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Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Titel: Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wie das zeitweise in der Operngeschichte höchst beliebt war. In der Oper fügen sich verschiedene Künste zusammen und sind auf ein Ziel ausgerichtet: auf möglichst kunstvolle Weise eine Geschichte zu erzählen.
    Ohne Orpheus wär’ das nicht passiert
    Dieses Miteinander der verschiedenen Ausdrucksformen prägte die Kulturgeschichte der Menschen von Beginn an. Die erste Oper im heutigen Sinn wurde aber erst 1607 von dem italienischen Komponisten Claudio Monteverdi (1567–1643) komponiert: »L’Orfeo« – zu Deutsch: »Orpheus«. Es ist kein Zufall, dass hier mit Orpheus ein berühmter Künstler der antiken Sagenwelt im Mittelpunkt steht, von den Göttern mit großen musikalischen Fähigkeiten und einer himmlischen Stimme begnadet.
    Als seine geliebte Frau Eurydike stirbt, steigt Orpheushöchstpersönlich in den Abgrund, um sie vom Totengott Thanatos zurückzuerbitten. Und tatsächlich: Mit seinem Gesang besänftigt er nicht nur die grauenhaften Furien, sondern rührt sogar die Götter. Ihm wird gewährt, was auf der Welt eigentlich unmöglich ist: die Rückkehr der Geliebten von den Toten zu den Lebenden. Nur eine Bedingung muss Orpheus erfüllen: Auf dem Weg zurück an die Oberfläche, also ins Leben, muss er vorausgehen und darf sich kein einziges Mal zu seiner Eurydike umdrehen. Natürlich kommt es, wie es kommen muss: Je weiter und steiler der Weg hinaufführt, desto stärker wächst in Orpheus der Zweifel, ob seine Geliebte ihm wirklich noch folgt oder alles nur ein böses Spiel der Götter ist. Er schaut sich um – und Eurydike muss wieder hinab ins Totenreich, nun mutmaßlich für immer und ewig.
    Für die musischen Künste ist diese Orpheus-Geschichte ein zentrales Sinnbild, denn sie bringt eine wichtige Botschaft auf den Punkt: Letztlich vermag es nur die Kunst, das Menschenunmögliche möglich zu machen. Aber ihr Regiment ist von begrenzter Dauer, sie funktioniert nur für den schönen, schier irrealen Augenblick. Ist die Musik verklungen, hat uns die Welt mit ihren Regeln und Zweifeln zurück.
    Und noch etwas Entscheidendes wird gleich mit diesem ersten Musiktheater der Kunst- und Musikgeschichte deutlich: Die Oper lebt von den großen Gefühlen. Ihre Themen sind Liebe, Hass, Schmerz, Tod, Trauer, Angst, Qual, Verzückung – die menschlichen Emotionen in ihrer reinsten und stärksten Form, zugespitzt auf den alles entscheidenden, dramatischen Moment. Deswegen handeln so viele Opern von Mythen und Sagen oder spielen zum Zeitpunkt großer historischer Ereignisse, und deswegen treten so viele Götter oder Herrscher in ihnen auf. Sicher kann auch der »kleine Mann« und sein Alltag einmal Thema einer Oper sein. Aber nur, wenn dieser Alltag kräftig pulsiert und irgendeine Sehnsucht,irgendein Gefühl zum dramatischen Ausbruch kommt, wie in der Oper »Peter Grimes« von Benjamin Britten (1913–1976), deren Hauptfigur ein einfacher Fischer ist.
    Nach Monteverdi erlebte die Oper eine erste Blütezeit an den Fürstenhöfen des Absolutismus. Die barocken Herrscher liebten es, zu den verschiedensten Gelegenheiten Künstler auftreten zu lassen, und je mächtiger und reicher sie waren (oder zumindest wirken wollten), desto größer war der Aufwand, der auf der Bühne zu betreiben war. Die Opern jener Zeit waren zumeist sehr lang, dauerten bis tief in die Nacht und boten den Zuschauern auf ihrem Höhepunkt gern einmal ein großes Feuerwerk – wobei dieses Feuerwerk wahrscheinlich der einzige Zeitpunkt war, an dem der Fürst und seine Gäste vom künstlerischen Geschehen wirklich ungeteilte Notiz nahmen.
    Eine Opernvorstellung, wie wir sie heute kennen, mit einem stillen, aufmerksamen Publikum, war der barocken Welt völlig fremd. Die Oper diente der Repräsentation; es wurde gegessen, getrunken, gelacht, geliebt, intrigiert – auf der Bühne, vor der Bühne, hinter der Bühne. Deswegen wirken barocke Opern aus heutiger Sicht häufig ein wenig statisch: Sie bestehen meist aus einer langen Reihe einzelner Nummern, zu denen die Sänger auf- und wieder abtreten. Zwischendurch gibt es auch mal ein kleines Ballett, und irgendwann im Lauf des Abends spitzt sich alles auf einen Höhepunkt mit Trommelwirbel und Fanfaren zu.
    Ouvertüre, Arie, Finale – was eine Oper alles zu bieten hat
    Die heutige Oper entwickelte sich über viele Jahrzehnte und ein, zwei Jahrhunderte hinweg. Sie beginnt zumeist mit der Ouvertüre – dem Eröffnungsstück, bei dem das Orchesternoch unter sich und der Vorhang zumeist noch

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