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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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hätte.
    Die Szene dauerte knappe fünf Minuten, dann drehte Lindnar senior
sich um und verschwand in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Und während Karel Lindnar die Straße überquerte, setzte sich in den
gegenüberliegenden Arkaden eine graue Gestalt in Bewegung. Ein älterer Herr mit
einer Einkaufstüte, der anscheinend eben aus einem der Geschäfte gekommen war.
    Karel Lindnar würde keinen unbeobachteten Schritt mehr tun. Wenn er
Julie wirklich irgendwo versteckt hielt – vielleicht hatten sie Glück, und er
ging zu ihr. Es war nur ein kleiner, winziger Funke Hoffnung, aber es war
besser als nichts.
    Maria hörte ein Geräusch hinter sich. Arthur stand im Zimmer.
    »Schick mich nie wieder weg!«
    »Was machst du schon wieder hier? Bist du ausgeschlafen?«
    »Ich habe zwei Tüten Kekse gegessen. Zwei ganze Tüten!«
    Sie wusste, was das für Arthur bedeutete: der Super- GAU . Seit Wochen sparte er sich jede
Kalorie vom Mund ab, lief lange Umwege, um nicht teuflischen Versuchungen wie
Pommes, Pizza oder Schwarzwälder Kirschtorte zu erliegen.
    »Ich gehe nicht mehr nach Hause. Nie mehr.« Sein Ton war voller
Vorwurf, so als sei Maria an allem schuld.
    »Hast du geschlafen?«
    »Ein bisschen. Aber weißt du, wovon ich geträumt habe?«
    »Von Sabine, nehme ich mal an.«
    »Nein, schlimmer: von Pizza! Einer riesigen Pizza, die wie ein Ufo
über dem Rathausplatz schwebt und auf mich wartet. Quattro stagioni.«
    Maria schaute noch einmal zum Fenster hinaus. Lindnar war
verschwunden, sein Schatten mit ihm.
    »Scheint dich nicht zu interessieren, dass ich am Rand des Abgrunds
stehe«, klagte Arthur.
    »Im Moment haben wir hier wirklich andere Sorgen. Die Tochter von
Sarah Szeidel …«
    »Furchtbar, Roland hat es mir schon erzählt. Auch das von dem jungen
Mann, den ihr verdächtigt. Ich habe ihn eben gesehen, als er aus deinem Büro
raus ist. Vom Alter her könnte das glatt Eichendorff sein, als der in
Heidelberg war, ist dir das aufgefallen? Ein junger Student, das passt. Wobei
ich das mit dem Kind seltsam finde.«
    Arthur hatte irgendetwas auf Marias Schreibtisch entdeckt. Er starrte
darauf wie das Kaninchen auf die Schlange.
    »Aber vielleicht will er ja auch mehr als Rache. Die Geschichte
umschreiben. Er holt für Eichendorff nicht nur die hübsche Heidelbergerin,
sondern auch noch das passende Töchterchen dazu. Vater, Mutter, Kind. Er sehnt
sich nach einer Familie.« Arthur sagte es, ohne den Blick zu heben. »Übrigens
haben die Kollegen angerufen, die du wegen des Einbruchs in Lea Rinkners
Wohnung geschickt hast. Sie können nicht entdecken, dass etwas fehlt.«
    Er zeigte auf den Schreibtisch. Unter einer Aktenmappe schaute die
Ecke einer Gummibärchentüte hervor. »Kannst du das vielleicht wegschließen,
Maria? Da wäre ich dir sehr dankbar.«
    Ihr Handy klingelte. »Ja, Mooser?«
    Es war der Einsatzleiter in Handschuhsheim. Neuigkeiten. Endlich!
    Der Suchhund, ein bayrischer Schweißhund, dessen Geruchssinn so fein
war, dass er die Spur eines Menschen noch nach zwei Tagen aufnehmen konnte,
hatte sie im Ortskern auf den kleinen Platz vor der Tiefburg geführt.
    Das Tier war zielstrebig zum Tor der Burg gelaufen und vom Parkplatz
aus einige Meter in die Straße hinein, die um die Burg herumführte. Dann hatte
es die Spur wieder verloren.
    Das Burgtor war verschlossen, aber gleich würde jemand kommen, der
einen Schlüssel hatte.
    »Sie haben eine Spur!« Maria drehte sich zu Arthur um, aber der war
schon wieder verschwunden.
    Sie wartete, entsorgte die Gummibärchen, indem sie sie im
Schnelltempo aufaß.
    Julie Szeidel. Maria konnte an nichts anderes mehr denken als an das
kleine Mädchen. An Lindnar, von dem sie nicht wusste, ob sich hinter der
spöttischen Fassade nur ein sensibler junger Mann verbarg, der mit allen
Mitteln um die Aufmerksamkeit seines Vaters kämpfte, oder ob es ein Monster
war, das dahinter hauste.
    Ein netter junger Mann, der ein paar Gummibärchen anbot. Eine
hübsche Puppe. Kinder waren verführbar.
    Nach einer Viertelstunde hielt Maria es nicht mehr aus und fuhr nach
Handschuhsheim.
    Sie parkte den Wagen auf dem Platz vor der Tiefburg. Eine
Menschentraube hatte sich am Burgtor versammelt, Neugierige, Anwohner, man
wusste schließlich, dass die Polizei fieberhaft nach einem Kind suchte.
    Maria bahnte sich den Weg durch die Menge, trat in den Innenhof, wo
hinter den dicken Außenmauern das Wohnhaus der früheren Ritter von
Handschuhsheim lag.
    Sie war schon einige Male hier

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