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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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finden Sie nicht?«
    Wirkte der jetzt verunsichert? Oder bildete sie sich das nur ein?
    »In der Schule hatten wir mal etwas von Eichendorff. Irgendetwas mit
›Mondnacht‹, oder so. Aber das ist auch alles, was ich von dem noch weiß.«
Einen Moment hielt Lindnar inne. »Weshalb fragen Sie das? Hat das etwas mit
Leas Tod zu tun? Mit diesem Dichter?«
    Auf den Kopf gefallen war der junge Mann auf jeden Fall nicht.
    Maria blockte ab. »Darüber können wir keine Auskunft geben.«
    Sie hatte mit ihrer Frage nach Eichendorff sowieso schon mehr
preisgegeben, als gut war. Aber Lindnar hatte es geschafft, sie mit seinem
seltsamen Verhalten zu verärgern.
    Lindnar griff wieder nach seinem Tee, drehte das Glas nachdenklich
hin und her. Die Sensationslust verschwand aus seinen Zügen.
    »Hat es Lea eigentlich wehgetan? Ich meine, das, was er mit ihr
gemacht hat, war das schlimm?«
    Maria sah zu Alsberger. Darauf hätte er doch jetzt einmal antworten
können, wo sie nur ein Mehlsack war, der beim Anblick einer Toten nichts
empfand. Aber Alsberger starrte auf den Boden, als habe er dort eine ganz
besondere Entdeckung gemacht.
    »Ja, es war schlimm«, antwortete Maria. »Sehr schlimm.«
    Lindnar nickte. »Scheißwelt«, murmelte er.
    Mit einem Ausdruck im Gesicht, den Maria nicht zu deuten wusste.

Der Angelhaken
    »Mein Gott, Sie haben vielleicht einen Schritt drauf!«
    Maria hastete Alsberger hinterher. Nachdem sie aus dem Marstall
gekommen waren, hatte er ein Tempo vorgelegt, bei dem sie nur mit Mühe
mithalten konnte.
    »Was halten Sie von Lindnar?«, fragte sie.
    »Etwas seltsam.« Alsberger drehte sich kurz zu ihr um und zog im
Gehen den Autoschlüssel aus der Hosentasche. Dabei machte er ein Gesicht, als
habe er gerade im Lotto gewonnen.
    »Was strahlen Sie denn so, habe ich irgendetwas verpasst? Haben Sie
in der Mensa auf dem Klo einen Hunderteuroschein gefunden?«
    Alsberger eilte weiter voran, ohne zu antworten.
    »Wenn Lea wirklich auswandern wollte, warum wissen wir davon noch
nichts? Wenn es ihr so wichtig war, wird sie doch darüber geredet haben?«
    »Sollte man denken.« Alsberger war schon am Auto und stieg ein.
    »Vielleicht hat sie deshalb Englisch gelernt.« Maria hetzte zur
Beifahrertür. »Was ist los, Alsberger? Weshalb so eilig?«
    »Ich möchte nur möglichst bald die Lehrerin aus diesem Englischkurs
anrufen. Vielleicht hat Lea Rinkner in dem Kurs etwas über ihre Pläne erzählt.«
    »Bitte, bitte. Ich habe nichts dagegen.«
    Den Rest der Fahrt war Alsberger schweigsam. Was immer Maria fragte,
er antwortete mit ja, nein oder vielleicht.
    Mengert schaute aus seinem Büro, sobald Maria die Abteilungstür
aufgezogen hatte.
    »Komm mal her!«, rief er ihr zu. »Ich habe einiges gefunden.«
    Sie ging zu ihm. Auf dem Bildschirm seines Computers war ein Film zu
sehen. Ein junger Mann, der mit ernster Miene Verse rezitierte.
    »Wir haben ein richtiges Nest hier in Heidelberg. Jede Menge, die
Gedichte schreiben.«
    Maria beugte sich zum Bildschirm. »Und, wo verstecken die sich?«
    »Die verstecken sich gar nicht. Ganz im Gegenteil. Manche tragen
ihre Sachen sogar öffentlich vor. Zum Beispiel im ›dai‹. Schon mal was von
Poetry-Slam gehört?«
    Von Poetry-Slam nicht, aber das »dai« kannte Maria. So hieß das
Deutsch-Amerikanische Institut in der Innenstadt, in dem allerlei kulturelle
Veranstaltungen angeboten wurden. So konnte man bei einer Lesung mit Autoren
diskutieren oder im Sprachkurs seine Englischkenntnisse auffrischen. Irgendwann
war sie einmal mit Vera dort gewesen, in einem Film, über den sie sich
hinterher die Köpfe heißgeredet hatten.
    Mengert klickte durch die Webseiten.
    »Hier, da haben sie geschrieben, dass es bei diesem Poetry-Slam um
›einen Wettstreit der Dichter und Poeten‹ geht. Jeder bekommt die gleiche Zeit,
um sein Gedicht vorzutragen. Es gibt immer einen Sieger des Abends, und der
wird durch den Applaus des Publikums bestimmt. Die haben eine Menge
Aufzeichnungen im Netz liegen.«
    »Und, jemand dabei, der sich wie unser Hades anhört?«
    »Bis jetzt nicht. Aber das ist auch nur die Spitze vom Eisberg. Ich
sag’s dir, in Heidelberg gibt es mehr Leute, die dichten, als uns lieb sein
kann. Wahrscheinlich haben diese Romantiker hier irgendeinen Virus
hinterlassen.«
    Mengert rief eine andere Website auf. »Das neue Wunderhorn« war
darauf zu lesen.
    »Das hier ist ein Projekt vom Heidelberger Theater gewesen. Die
beziehen sich sogar direkt auf die Romantiker. Da haben sie

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