Kunden lesen
gekalkten Eichenboden. Noch am Morgen hat sie einem ehemaligen Kollegen beim gemeinsamen Frühstück im Café das Exposé gezeigt und ausgiebig von ihrer Premium-Immobilie geschwärmt, für die sie schon heute einen wichtigen Termin vereinbart hat: »Schau dir das an – dieser Blick auf den See direkt vom Balkon und vom Garten aus, eigentlich ist das unbezahlbar!« Der Vorbesitzer mit einem Faible für die Gründerzeit hat die Villa perfekt saniert. Fast schon neidisch schaut ihr Kollege auf den anvisierten Verkaufspreis. In ihrem Überschwang hat Frau Silberpfennig auch noch mit ihm darauf gewettet, dass sie das schöne Objekt gleich verkauft.
Sie rechnet sich beste Chancen aus, diese Wette heute zu gewinnen. Frau Silberpfennig hat ihre eigene Methode für eine systematische Verkaufspräsentation: Nach einer herzlichen Begrüßung und einigen Hinweisen über den geplanten Ablauf will sie zunächst die wesentlichen Informationen zu Grundstückgröße, Lage und Zustand des Anwesens präsentieren. Und dann Raum für Raum vom Keller bis Obergeschoss besichtigen, anschließend die Garagen und weitere Nebengebäude.
Gut geplant, ist halb gewonnen. Leider nur halb, denn das schicke Paar aus München, das zum Termin erscheint, stellt sofort ihr schönes Konzept auf den Kopf. Noch bevor die Maklerin die Haustür ganz hinter ihnen schließen kann, ist der Mann bereits ins Wohnzimmer gestürmt und erkundigt sich, ob sich die Deckenbeleuchtung mit den vorhandenen Lichtschaltern auch dimmen lässt. Seine Frau hat den Keller und die Küche noch gar nicht gesehen, da befindet sie sich schon auf dem Weg in den ersten Stock – ohne die Antwort auf ihre Frage nach der Einbaumöglichkeit für eine Katzenklappe überhaupt abzuwarten.
»Ähm, vielleicht gehen wir in Ruhe gemeinsam durch die Räume ...« – auch von Frau Silberpfennigs freundlicher Intervention lässt sich das Paar nicht abhalten, durch die Zimmer der Villa zu schwärmen. Isolde Silberpfennig verzweifelt daran, dass sie die Aufmerksamkeit ihrer Kunden beim besten Willen nicht bündeln kann. Ihr Versuch, wieder Struktur in ihre Präsentation zu bringen, scheitert wie ein Elfmeter, der an die Latte knallt. Sie hat dabei das deutliche Gefühl, dass die Chemie einfach nicht stimmt. Tatsächlich zieht das Paar schon nach einer Viertelstunde wieder von dannen, als sie mit ihrer Präsentation gerade noch einmal neu beginnen möchte.
Abends trifft die Absage der Interessenten per E-Mail ein und bestätigt der Maklerin in knappen Worten, was sie während der Besichtigung bereits deutlich gespürt hat: »Besten Dank für den Termin, aber – kein Interesse.« Nachdenklich speichert Frau Silberpfennig die Nachricht in ihrer Ablage. Sie versteht es einfach nicht: Lage, Ausstattung und Preis, alles stimmte. Und ihre Präsentation war so gut vorbereitet.
Schräg oder gerade?
Wer sagt, dass nach A immer B kommt? Der klassische Anfang ist nicht immer der richtige Einstieg, man kann auch einfach mittendrin beginnen. Erfolgreiches Verkaufen verläuft ja nicht wie ein bürokratischer Akt mit in Stein gemeißelten Routinen und Prozessen. Oder eben doch?
Ob Ordnung und ein strukturierter Ablauf die wesentliche Rolle im Verkaufsgespräch spielen, bringt spätestens die Reaktion des Kunden zum Ausdruck. Entweder in Form eines erfolgreichen Abschlusses oder eines schnellen Abschieds. Einen Vorteil hat hier der Verkäufer, der schon vorher weiß, ob sich der Kunde eine übersichtliche Struktur im Verkaufsprozess wünscht – oder eben seine Kaufentscheidung ohne bestimmte Reihenfolge, jedoch zielfokussiert trifft. Die Antwort ist eine reine Kopfsache, denn Auskunft darüber erteilt die Stirn des Kunden.
Gerade Stirn – der Schritt-für-Schritt-Mensch
»Wer ein Ziel erreichen möchte, sollte richtig starten. Und einen Schritt nach dem anderen gehen.« Man muss nicht gleich an uralte Pilgerrouten wie den Jakobsweg denken, um den Kern dieser Botschaft zu ergründen und umzusetzen. Jede Strecke hat einen klaren Anfang und ein klares Ende – und dazwischen liegen eindeutig definierte Etappen: Es gibt Menschen, für die gilt diese Grundmaxime nicht nur auf einer Wanderschaft, sondern auch zu Hause, im Arbeitsalltag und natürlich auch in der Verkaufssituation: immer einen Schritt nach dem anderen. Und zwar wohlüberlegt. Schritt-für-Schritt-Menschen eben.
Schritt-für-Schritt-Menschen konzentrieren sich voll und ganz auf den Ablauf: Was folgt auf Schritt A, welche Zwischenergebnisse gibt
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