Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
sich auf den Gang hinaus.
»Dr.
Pankratz ist doch Rechtsmediziner. Seine Patienten sind tot. Haben Sie das
bedacht, bevor Sie die Tabletten genommen haben?« Dr. März warf seinem
Hauptkommissar einen langen Blick zu. »Die neue Mitarbeiterin fügt sich in Ihr
Team gut ein?«, erkundigte er sich dann.
»Das
weiß ich noch nicht. Bisher arbeitet sie zuverlässig, recherchiert im
Hintergrund. Hält Kontakt, gibt ihre Ergebnisse schnell weiter.« Nachtigall
holte tief Luft. »Aber sie ist eben … «
»Kein
Albrecht Skorubski? Nein, sicher nicht. Und das wird sie nie sein. Versuchen
Sie es so zu sehen. Sie ist Silke Dreier. Herr Skorubski wäre doch ohnehin
demnächst in Pension gegangen. Als Freund wird er Sie hoffentlich noch viele
Jahre begleiten!« Der Staatsanwalt klopfte Nachtigall jovial auf die Schulter.
»War mir schon klar, dass Sie nicht begeistert sind. Wie kommen Sie denn in dem
Mordfall Lombard voran?«
»Lombard
ist nur ein Opfer von mehreren. Der Kumpeltod geht um. Wir konnten bisher keine
tragfähige Verbindung zwischen den Opfern finden. Tillmann John, der Mann, auf
dessen Sarg Lombard entdeckt wurde, war sein Vater. Der wurde erschossen. Im
Moment gehen wir die Liste der Freunde durch.«
»Die
Presse bauscht die Sache ziemlich auf, wegen dieser Abbaggerungsgegner. Sind
die denn tatsächlich in den Fall verstrickt?«
»Das
wissen wir noch nicht. Ich halte Sie selbstverständlich auf dem Laufenden.«
»Gut.
Na, dann wünsche ich gute Besserung. Ähm, den Fahrer des Wagens hat man wohl
noch nicht identifiziert?«
»Den
Fall bearbeite ich nicht. Aber wahrscheinlich wüsste ich, wenn es einen
Verdächtigen gäbe.«
Dr.
März nickte, drehte sich mit einem Winken um und war verschwunden.
Nachtigall blieb allein im
Arbeitszimmer zurück.
Müde
setzte er sich hinter seinen Schreibtisch.
Bilder,
die er gern vergessen hätte, ballten sich zusammen, bildeten allmählich einen
Film.
Er
betrat den kleinen Hörsaal des Rechtsmedizinischen Instituts in Potsdam.
Nur
wenige Reihen, ansteigend.
Aus
Erfahrung wusste er, dass die Qualität der Luft mit der Entfernung zur Leiche
zunahm. Das nützte ihm aber nichts, denn er musste nah genug ran, um erkennen
zu können, was der Rechtsmediziner tat, seinen Schlüssen folgen zu können. Auf
dem Edelstahltisch, der mit der Breitseite zum Publikum stand, lag schon
jemand. Seltsam war, dass diesmal ein blaues Laken über dem kalten Körper
ausgebreitet worden war. Normalerweise wurde an diesem einsamsten Ort der Welt
auf derartiges Geschnörkel verzichtet. Ziemlich dick, stellte er in Gedanken
fest, das Laken wölbt sich ja gewaltig. Der Obduzent und sein Assistent waren
schon bereit, das Werkzeug gerichtet. Er konnte nicht erkennen, welcher Arzt
heute die Sektion übernehmen würde, die beiden Männer standen mit dem Rücken
zum Hörsaal, so, als erwarteten sie noch jemanden.
Die
Luft war erfüllt von Verwesung.
So ganz
frisch war die Leiche demnach nicht.
Die Tür
ging auf und Michael trottete die Treppe hinunter. Seltsam. Sonst war er immer
ganz begeistert, wenn er bei einer Obduktion dabei sein durfte.
Schweigend
setzte sich Wiener neben ihn.
Und nun
schienen auch die beiden Männer in ihren Kitteln bereit zu sein, mit ihrer
Arbeit zu beginnen.
Dr.
Pankratz.
Der
fähige Rechtsmediziner, der ihnen schon so oft wertvolle Hinweise hatte geben
können. Er würde auch diesmal versuchen, dem Körper das letzte Geheimnis zu
entlocken.
Der
Assistent begann damit, einige Daten auf einer Tafel an der Wand festzuhalten.
Nr. 127
Unnatürlicher Tod.
Gewalteinwirkung gegen den
Körper.
1,98 m groß.
»Der Tote ist bereits
identifiziert. Wir werden jetzt feststellen, ob das beobachtete Geschehen
todesursächlich war.« Dr. Pankratz’ Miene war ernst. Er war keiner, der gern
scherzte.
Mit
einem Ruck hob er das blaue Laken vom Tisch.
Entsetzt
sah Nachtigall in das zerstörte Gesicht. Sein Gesicht.
Ein
lauter Schrei weckte ihn.
Keuchend
fiel er mit dem Oberkörper nach vorn. Kutscherstellung. Ruhig Blut. Gleichmäßig
atmen. Mein Gott!
Ein
flackernder Blick ins Rund.
Er war
noch immer allein.
Mit
weichen Knien stand er auf und goss sich ein Glas Wasser ein. Tupfte mit einem
Taschentuch Schweiß von der Stirn.
Hoffentlich
kriegen wir den Fahrer bald, dachte er voll Inbrunst, damit ich mit der Sache
abschließen kann!
Kaum hatte er seinen Puls
wieder unter Kontrolle, traten auch schon Silke und Michael ins Büro, brachten
den Duft von
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