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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zusammen. »Wir haben nichts in der Hand. Kein Wunder, dass die Leute beunruhigt sind. Die Zeitungen bezweifeln, ob man sich überhaupt noch in den Wiesbadener Wald wagen darf.«
    »Was ist mit den Handynummern, die ich euch gegeben habe?«, fragte Norma. »Konntet Ihr die Besitzer ermitteln?«
    »Nichts leichter als das«, antwortete Wolfert mit hörbarer Verbitterung. »Ein Friseurgeschäft in München und ein 80-jähriger Rentner aus Hamburg.«
    Milano lächelte milde. »Muss ich dir erklären, Norma, wie man an eine bereits registrierte SIM-Karte kommt? Da genügt ein Gang über den Flohmarkt, und du kannst anonym telefonieren.«
    »Oder du lässt dich über das Internet registrieren und gibst eine falsche Adresse an«, ergänzte Wolfert. »Das ist kein Hexenwerk.«
    Norma kannte die Problematik aus der Sicht der Ermittler. »Die Datenschützer wird’s freuen. Der Versuch war es trotzdem wert. Ich muss gehen. Lutz wartet sicher schon.«
    Er winkte ihr entgegen, als sie sich im Restaurant umschaute. Die meisten Gäste hatten einen Platz im Freien vorgezogen. Lutz gefiel es nicht, auf der Straße zu sitzen.
    Erfreut nahm er das Päckchen Kaffee entgegen. »Meine Lieblingssorte!«
    Während des Essens sprachen sie über Florenz. Wenn Undine ihn nicht erhören würde, wollte er Norma gern begleiten.
    Er habe Erkundigungen über Regert eingeholt, erklärte er nach einer Gesprächspause. »Wusstest du, dass er nicht freiwillig aus seinem Job ausgestiegen ist? Wenn er dem Rausschmiss nicht mit der eigenen Kündigung zuvorgekommen wäre, hätte man ihn in Frankfurt vor die Tür gesetzt.«
    »Wie bist du an die Information gekommen?«
    Er lächelte grimmig. »Indem ich mich an einen alten Studienfreund erinnerte, der sich in der Frankfurter Gesellschaft bestens auskennt. Er liebt den Rheingauer Riesling und schätzt eine gute Küche. Die Auskunft hat mich einen teuren Abend im ›Schwarzen Bock‹ gekostet.«
    Sie lächelte. »Hat dein Freund dir verraten, womit sich Regert in die Nesseln setzte?«
    »Irgendeine hanebüchene Geschichte, mehr wusste mein Kommilitone nicht, oder er wollte nicht mehr sagen. Fest steht, dass Regert in der Forschung keinen Fuß mehr in die Tür bekommen wird.«
    Erst als die Teller abgeräumt waren und der Espresso serviert wurde, redeten sie über die jüngsten Ereignisse.
    »Ich habe die Augen vor der Wahrheit verschlossen«, sagte Lutz selbstkritisch. »Weil ich das Mädchen nicht für kriminell halten wollte.«
    »Vielleicht war der Bilderklau Ninas Weg, der Mutter die Vernachlässigung heimzuzahlen, die sie Undine vorwirft?«, überlegte Norma. »Der schlimmere Part, die Erpressung, ist vor allem Pitt und Rico anzulasten.«
    »Nicht auszudenken, wenn der Jawlensky tatsächlich zerstört würde. Ein unwiederbringlicher Verlust für die Kunst! Von Undines Schmerz will ich gar nicht reden.«
    Norma zeigte ihm den abgeschriebenen Text. »Sagt dir das etwas?«
    Lutz setzte die Brille auf und murmelte die Worte vor sich hin: »Lichter Morgen, verhaltene Glut, Weisheitszeichen, ruhendes Licht. Kommt mir bekannt vor.«
    »Ein Gedicht?«, fragte sie gespannt. »Von wem?«
    Lutz zögerte. »Lass mich darüber nachdenken. Sonst stand nichts auf dem Zettel?«
    »Nichts weiter außer einem blauen senkrechten Strich neben den Zeilen. Ich habe noch eine Bitte. Kannst du mir ein Buch leihen? Falls du es hast.«
    »Worum handelt es sich?«
    »Um ein Drama von Eugene O’Neill. Trauer muss Elektra tragen.«
    »Ein wunderbares Stück. Selbstverständlich besitze ich den Text.«
    Es schien ihn zu kränken, wie sie daran hatte zweifeln können; bei einem Bücherfreund und Verleger, der sich keinen Stolz auf irgendetwas erlaubte. Die umfangreiche Bibliothek ausgenommen.

29
    Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht. Beim Heranfahren hatte sie niemanden gesehen, und so bemerkte sie ihn erst, als sie das Hoftor zuschob. Er wartete im Schatten des Hauseingangs: Ein Mann mit schlanker Figur, kurzen dunklen Haaren und einem aufmerksamen Gesicht, das eine gewisse Genugtuung nicht verbergen konnte. Zu spät für ein Versteckspiel.
    Entschlossen trat sie ihm entgegen. »Lauerst du mir auf?«
    »Ich komme auf gut Glück hier vorbei. Wenn du keine Zeit für mich hast …«
    »Was willst du?«
    Zwischen seinen Augenbrauen erschien eine steile Falte. »Wenn ich mich richtig erinnere, warst du es, die mich gestern darum gebeten hat, ein Mandat zu übernehmen.«
    »Du bist wegen Nina und Daniel gekommen?«
    »Ich wüsste

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