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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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diesem Neffen, der auf das Erbe scharf war. Vielleicht hatte Grittius vergessen, ihn zu erwähnen; vielleicht vergaß er’s sogar mit Absicht. Doch bis auf diesen einen Lapsus muß sie äußerst vorsichtig gewesen sein, Falco, denn es gab tatsächlich keine Spuren.«
    »Nur Vermutungen!« feixte ich.
    »Oder wie Corvinus es so scharfsinnig formulierte: Die Witwe ist das tragische Opfer einer wahrhaft erstaunlichen Kette von Zufallen … «
    Welch ein Meister der Jurisprudenz.
     
    Ein gewaltiger Rülpser aus einem der Innenräume kündigte das baldige Erscheinen des Prätors an. Eine Tür wurde aufgestoßen, und ein dunkelhäutiger Sklavenknabe, allem Anschein nach der Leckerbissen, den Corvinus sich zum Nachtisch gegönnt hatte, kam herausgeschlendert. Der Weinkrug unter seinem Arm kaschierte den wahren Grund für seinen Besuch. Lusius zwinkerte mir zu, während er mit der Gemütsruhe eines Sekretärs, der längst weiß, wie man Geschäftigkeit vortäuscht, seine Schriftrollen einsammelte.
    Ich hatte keine Lust, zuzuschauen, wie der Prätor sich damit vergnügte, arme Bittsteller abzuweisen. Also nickte ich Lusius höflich zu und verkrümelte mich.
IX
    Ich fand, es sei jetzt spät genug, um für heute Feierabend zu machen und mich meinem Privatleben zu widmen.
    Helena, die meine lockere Einstellung zu Beruf und Brotverdienst mißbilligte, schien überrascht, daß ich schon so früh kam, aber dann stimmte das Gebäck vom Pincio sie doch nachsichtiger. Vielleicht freute sie sich außerdem auch über meinen Besuch – aber wenn, dann konnte sie das gut verbergen.
    Wir saßen im Garten ihres Elternhauses, aßen die Knuspertauben, und dabei erzählte ich ihr von meinem neuen Fall. Ihr fiel gleich auf, daß ich es diesmal fast nur mit holder Weiblichkeit zu tun hatte.
    Da sie es ja doch immer merkt, wenn ich etwas auslasse, schilderte ich ihr meinen Arbeitstag getreulich Punkt für Punkt, einschließlich der betörenden Schönheiten vom Pincio. Als ich gerade den Vergleich zwischen Hortensia Atilia und einer geheimnisvollen orientalischen Frucht anstellte, fuhr Helena grimmig dazwischen: »Eine bithynische Pflaume vielleicht!«
    »Nein, nicht so schrumpelig!«
    »War sie die Wortführerin?«
    »Nein, das war Pollia, das erste verlockende Häppchen.«
    »Wie hältst du nur all diese Dämchen auseinander?«
    »Kleinigkeit – für einen Connaisseur!« Sie wurde wütend und ich schwach. »Du weißt doch, daß du mir vertrauen kannst!« beteuerte ich, aber begleitet von einem falschen Lächeln. Ich lasse meine Freundinnen gern im ungewissen, ganz besonders dann, wenn ich nichts zu verbergen habe.
    »Vertrauen kann ich darauf, daß du allem nachrennst, was in einem Paar alberner Sandalen und mit billigen Perlen behängt durch die Stadt stolziert!«
    Ich tippte mit einem Finger an ihre Wange. »Iß deinen klebrigen Kuchen, Schäfchen.«
    Helena mißtraut Kosenamen; sie guckte mich an, als hätte irgendein Tagedieb vom Forum versucht, ihr auf den Stufen vor dem Tempel des Castor den Rock zu lüpfen. Unversehens brachte ich ein Thema zur Sprache, das ich eigentlich hatte ruhen lassen wollen. »Hast du noch mal über meinen Vorschlag nachgedacht?«
    »Das habe ich, ja.«
    »Und? Glaubst du, daß du eines Tages kommst?«
    »Schon möglich.«
    »Das klingt aber sehr nach Abfuhr.«
    »Wenn ich was sage, dann meine ich’s auch so!«
    »Aha, du zweifelst also daran, ob mein Vorschlag ernst gemeint war?«
    Plötzlich lächelte sie mich ganz liebevoll an. »Nein, Marcus!« Ich spürte, wie sich mein Gesicht zu einem dümmlich-beglückten Grinsen verzog. Wenn Helena Justina so lächelt, dann bin ich jedesmal in Gefahr, mich zum Gespött zu machen.
    Zum Glück kam gerade in diesem Moment ihr Vater aus dem Haus. Der schüchterne Mensch mit dem ungebärdigen, dichten Haarschopf mochte auf den ersten Blick wie ein argloser Einfaltspinsel wirken – aber ich wußte aus Erfahrung, daß er alles andere war als das; unwillkürlich setzte ich mich aufrechter hin. Camillus warf erleichtert seine Toga ab, und ein Sklave trug sie fort. Wir schrieben die Nonen des Monats, und mithin war heute Senatssitzung gewesen. Helenas Vater streifte die Tagesordnung, schilderte den üblichen Zank um Kleinigkeiten, kurz, er machte höflich Konversation, schielte dabei aber immerfort nach unserem offenen Kuchenkorb. Ich schnitt den Mostkuchen an, den ich meiner Schwester hatte schenken wollen, und wir reichten ihn herum. Ich hatte nichts dagegen, an einem der

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