Kunst des Feldspiels
mit dem billigsten. Pella hatte ihn erst in der
vergangenen Woche gebeten, ihr auch ein kleines Glas einzugießen: noch ein
gutes Zeichen, nach und nach kehrten die Gelüste zurück.
Es war nach ein Uhr. Er
ging die schmale Treppe zu President Affenlights Büro hinab, wo er zuletzt
seine Nächte, seine Morgendämmerungen und viele seiner Tage verbracht hatte.
Contango folgte ihm die Stufen hinunter und rollte sich an seinem gewohnten
Fleck auf dem Läufer zusammen. Die Bankunterlagen waren von Buchhaltern und
Anwälten davongekarrt worden, aber Affenlights Bücher und Papiere, Zeugnisse
eines lebenslangen Studiums, waren noch da. Sie mussten durchgesehen oder
wenigstens zusammengepackt werden, bevor Ende August der neue Rektor kam, aber
Pella hatte sich bislang geweigert, den Raum zu betreten, den Raum, in dem ihr
Vater gestorben war. Und so war es an Schwartz, die getippten Aufzeichnungen zu
Vorträgen, die vergilbten Notizbücher, die kaffeefleckigen Essayentwürfe und
zerknitterten Kopien jahrzehntealter Korrespondenzen, die Einkaufslisten und
Kritzeleien, die mit zahlreichen Anmerkungen versehenen Exemplare von
Gebetbüchern aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg und die Lyrik-Einführungen
durchzukämmen und zu entscheiden, was aufgehoben und was weggeworfen werden
sollte. Alles voller Papier, Papier, Papier – er hatte zwanzig weitere mit
Papier gefüllte Kartons aus dem Arbeitszimmer heruntergetragen, die jetzt
aufgestapelt in den Ecken standen. Affenlight hatte einen Computer auf dem
Schreibtisch stehen gehabt, aber wohl hauptsächlich zu dekorativen Zwecken.
Ein Karton voller
Karteikarten war schlicht mit REDEN beschriftet. Auf einigen der Karten
standen Witze oder Anekdoten, zusammen mit Datum und Anlass ihrer Verwendung.
Schwartz erinnerte sich an viele der jüngeren Anlässe und auch an die Witze.
Andere Karten gaben in Affenlights gestochener Handschrift aphoristische
Ratschläge: In einer kleinen Gruppe bediene man sich der
Stilfigur der Assonanz; in einer großen Gruppe der Alliteration.
Owen kam oft erst gegen
drei oder vier Uhr vorbei, eine Tasse Tee in der Hand. Schwartz teilte seine
jüngsten Entdeckungen mit ihm, beim Zuhören verzog Owen die Lippen zu einer Art
Lächeln. Sie beschlossen ihre Abende, indem sie auf der Treppe zur Scull Hall
wortlos einen Joint rauchten. Doch heute Nacht kam Owen nicht, und Schwartz,
der literarisch gestimmt war, nahm Affenlights Shakespeare-Gesamtausgabe aus
dem Regal und ließ sich hinter dem Schreibtisch nieder, um darin zu blättern.
Er überflog die Marginalien, hielt inne, um einige vertraute Passagen zu lesen.
Irgendwie hatte er das starke Gefühl, hier zu Hause zu sein, in Affenlights
Büro, umgeben von Affenlights Gedanken, Affenlights Tod nahe. Zu Hause zu sein
und dann doch wieder nicht so richtig: Er betrachtete es als Privileg, faktisch
als Affenlights Nachlassverwalter zu fungieren, war aber ständig besorgt, dass
jemand auftauchte, der Affenlight näher stand oder zumindest beschlagener in
amerikanischer Literatur war, und ihn hinauswarf. Aber bis jetzt war das nicht
geschehen, und während der Sommer dahinkroch, schien es immer
unwahrscheinlicher, dass es geschehen würde. Was Schwartz in gewisser Weise
traurig machte: Welch ein kluger und gedankenvoller Mann war Affenlight
gewesen, und wie wenig würde von ihm bleiben.
The
Sperm-Squeezers war
ein wundervolles Buch, ein erster Beitrag zu einem speziellen Thema. Vielleicht
würde es noch zehn Jahre lang von Doktoranden gelesen und dann noch weitere
zehn von Ideenhistorikern erwähnt werden. Und vielleicht gelang es Schwartz, im
Zuge der Sichtung dieser ganzen Papiere für die Bibliothek des College, ein
zweites, posthumes Buch zusammenzustellen, eine Sammlung von Essays und Reden, die
ein Universitätsverlag herausgeben würde. Aber Guert Affenlight war kein Herman
Melville, er würde nicht nach seinem Tod und fünfzig Jahren der Vergessenheit
schlagartig zu neuem Ruhm gelangen. Sein Porträt würde neben denen der anderen
ehemaligen Rektoren im Speisesaal hängen, und in vier Jahren würde nur noch das
Küchenpersonal sein Gesicht erkennen. Zweifellos würde irgendein Sitzungsraum
oder ein Stockwerk der Bibliothek zu seinen Ehren umbenannt werden – oder,
dachte Schwartz jetzt, wie wäre es mit dem Baseballfeld? Seinen gegenwärtigen
Namen, Westish Field, trug es nur aus Mangel an Alternativen. »Affenlight
Field« klang gut. Assonanz oder Alliteration? Die Zuschauer dort bildeten für
gewöhnlich
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