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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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»Mit
den anderen beiden Briefen, einem weiteren Gedicht und der Münze, zeigt er auf
Sarah Szeidel, die nächste Frau, die angeblich dran ist. Das ist alles, was er
wirklich getan hat.«
    »Ein Mord, eine Morddrohung. Das reicht doch, oder nicht?«
    »Warum sagt er uns, dass er sich jetzt Sarah Szeidel holen will? Das
ist völlig idiotisch, weil es damit nahezu unmöglich wird, an sie
heranzukommen. Ich bin davon überzeugt, dass das nur einen Sinn hat: Wir sollen
genau dahin schauen, wo er hinzeigt. Wir sollen nicht zurückschauen, nicht zur
Seite, nirgendwo anders hin. Wir sollen uns voll und ganz auf Sarah Szeidel
konzentrieren, auf den nächsten möglichen Mord.«
    Langsam fing Maria an zu begreifen, um was es ihm ging.
    »Wir versuchen, Sarah Szeidel zu schützen«, fuhr er fort. »Ein
riesiger Personalaufwand. Wir analysieren die Gedichte, die er uns wie einen
Knochen hinwirft, beschäftigen uns mit Eichendorff, dem eleusischen Bund und
irgendwelchen zweihundert Jahre alten Liebesgeschichten, weil alle an den
irren, mordenden Versschreiber glauben.«
    »Sie meinen …«
    »Ich meine, dass diese ganze Dichtergeschichte und die Drohung, dass
er einer weiteren Frau etwas antun will, nur einen Zweck hat: Wir sollen
abgelenkt werden. Es ist ein einziger großer Bluff, sonst nichts!«
    Maria setzte sich, griff nach der Tüte, die sie aus dem Café
mitgebracht hatte und die immer noch unberührt auf Alsbergers Schreibtisch lag.
Sie holte das Croissant raus und biss hinein.
    Es war genau das, was ihr eben durch den Kopf gegangen war: Außer
dem Mord an Lea Rinkner war nichts geschehen. Zumindest nichts, was Hades
wirklich getan hatte. Sarah Szeidel war verunglückt, aber nur, weil sie in
Panik geraten war, nachdem sie das Gedicht gelesen hatte. So wie der ganze
Wirbel, den es um Julie gegeben hatte, nur Folge der Angst war, die Hades mit
seinen Briefen verbreitet hatte.
    »Es wird keinen weiteren Mord geben.« Alsberger schien sich absolut
sicher zu sein. »Denn es ging immer nur um Lea Rinkner. Sie musste sterben.
Aber nicht, weil es einen irren Serienkiller gibt, der sich seine Bräute holt.
Für ihren Tod gibt es einen anderen Grund.«
    »Und den kennen Sie wahrscheinlich auch.« Maria wischte sich ein
paar Krümel von der Jacke.
    »Die meisten Morde sind Beziehungstaten.«
    »Womit wir wieder bei Karel Lindnar wären.«
    »Nicht unbedingt.« Alsberger nahm die leere Tüte vom Schreibtisch,
knüllte sie zusammen und warf sie in den Papierkorb. »Es gibt noch andere Arten
von Beziehungen.«
    Maria kaute und grübelte. Sie verstand nicht, was das Orakel meinte.
Oder wollte es nicht verstehen.
    »Was würden Sie alles tun, damit Vera nicht mit nach Boston kommt?«,
fragte Alsberger.
    »Auf jeden Fall würde ich Vera nicht umbringen.«
    »Und wenn Sie Alkoholikerin wären und Vera der einzige Mensch, der
Ihnen noch etwas bedeutet? Wenn Sie völlig vereinsamt wären, Ihren Alltag nicht
in den Griff bekämen und Vera Ihnen mitteilen würde, dass sie vorhätte, Sie im
Stich zu lassen?«
    Maria schluckte den letzten Bissen hinunter.
    »Dann würde ich Sie umbringen, Alsberger. Dann hätte sich die Sache
mit Boston erledigt.«
    »Genau, Sie wären so wütend und verzweifelt, dass Sie einen Mord
begehen würden. Lea wollte auswandern. Garantiert war das der Grund, warum sie
Englisch gelernt hat. Sie wollte weg von hier. Kurt Rinkner hat das nicht
ertragen. Er konnte sie nicht gehen lassen.«
    »Sie lassen sich wohl nie von Ihrem Verdacht abbringen.«
    »Nicht, wenn ich richtigliege.«
    »Und der Einbruch in Lea Rinkners Wohnung? Wie erklären Sie den?«
    »Vielleicht ist Rinkner eingefallen, dass es einen Hinweis gibt, der
ihn als Täter entlarven könnte, und er hat Angst bekommen, dass wir den noch
entdecken.«
    »Rinkner ist aber im Krankenhaus«, entgegnete Maria.
    »Er muss ja nicht selbst in der Wohnung gewesen sein. Man kann für
alles jemanden kaufen. Auf jeden Fall sollten wir noch mehr Informationen über
Kurt Rinkner einholen. In seinem Umfeld ermitteln. Und ihn erneut vernehmen!«
    Alsberger schaute sie an, als erwarte er, dass sie sein Ansinnen
abblocken würde.
    »Also gut, sehen Sie zu, was Sie noch über Rinkner herausfinden
können. Dann wird sich zeigen, ob eine neue Vernehmung Sinn macht. Aber ich
will wissen, was läuft.«
    Wenn es keinen Wettstreit gab, dann wäre Alsbergers Theorie in der
Tat für all das, was passiert und was nicht passiert war, eine gute Erklärung.
Ein Bluff. Jemand, der versuchte,

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