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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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um die Hütte rum sind, sind sie fast in den Mann reingelaufen.«
    Alsberger legte das Blatt zur Seite.
    »Aber wenn Lea nicht in die Hütte gesehen hat, wie konnte sie dann
das Bild mit dem Mädchen malen?« Ein Hoffnungsschimmer tauchte auf seinem
Gesicht auf. »Das kann doch eigentlich nur heißen: Sie wusste Bescheid!«
    »Schon mal was von Phantasie gehört, Alsberger? Lea war doch nicht
blöd. Die Polizei war da, es wird alles Mögliche über die Entführung durch die
Medien gegangen sein. Lea wird es so gemalt haben, wie sie es sich vorgestellt
hat. Dalí hat auch nicht alles gesehen, was er auf die Leinwand gebracht hat.
Zum Glück, sonst würde jetzt unsere Uhr von der Wand tropfen.«
    Alsberger knurrte irgendetwas, dann nahm er das nächste Blatt, das
Protokoll von Leas Vernehmung.
    »So wie Lea diesen Mann beschrieben hat, passt das ungefähr auf
jeden zweiten um die fünfzig. Bei den Nachfragen endete es immer mit ›Ich weiß
nicht genau‹. Und das, wo sie sich doch angeblich so gut Gesichter merken kann.
Aber das finden Sie dann sicher auch nicht seltsam, oder?«
    »Nein. Bestimmt war sie aufgeregt«, entgegnete Maria. »Was hat das
andere Mädchen denn gesagt?«
    »Der Mann sei Anfang bis Mitte fünfzig gewesen, schlank,
mittelblonde, kurze Haare, Größe um die eins achtzig. Eventuell auch größer.«
    Das Phantombild war noch per Hand gezeichnet. Es zeigte einen Mann,
dem eines ganz gewiss fehlte: irgendein besonderes Merkmal.
    »Kommt der Ihnen bekannt vor?« Maria hielt Alsberger die Zeichnung
hin.
    Er beugte sich vor und betrachtete sie eingehend.
    »Tja. Ich weiß nicht so recht.«
    »Sieht der aus wie Kurt Rinkner?«
    Er hatte nicht die Spur einer Ähnlichkeit mit Rinkner. Aber Maria
wollte es gern noch einmal von Alsberger persönlich hören.
    Der starrte auf das Bild, so als müsse er auch noch den letzten
Strich und die letzte Schattierung prüfen, bevor er eine Antwort geben konnte.
    Es war so offensichtlich, dass er mit dem Wort kämpfte, dem einen
Wort, das hoffentlich alle leidigen Diskussionen über dieses Thema endgültig
beenden würde. Schließlich spuckte er es aus, leise und voller Widerwillen.
    »Nein.«
    »Na, da sind wir uns ja einig. Ich finde, der sieht eher aus wie der
Grossmann vom Rauschgiftdezernat.«
    Und ein klein wenig sah der Mann auf dem Bild aus wie Arno. Und
einer der Verkäufer auf dem Wochenmarkt in der Weststadt, der hatte auch
Ähnlichkeiten mit ihm.
    Damit hatten sie schon drei Verdächtige, die garantiert unschuldig
waren. Und sonst? Erinnerte es sie an noch jemanden? Maria bemühte sich, doch
es fiel ihr niemand mehr ein.
    Sie griff nach dem nächsten Blatt, einer Liste der Gegenstände, die
in der Hütte gewesen waren.
    Ein angebissenes Brötchen, eine leere Packung Capri-Sonne, eine
blaue Kinderjacke, eine rosafarbene Haarspange. Eine Rolle Toilettenpapier. Vor
der Hütte die Kappe eines Dosieraerosols, eingetreten in den Boden.
    »Ein Dosieraerosol … Alsberger, wissen Sie, was das ist?«
    Alsberger musterte immer noch die Zeichnung. Wahrscheinlich hätte er
gern den Bleistift gezückt und sie ein wenig korrigiert.
    »Ich glaube, das sind diese kleinen Inhalationsfläschchen. Eine
Tante von mir hat Asthma, die hat so ein Ding.«
    Maria stützte den Kopf in die Hände und schloss die Augen. Irgendwie
brummte es immer noch, aber deutlich schwächer als vorher. Wie eine Welle, die
sanft ans Ufer plätscherte. Mal wurde es ein wenig leiser, dann wieder lauter,
alles hinter dickem, zähem Nebel.
    Am liebsten hätte sie den Kopf wieder auf den Tisch gelegt. Sie war
todmüde.
    »Sind Sie sicher, dass das keine Schlaftabletten waren?«
    Wäre ja auch eine Methode, wenn man vorhatte, den Fall allein zu
lösen.
    »Nein, die Apothekerin hat gesagt, die sind gegen Schmerzen«, drang
es durch die Nebelwand.
    Es war, als würden ihre Lider zusammenkleben. Mühsam öffnete Maria
die Augen. »Ich brauche noch einen Kaffee.«
    Sie stand auf und ging zu Arthur.
    Er schaute sie besorgt an, als sie in sein Büro kam.
    »Und, den Schreck überstanden? Wie geht es dir?«
    »Wenn man diese Akte liest, kann es einem nur schlecht gehen.
Außerdem versucht Alsberger, mich zu vergiften.«
    »Vielleicht solltest du doch lieber nach Hause gehen. Und auf die
Stelle an der Stirn solltest du unbedingt etwas drauftun.«
    »Ist schon in Ordnung. Ich brauche nur einen Kaffee.«
    Arthur griff nach der Kanne und schenkte ihr nach.
    »Soll ich dir in der Apotheke noch etwas holen für deine

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