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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Vorgeschmack des eigenen Ruhms, daß sie mich taktloserweise in Ketten über das offene Forum eskortierten. Aber sie steckten noch zu kurz in Uniform, als daß sie schon jedes Mitgefühl verloren hätten; also ließen sie mich an einem öffentlichen Brunnen meinen Durst stillen, bevor sie mich in den kühlen Cryptoporticus schleiften, jene langgestreckte Eingangsgalerie, die zu den einzelnen Palastbezirken auf dem Gipfel des Palatin führt. Vor dem Wachlokal befahl ihnen ihr Zenturio, ein hartgesottener Berufssoldat, mir die Fußeisen abzunehmen. Er wußte, was sich gehört. Wir wechselten unbemerkt einen Blick und erkannten einander als Veteranen, während er seine unerfahrenen Pimpfe auf schlampig geschnallte Gürtel und Flecken an der Rüstung kontrollierte. Voller Sorge, daß seine Küken einen falschen Schritt tun könnten, begleitete er uns in den Thronsaal.
    Im ersten Vorzimmer drängte uns ein Türsteher, der behauptete, nichts von meiner Audienz zu wissen, seitlich in ein Kabuff. Proculus und Justus kriegten rote Backen; der Zenturio und ich waren schon bei anderen Gelegenheiten durch diese dämliche Quarantäne geschleust worden, und so nahmen wir’s gelassen hin.
    Eine halbe Stunde später bugsierte man uns in einen Korridor, in dem sich lauter müde Gestalten drängten, denen die Toga schlaff am Leibe hing. Proculus und Justus blickten sich verstohlen an; langsam stieg in ihnen die Befürchtung auf, daß sie noch lange nach Dienstschluß in dieser endlosen Warteschlange festsitzen würden. Aber dann wurde mein Name gleich aufgerufen. Untergeordnete Lakaien scheuchten uns durch die Menge; und nun betraten wir ein düsteres Vorzimmer, wo ein vornehm parlierender Sekretär uns wie Ungeziefer beäugte, während er uns auf einer Liste abhakte.
    »Dieser Mann wurde bereits vor einer Stunde aufgerufen! Wo habt ihr denn so lange gesteckt?«
    Ein Hofbeamter kam mit Anacrites herein, der sich elegant in grauer Tunika präsentierte; wie das zahme Täubchen eines Zauberers sah er aus – nur nicht so niedlich. Im Gegensatz zu mir war er frisch gebadet und rasiert und hatte das glatte Haar so makellos nach hinten frisiert, wie ich es auf den Tod nicht leiden kann. Er sah damit zwar genau aus wie der Gauner, der er war, aber ich kam mir bei seinem Anblick zerknautscht und kratzbürstig vor, mit einem Mund wie ein ausgetrockneter Mörteltrog. Er glotzte mich mißtrauisch an, aber in diesem Stadium verzichtete ich darauf, ihn niederzumachen. Im nächsten Moment hatten Proculus und Justus auch schon Befehl, mich vorzuführen.
    Als wir zwischen imposanten Travertinsäulen in den Saal traten, war Anacrites zunächst der bewährte Beamte und ich der gemeine Galgenstrick, entehrt und unter Kuratel. Aber ich kannte kein Protokoll, das mich gezwungen hätte, es dabei bewenden zu lassen. Nach zwei Tagen in scheuernden Fußeisen fiel es mir leicht, eine tapfere Miene und ein Hinken zu mimen. Was bewirkte, daß Titus Caesar mich als erstes fragte: »Mit Ihrem Bein was nicht in Ordnung, Falco?«
    »Bloß eine alte Fraktur, Caesar. Letzten Winter, als ich im Auftrag Ihres Vaters in Britannia war, hab ich mir das Bein gebrochen. Und wenn ich längere Zeit keine Bewegung habe, dann krieg ich Beschwerden …«
    »Schluß mit der Mitleidschinderei, Falco!« knurrte Anacrites.
    Titus warf dem Spion einen scharfen Blick zu. »Britannia, ich erinnere mich!« Sein Ton war schneidend. Der Auftrag, den ich seinerzeit für seinen Vater erledigt hatte, war streng vertraulich gewesen, und es wurden keine Einzelheiten preisgegeben, aber Anacrites hatte sicher trotzdem Wind davon bekommen. Ich hörte sein ärgerliches Knurren. Und ich sah auch, wie der Sekretär, dessen Aufgabe es war, mitzustenografieren, seinen Stilus diskret ruhen ließ, sobald geheime Staatsgeschäfte zur Sprache kamen. Der Blick aus seinen orientalischen Augen traf sekundenlang den meinen; mit dem feinen atmosphärischen Gespür des Hofbediensteten sah er einen gelungenen Spaß voraus.
    Titus winkte einem Sklaven. »Didius Falco bedarf der Schonung. Bring ihm doch eine Sitzgelegenheit.«
    Selbst in diesem Stadium brauchte Anacrites sich noch keine Sorgen zu machen. Ich hatte mit meiner radikal republikanischen Gesinnung nie hinterm Berg gehalten. Und im Umgang mit der kaiserlichen Familie hatte ich schon immer meine Schwierigkeiten. Der Oberspion wußte so gut wie ich, was bevorstand: M. Didius Falco würde gleich unhöflich und grob werden und sich damit – wie gewöhnlich

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