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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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möchtest. Jedenfalls ist der Doktor beleidigt abgezogen.«
    Daniel winkte mit der Flasche. »Noch Wein, Mieke?«
    Sie erhob sich. »Nachher gern. Ich will kurz einen Freund anrufen. Er hat Geburtstag.«
    Weder das eine noch das andere war gelogen. Wolfert hatte sicher nichts dagegen, wenn sie ihn einen Freund nannte. Und irgendwann feiert jeder Geburtstag. Selbst so ein nüchterner Mann wie Dirk. Sie zog die Küchentür hinter sich zu, überquerte den Flur und – stutzte. Daniel hatte den Zimmerschlüssel stecken gelassen! Wie unvorsichtig, Herr Götz! Aus der Küche klangen gedämpfte Stimmen herüber: Daniels Bass, unterbrochen von kindlichem Kichern. Nichts wie rein! Dem flüchtigen Blick bot sich nichts Auffälliges. Die straff gezogene Bettdecke, ein Arbeitsplatz mit Computer, die alte Kommode, auf der ein Fernseher stand, und daneben auf dem Parkett die Stereoanlage. Dass Daniel gern Science-Fiction und Kriminalromane las, verrieten die langen Buchreihen auf den Regalböden. Dazu gab es eine Reihe von DVDs. Sie legte den Kopf schief und überflog die Titel. Allesamt Filmklassiker, darunter die großartigen Filme von Alfred Hitchcock: Der Mann, der zu viel wusste. Die 39 Stufen. Bei Anruf Mord. Der Fremde im Zug.
    Der letzte Film beruhte auf dem Roman von Patricia Highsmith, erinnerte sie sich gut. Das erste Buch der amerikanischen Autorin, das sie als sehr junges Mädchen gelesen hatte. Nach Mitternacht mit der Taschenlampe unter der Bettdecke, sich gruselnd bei der Vorstellung, der unheimliche Bruno schliche sich in ihr Zimmer. Hieß der Roman nicht ›Zwei Fremde im Zug?‹, überlegte sie, während sie sich dem Kleiderschrank zuwandte, einem billigen Möbel aus Spanplatten. Zwei Männer begegnen sich im Zug und verabreden, zum gegenseitigen Vorteil jeweils einen Mord zu begehen. Nachdem Bruno die Frau des anderen getötet hat, erwartet er als Gegenleistung die Ermordung des verhassten Vaters. Das anscheinend perfekte Verbrechen.
    In der Schranktür steckte ein einfacher Schlüssel. Fix schob sie Hosen und Hemden auseinander. Nichts verbarg sich dahinter. Bewahrte er den Bogen im Keller auf? Sie erinnerte sich an den hohen, verschlossenen Spind. Als sie die Tür wieder schließen wollte, klemmte das Schloss. Das Probieren und Hantieren kostete Sekunden, bis sich der Schlüssel endlich drehen ließ. Höchste Zeit für den Rückzug, aber nicht ohne hinter den Vorhang zu schauen, der die Nische zwischen Schrank und Wand abdeckte. Die Ecke war so ordentlich und aufgeräumt, wie sie es von Daniel inzwischen nicht anders erwartete. Drei Kartons standen penibel aufeinander geschichtet vor einem Bügelbrett, daneben ein Staubsauger. Dahinter ragte ein geschwungenes Holzteil hervor, das auf den ersten Blick an einen Langlaufski erinnerte; sofern man sich einen gebogenen Ski vorstellen mochte, der von einem olivgrünen Tarnmuster überzogen war. In der Spitze saß eine Scheibe, um die ein Drahtseil gespannt war. Hastig räumte sie den Staubsauger beiseite. Die Präzisionswaffe ließ jede Waldläufer-Romantik vermissen und war mit einer komplizierten Zielvorrichtung versehen. Mit der Handykamera knipste sie zwei eilige Bilder. Ihr Herz klopfte. War dies tatsächlich ein harmloses Sportgerät, wie Daniel ihr weismachen wollte?
    Kaum war sie zurück auf dem Flur und hatte die Tür zugezogen, als sich gegenüber die Badezimmertür öffnete. Blitzschnell ging Norma in die Knie.
    Nina blinzelte verwundert. »Was tust du da, Mieke?«
    Norma richtete sich wieder auf. »Mir ist das Handy heruntergefallen.«
    »Kann vorkommen.«
    »Bei meinem Freund war besetzt.«
    Nina lächelte weinselig. »Weil er Geburtstag hat! Da wollen viele gratulieren. Versuch es gleich noch mal!«
    An der Wand Halt suchend, trat sie den Weg zurück zur Küche an.
    Norma ging in ihr Zimmer. Sie schob ›Rites‹ von Jan Gabarek in den CD-Player und stellte den Ton halblaut.
    Unter Wolferts Nummer meldete sich Milano. »Dirk ist beim Chef. Du musst mit mir vorlieb nehmen oder später noch einmal anrufen.«
    »Er hat hoffentlich nichts angestellt?«
    Milanos dröhnendes Lachen erklang. »Eher wird ein Mafioso zu Mutter Theresa, bevor sich unser Dirk etwas zu schulden kommen lässt. Der nimmt nicht mal einen Döner an, das ist dir doch klar! Was willst du?«
    »Fragen, ob euch die Vernehmungen von Nina und Rico voranbringen konnten.«
    »Ach, die beiden decken sich gegenseitig. Ihre Behauptungen klingen abgesprochen. Jede Wette, dass sie Dreck am Stecken

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