Kurs auf Spaniens Kueste
erwartet werden, was sie geladen haben und so weiter. Das gilt sogar für die Galeonen, nehme ich an?«
»Gewiß könnte ich das«, antwortete Stephen, »falls ich den Spion spielen wollte. Wie seltsam und scheinbar unlogisch ist es doch, nicht wahr, daß man mit gutem Recht und ganz selbstverständlich von den Feinden der Sophie spricht, daß es aber ohne Zweifel unrecht, unehrenhaft und taktlos wäre, von ihren Opfern zu sprechen?«
»Ja«, sagte Jack und gab die Hoffnung noch nicht auf. »Der Krieg hat eben seine eigenen Gesetze. Aber was erzählen Sie da von einem Kriegsschiff? Was für ein Typ? Mit wie vielen Kanonen? Und wo liegt es?«
»Es heißt Cacafuego.«
»Cacafuego? Cacafuego? Nie gehört. Na, dann kann es wenigstens kein Linienschiff sein. Wie ist es getakelt?«
Stephen zögerte. »Ich muß gestehen, daß ich danach nicht gefragt habe. Doch wurde mir sein Name mit großer Genugtuung genannt, und daraus schließe ich, daß es eine gewaltige Kampfmaschine ist.«
»Na, dann müssen wir ihm eben aus dem Weg gehen. Und weil sie nun unser Äußeres kennen, sollten wir uns tarnen. Es ist erstaunlich, was ein neuer Anstrich und ein Relingskleid alles bewirken können, oder auch nur eine auffällig geflickte Fock oder eine geschiente Maststenge — übrigens, man hat Ihnen doch schon berichtet, warum wir gezwungen waren, Sie an Land zurückzulassen?«
»Ich hörte von zwei Fregatten und einem Amerikaner, den Sie geentert haben.«
»Ja, das kam alles höchst ungelegen. Auf dem Amerikaner waren keine irischen Flüchtlinge versteckt — Dillon hat ihn fast eine Stunde lang durchsucht. Mir war das nur recht, denn ich weiß ja von Ihnen, daß die United Irishmen im Grunde anständige Leute sind, viel besser als diese anderen Burschen, deren Bezeichnung ich immer vergesse.«
»United Irishmen? Wie ich es verstanden habe, handelte es sich um Franzosen. Die Leute haben mir erzählt, der Amerikaner sei nach ein paar Franzosen durchsucht worden.«
»Sie gaben sich nur als Franzosen aus. Das heißt, falls sie überhaupt an Bord gewesen wären. Deshalb habe ich Dillon hinübergeschickt, der so gut Französisch spricht. Aber sie waren gar nicht an Bord. Wenn Sie mich fragen, war alles nur heiße Luft. Aber Dillon ist seither ganz verändert und seltsam durcheinander. Wahrscheinlich war er sehr erpicht darauf, sie zu schnappen; oder es hat ihn mächtig enttäuscht, daß unsere Unabhängigkeit beschnitten wurde. Jedenfalls ist er seither wie von Sinnen ... Aber ich will Sie damit nicht langweilen. Haben Sie auch von den Gefangenen gehört?«
»Daß die Fregatten so freundlich waren, Ihnen fünfzig von ihren eigenen Gefangenen zu überlassen?«
»Von wegen freundlich! Es geschah nur zu ihrer eigenen Bequemlichkeit und überhaupt nicht zum Wohl der Marine. Ein ganz schäbiger, schamloser Coup!« Die Erinnerung brachte Jack so in Rage, daß seine Augen hervorquollen. »Aber ich habe sie reingelegt. Sowie wir mit dem Amerikaner fertig waren, suchten wir die Amelia , berichteten über unseren Mißerfolg und kündigten an, daß wir uns wieder trennen würden. Ein paar Stunden später, der Wind stand günstig, setzten wir alle Gefangenen auf Dragon Island aus.«
»Bei Mallorca?«
»Richtig.«
»War das nicht riskant? Wird man Sie dafür nicht belangen — vor ein Kriegsgericht stellen?«
Jack verzog das Gesicht und klopfte auf Holz. »Bitte, nehmen Sie dieses gräßliche Wort nie wieder in den Mund. Es nur zur hören verdirbt mir schon den Tag.«
»Aber werden Sie nicht Ärger bekommen?«
»Nicht, wenn ich in Mahón mit einer fetten Prise im Kielwasser einlaufe«, lachte Jack. »Falls uns der Wind nicht im Stich läßt, haben wir gerade noch Zeit, uns vor Barcelona auf die Lauer zu legen. Das habe ich mir schon lange in den Kopf gesetzt, wissen Sie? Zwei- oder dreimal können wir noch zuschlagen, wenn wir schnell sind, dann müssen wir mit allem, was uns vielleicht in die Hände fällt, nach Mahón zurückkreuzen. Noch eine Prisencrew kann ich bei dieser ausgedünnten Besatzung nicht entbehren. Und wir können auch nicht viel länger auf See bleiben, wenn wir nicht unsere Stiefel aufessen wollen.«
»Trotzdem ...«
»Machen Sie kein so besorgtes Gesicht, lieber Doktor. Niemand hat uns befohlen, wo wir sie absetzen sollten, in dieser Hinsicht gab es überhaupt keine Anweisungen. Und natürlich rechne ich das Kopfgeld entsprechend ab. Außerdem bin ich gedeckt: Alle meine Offiziere stimmten offiziell mit mir darin
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