Kullmann
Suchaktion fingiert war. Er sollte sich in Sicherheit wiegen.«
»Sie hatten Esche also von Anfang an als Polizistenmörder im Verdacht?«
»Nicht von Anfang an«, wehrte Kullmann ab.
An Anke gewandt fuhr er fort: »Erst als Sie mir erzählten, dass der Einbrecher in Roberts Haus versucht hatte, Robert aus der Wohnung zu zerren, gingen bei mir die richtigen Lichter an!«
Kullmann ließ seine Zuhörer zappeln.
»Das verstehe ich nicht«, schüttelte Erik den Kopf.
»Ganz einfach, er wollte Robert irgendwo im Freien erschießen. Es sollte wie Notwehr aussehen. Dann wäre Robert als Polizistenmörder beschuldigt worden und hätte keine Chance mehr gehabt, sich dagegen zu wehren. Esche hätte sich als großen Helden aufspielen können, hätte todsicher eine weiße Weste behalten und eine Beförderung bekommen.«
»Ein grausamer Plan! Aber warum hat er die Kollegen erschossen?«
Kullmann erhob sich von seinem Stuhl und meinte: »Das kann ich nur von ihm selbst erfahren. Morgen früh werde ich Esche verhören!«
Zufrieden fügte er an: »Aber Sie beide haben sich einen freien Tag verdient. Sie haben gute Arbeit geleistet!«
Am nächsten Morgen wurde sie von der Sonne geweckt, die ihr gnadenlos ins Gesicht schien. Verwundert schaute Anke auf die Uhr: es war schon fast Mittag. Trotzdem war sie noch müde. Gähnend stand sie auf, begann mit ihrer Morgentoilette und frühstückte an ihrem kleinen Tisch, der in der Sonne stand.
Sie freute sich darauf, Robert zu besuchen und ihm mitteilen zu können, dass der mutmaßliche Polizistenmörder gefasst war und dass er sich keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Der Fall war abgeschlossen. Sie wollte damit beginnen, Robert unbeschwert zu begegnen. Keine Verdächtigungen, keine Zweifel, keine Eifersucht mehr, einfach nur noch glücklich sein mit ihm, lieben und geliebt werden. Wie sehr hatte sie sich danach gesehnt. Endlich stand diesem Glück nichts mehr im Weg.
Sie fühlte sich in dieser sonnigen Ruhe gut aufgehoben, wollte auftanken, ohne auf die Uhr zu schauen. Bestimmt würde das ein guter Tag, hoffte sie in der Vorfreude, Robert wiederzusehen. Wie konnte sie ihm gegenübertreten und sagen, dass der Mörder gefasst war? Die Erinnerung an ihre vorschnelle Angst mischte sich mit der Scham, dass sie an Roberts Unschuld gezweifelt hatte. Hoffentlich würde er ihr das verzeihen. Sie wollte ihre Worte gut wählen, ganz ehrlich sich entschuldigen. Verlangen konnte sie nicht von ihm, dass er ihr verzeihen würde.
Am frühen Nachmittag machte sie sich auf den Weg ins Krankenhaus. Kaum hatte sie Roberts Zimmer betreten, sah sie, dass sein Krankenbett leer und schon wieder frisch bezogen war.
»Wo ist Robert Spengler?«, fragte sie eine Krankenschwester, die ihr im Flur begegnete.
»Er ist heute Morgen entlassen worden!«
Anke stand wie vor dem Nichts. Ihr erster Schritt fand keinen Boden. Damit hatte sie nicht gerechnet. Nun stimmten die Sätze, die sie sich zurechtgelegt hatte, nicht mehr. Sie geriet ins Flattern. Wo würde sie Robert treffen? Und ihre Entschuldigung solle auch zu der Situation passen.
Sie fuhr zu seiner Wohnung am Staden, aber auf ihr Klingeln öffnete niemand.
Bedrückt stieg sie wieder in ihr Auto ein und wartete lange Zeit, bis sie sich endlich entschloss, zum Stall zu fahren. In dieser verzweifelten Situation konnte ihr nur noch einer helfen: Rondo. Sie wollte mit ihm ausreiten, einfach abschalten, um ihre verwirrenden Gedanken von sich fernzuhalten.
Das erste, was sie am Stall sah, war Roberts Auto. Ihr Herz meldete sich, ihre Hände zitterten. Hier war er also.
Sie beeilte sich, in den Stall zu kommen. Dort war alles ruhig. Nepomuks Box war leer.
Sie ging weiter auf Rondos Box zu. Ihre innere Unruhe übertrug sich auf ihn. Er drehte seinen Kopf in die andere Richtung, als wollte er ihr die kalte Schulter zeigen und begann zu äpfeln, ein deutliches Zeichen von Nervosität. Rasch besann Anke sich. Ihre Erwartungen an das Pferd waren zu groß. Rondo konnte ihr nicht ein inneres Gleichgewicht zurückgeben, er konnte nur ihre Stimmung widerspiegeln, was er mit diesem Verhalten deutlich zeigte. Nervös blickte er sie an und wieder weg, er wirkte verunsichert. Ihn so zu sehen, tat Anke Leid. Lange verharrte sie ganz still vor seiner Box, bis das Pferd wieder zur Ruhe kam. Langsam drehte er sich um, streckte seinen Kopf heraus und stupste sie mit seiner weichen Nase an, was ihr große Erleichterung verschaffte. Mit ruhigen Bewegungen streichelte sie
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