß.
Sollen sie prüfen und prüfen, Dimitrij. Sie werden nichts herausbekommen, glaube
mir. Meine Leute haben zu viel Schiss vor mir, um zu plaudern.«
Denisow
verschärfte seinen Ton. »Du willst nicht verstehen, Oleg. Wenn die RusskiGaz keine
Übernahmegenehmigung erteilt bekommt, werden wir für Rendsburg und Neumünster auch
keine erhalten. Das wird uns beide den Kopf kosten, und der russischen Regierung
gibt es Grund genug, unsere Firmen wieder zu verstaatlichen. Das ist ausgesprochen
ärgerlich, denn alles lief bisher wie am Schnürchen.«
Korschunow
hielt dagegen. »Am Schnürchen? Dimitrij, es waren eure dilettantischen Bestechungsversuche
am Möhnesee, die aufgeflogen sind. Deinen Geldkoffer hat die Polizei bei diesem
eitlen Direktor im Kofferraum entdeckt, und nur durch deine Tausender konnte sich
dieser Fettsack aus dem Wirtschaftsministerium ständig seinen fetten Arsch von Vladimirs
Jungs versilbern lassen.«
Denisow nahm den Druck ein wenig
zurück. Er wirkte zerknirscht. »Oleg, du weißt selbst, dass nicht immer alles glatt
läuft in unserem Gewerbe. Aber du warst es, der brutale Härte in diese Angelegenheiten
gebracht hat. Musstest du Menschen umbringen lassen, um deine Ziele zu erreichen?«
Korschunow
winkte gelangweilt ab. »Dimitrij, du warst nie im Krieg. Jeder Feind wird irgendwann
seine Waffe auf dich richten, wenn du ihn nicht vorher umgelegt hast. Mir ist es
egal, ob dieser Schafrott singt oder nicht. Jeder wird denken, dass ein geisteskranker
Radikaler Amok gelaufen ist. Mir werden sie jedenfalls nichts anhängen können. Es
gibt keine Beweise.«
»Falsch,
Oleg. Du hast das Pech, dass Schafrott ausgerechnet in deinem Laden aufgetaucht
und von dem Köter deines Wachmanns fast zerfleischt worden ist. Die Polizei wird
dir nachstellen. Was wirst du machen, wenn einer von deinen Leuten die Nerven verliert
und singt?«
Korschunow
schaute sich misstrauisch um. Er kannte seine Leute schon lange Jahre. Die meisten
waren Landsleute von ihm. Die würden niemals gegen ihn aussagen, denn sie wussten,
dass sie das nicht überleben würden. Der Einzige, dem Korschunow nicht traute, war
dieser Aufpasser mit dem Wachhund. Aber den hatte er bereits gefeuert.
Korschunow
beobachtete Denisow. Er schien sich in seiner Haut unwohl zu fühlen. Sie waren früher
in den wilden Zeiten von der Regierung gezwungen worden, zusammenzuarbeiten. Er
hatte Denisow jedoch noch nie gemocht, er war ihm zu weich.
»Weißt du,
Dimitrij, du kannst hier noch lange den Klugscheißer spielen. Meine Meinung steht
fest. Wenn einer zu viel weiß und gefährlich wird, dann gibt es nur eine Möglichkeit.«
Korschunow zog mit einer kurzen Handbewegung seinen Zeigefinger quer zum Hals.
Denisow
schreckte vor ihm zurück. »Es macht alles keinen Sinn mehr, Oleg. Ich gehe.«
Korschunow
überlegte nur kurz, ob es von Vorteil sein könnte, ihn auf der Stelle kaltzumachen.
Denisow war eine ernste Gefahr für ihn geworden, er hatte sich nicht mehr im Griff.
Er musste
weg. Am besten durch die Polizei, nur nicht durch ihn.
Er würde
Granaten-Meyer um Rat fragen. Oder diesen Schneider.
Dorfbums
Die kleine Sporthalle von Kleinkühren,
in der sein ehemaliger Kollege Dreesen heute Abend im Kreise seiner Lieben seinen
50. Geburtstag begehen wollte, war nicht gerade einfach zu finden, denn die bisherigen
Hinweisschilder hatte die übermütige Dorfjugend in alle möglichen Himmelsrichtungen
verdreht. Er war zwar vor zwei Jahren hier schon einmal gewesen, als Dreesen mit
der silbernen Ehrennadel des Sportvereins geehrt wurde, aber vertraut kam ihm nichts
mehr vor.
So kurvte
Stuhr mit seinem alten Golf ungewollt planlos durch diesen Mikrokosmos des Spießertums,
in dem neben den gängigen Zaunvariationen diverser Baumärkte in den Vorgärten
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