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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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linkisch da, plötzlich schüchtern und verlegen. »Da wäre meiner Tante Slopers George — George Lucock, Vortoppgast in der Backbordwache. Der ist unheimlich gelehrt und schreibt wie gestochen, so klein, daß man's fast nicht erkennen kann. Er ist auch jünger als ich und viel, viel flinker.«
    »Lucock?« fragte Jack skeptisch. »Der ist doch noch ein halbes Kind. Wurde er nicht letzte Woche ausgepeitscht?«
    »Jawohl, Sir. Aber das war bloß, weil seine Kanone wieder gewonnen hatte. Da konnte er kein Spielverderber sein und mußte mittrinken, sonst hätte er den Spender beleidigt.«
    »Na gut«, sagte Jack und überlegte, ob es nicht bessere Preise gab als eine Flasche Rum (obwohl keiner willkommener war). »Ich werde ihn im Auge behalten.«
    Der Nachwuchs fürs Offizierskorps beschäftigte ihn auch noch, als die Sophie mühsam in die Bucht kreuzte. »Mr. Babbington«, sagte er, plötzlich in seiner Wanderung innehaltend. »Nehmen Sie die Hände aus den Taschen. Wann haben Sie zum letzten Mal nach Hause geschrieben?«
    Mr. Babbington war in einem Alter, in dem jede Frage Schuldbewußtsein auslöst, und die des Kommandanten empfand er als berechtigten Vorwurf. »Das weiß ich nicht, Sir«, antwortete er errötend.
    »Dann denken Sie nach, Sir, denken Sie nach.« Jacks leutseliges Gesicht bewölkte sich unwillkürlich. »Von welchem Hafen haben Sie den Brief abgeschickt — von Mahón, Livorno, Genua, Gibraltar? Na ja, wie dem auch sei ...« Auf dem fernen Strand war keine dunkle Gestalt zu erkennen. »Wie dem auch sei. Schreiben Sie jetzt einen ausführlichen Brief, zwei Seiten lang, mindestens. Und legen Sie ihn mir morgen mit Ihren täglichen Standortberechnungen vor. Richten Sie Ihrem Vater eine Empfehlung von mir aus, und sagen Sie ihm, meine Bank ist Hoares.« Wie die meisten Kommandanten streckte Jack nämlich das Taschengeld für die Eltern seiner Kadetten vor. »Hoares«, wiederholte er zerstreut noch einige Male, »mein Bankhaus heißt Hoares.« Ein halb unterdrücktes, gurgelndes Krächzen ließ ihn herumfahren. Da klammerte sich Jung-Ricketts ans Großfall und krümmte sich vor Anstrengung, ein Auflachen zu unterdrücken, was ihm nur schlecht gelang. Doch Jacks kalter, stechender Blick schaffte dies im Nu. Auf die Frage: »Und Sie, Mr. Ricketts, haben Sie kürzlich an Ihre Eltern geschrieben?« konnte er schon »Nein, Sir« antworten, mit einer Stimme, die fast nicht mehr zitterte. »Dann tun Sie gleichermaßen: zwei Seiten in kleiner Schrift — und ohne die übliche Bitte um neue Quadranten, litzenbesetzte Hüte oder Degengurte«, befahl Jack.
    Und ein Schutzengel sagte Jung-Ricketts, daß jetzt nicht der rechte Zeitpunkt für einen Widerspruch war, für einen Hinweis, daß sein liebender Vater, sein einziger Elternteil, mit ihm täglichen, sogar stündlichen Kontakt hatte. Tatsächlich war sich jeder an Deck bewußt, unter welcher Anspannung der Kommandant stand. »Goldilocks macht sich fast in die Hose wegen unserem Doktor«, hieß es. »Wahrschau vor Blitz und Donner.« Und als die Hängematten verstaut wurden, schlichen die Matrosen, die ihre in die Finknetze des Steuerbord-Achterdecks stopfen mußten, ängstlich an ihm vorbei; einer, der nach dem Kommandanten, dem Quartermaster und den Treppenstufen schielte, alles zur gleichen Zeit, fiel sogar der Länge nach hin.
    Aber Goldilocks war nicht der einzige, der sich um den Doktor sorgte, bei weitem nicht, und als Stephen Maturin endlich gesichtet wurde, wie er aus dem Wald trat und auf die Jolle zuschritt, gab es von der Kuhl bis zum Bug ein kollektives Aufatmen.
    »Da ist er!« riefen die Männer an der Reling, jede Disziplin in den Wind schlagend. »Hurra!«
    »Was bin ich froh, Sie zu sehen«, rief Jack aus, als Stephen sich an Bord gehangelt hatte, geschoben und gehoben von vielen wohlmeinenden Händen. »Wie geht es Ihnen, mein Lieber? Kommen Sie gleich mit mir frühstücken, ich habe eigens auf Sie gewartet. Wie ist das werte Befinden? Lustig und munter, hoffe ich, kregel und gesund?«
    »Danke, es geht mir gut«, antwortete Stephen, der tatsächlich nicht ganz so leichenblaß aussah wie sonst, weil ihn die unverhohlene Herzlichkeit, mit der er empfangen wurde, erröten ließ. »Ich werfe nur noch einen Blick in mein Lazarett, dann teile ich mit größtem Vergnügen den Frühstücksschinken mit Ihnen. Guten Morgen, Mr. Day. Nehmen Sie bitte den Hut ab. Sehr schön, sehr sauber verheilt. Sie gereichen uns zur Ehre, Mr. Day. Aber noch keine

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