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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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der Chef persönlich? Gert war es zuzutrauen, samstags um 22 Uhr anzurufen, weil ihm eine Detailfrage in den Sinn gekommen war. Wolfert – ohne Familie – galt als alle Zeit bereit. Private Anrufe bekam er so gut wie nie. Widerstrebend griff er in die Tasche. Niemand aus seiner Liste. Eine Wiesbadener Nummer.
    Verwundert blieb er stehen. »Wolfert!«
    Mareike Reisinger meldete sich. Er hatte ihr seine Karte gegeben mit der Bitte, sich zu melden, falls ihr noch etwas einfiele. Sie flüsterte aufgeregt. Die zarte Stimme war kaum zu verstehen. »Hier … ist jemand. Ein … Einbrecher.«
    Unwillkürlich wurde auch er leiser. »Wo sind Sie?«
    »In Pitts Wohnung! Die Balkontür stand auf und …« Der Satz brach mit einem unterdrückten Schrei ab.
    »Frau Reisinger?«
    Die Verbindung war tot. Wolfert riss das Notizbuch aus der Tasche und stellte im selben Atemzug die Verbindung zur Bereitschaft her. Er gab die Adresse durch. »Macht schnell. Der Täter könnte noch in der Wohnung sein!«
    Der nächste Anruf galt Milano. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis sich endlich eine schläfrige Stimme meldete: »Hat man nie Ruhe vor dir?«
    »Wach auf, Luigi! Die Reisinger hat mich angerufen. In Mettens Wohnung wurde eingebrochen. Die Kollegen sind unterwegs. Womöglich ist der Kerl noch dort.«
    Sofort klang Luigi hellwach. »Wann kannst du hier sein, Dirk?«
    »Gar nicht! Du musst fahren.«
    Ein grummelndes Lachen. »Du hast doch nicht getrunken?«
    »Mach schon! Ich warte am Kureck!«
    Milano wohnte im Bergkirchenviertel und war, der baulichen Enge zum Trotz, glücklicher Besitzer eines Parkplatzes. Wenige Minuten später rauschte ein schwarzer Audi heran und kam knapp neben Wolfert zum Stehen.
    Milano fegte eine Kollektion von Papierkugeln und krümeligen Chipstüten in den Fußraum und schien für einen Augenblick sprachlos. »Von welcher Expedition kommst du denn?«
    Wolfert nahm das Fernglas ab und schnippte einen vergessenen Schokoriegel vom Sitz, bevor er sich setzte.
    Milano beobachtete sein Tun. »Was liest du da?«
    Der Fledermausführer lugte aus der Westentasche heraus und ließ zwei behaarte Ohrspitzen erkennen.
    Wolfert schob das Buch zurück. »Können wir endlich los? Wo ist das Blaulicht?«
    Milano startete mit aufheulendem Motor. »Sieh unterm Sitz nach!«
    Während sich der Wagen in die Kurven legte, fasste Wolfert unter sich in der Befürchtung, in eine Pappschale mit kalten Pommes zu greifen, ertastete schließlich Rundes. Mit einem weiteren Handgriff ließ er die Scheibe herab und platzierte das Blaulicht auf dem Autodach. Milano gab Gas. Die Fahrt zum Einsatzort war kurz. Ein Streifenwagen hielt vor Mettens Haus. Ein junger Kollege der Schutzpolizei lief ihnen entgegen. Wolfert kannte ihn vom Sehen.
    Er begrüßte die Kommissare mit Namen. »Der Einbrecher ist flüchtig. Die Fahndung läuft.«
    »Wie geht es Frau Reisinger?«
    »Sie ist furchtbar erschrocken, aber unverletzt. Die Kollegin kümmert sich um sie.«
    Wolfert bedankte sich und folgte Milano. Eine Polizistin öffnete die Wohnungstür. Mareike Reisinger wartete im Wohnzimmer. Der Schrecken stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie sah blass und verweint aus. Noch immer außer sich vor Angst, führte sie vor, wie der Täter sie auf dem Flur überrascht und zur Seite gestoßen hatte, bevor er durchs Treppenhaus flüchtete.
    Milano wandte sich an die Kollegin. »Wie ist er hereingekommen?«
    »Er hat die Balkontür aufgehebelt«, erklärte die Frau gelangweilt, als böte der Beruf keine Überraschungen mehr. »Dazu musste er die Fassade raufklettern. Erst mal oben, war die Tür selbst ein Kinderspiel. Anschließend hat er sich in allen Räumen umgesehen. Überall sind die Schränke aufgerissen. Als Frau Reisinger nach Hause kam, machte er sich gerade im Schlafzimmer zu schaffen.«
    Gemeinsam sahen sie sich die Tür an und spähten auf den Balkon hinaus. Wind war aufgekommen, und über die Nachbardächer zuckte ein Blitz.
    Wolfert wandte sich wieder Mareike Reisinger zu. »Sie waren zunächst nicht in der Wohnung?«
    Die junge Frau antwortete mit schnellen aufgewühlten Sätzen: »Ich war heute Abend bei einer Freundin. Wir haben geredet, über Pitt und alles, aber ich wollte vor dem Gewitter zu Hause sein. Im Wohnzimmer ist mir gleich die offene Balkontür aufgefallen. Als ich noch überlegt habe, ob ich vergessen hatte, sie zu schließen, hörte ich dieses Klappen: Die Tür vom Kleiderschrank, wie mir sofort klar war. Ich habe bei Ihnen

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