Kurs auf Spaniens Kueste
unterwegs von Toulon nach Cadiz. In ihrem Kielwasser segelte der Rest des Geschwaders: die Indomptable , ebenfalls mit achtzig Kanonen und dem Kommandanten Kapitän Moncousu, die Desaix mit vierundsiebzig Kanonen und dem Kommandanten Kapitän Christy-Palliere (einem hervorragenden Seemann); und schließlich die Muiron , eine Fregatte von achtunddreißig Kanonen, die bis vor kurzem der Republik von Venedig gehört hatte.
»Wir wollen auf Land zuhalten und nachsehen, was da los ist«, sagte der Admiral, ein kleines, dunkles, rundköpfiges Energiebündel in roter Hose, ganz der erfahrene Seemann. Kurz darauf stiegen farbige Signallaternen zum Besantopp auf. Eines nach dem anderen wendeten die Schiffe mit einer effizienten Lautlosigkeit, die jeder Marine der Welt zur Ehre gereicht hätte; ihre Besatzungen kamen hauptsächlich aus dem Rochefort-Geschwader und waren erstklassige Matrosen, die von tüchtigen Berufsoffizieren kommandiert wurden.
Über Backbordbug und mit halbem Wind liefen sie auf die Küste zu, brachten das Tageslicht mit, und als man sie von Deck der Sophie aus sah, wurden sie zunächst mit Jubelrufen begrüßt. Nach langem, anstrengendem Pullen hatten die Boote gerade die Slup erreicht, deshalb wurden die französischen Kriegsschiffe nicht so früh gesichtet, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre. Aber gesichtet wurden sie, und das rechtzeitig genug, um jeden Mann Hunger, Müdigkeit, Kälte, Nässe und seine schmerzenden Muskeln vergessen zu lassen. Sofort lief das Gerücht durch die Decks: »Unsere Schatzschiffe sind da!« Mit dem ganzen Reichtum der Karibik, Neuspaniens und Perus — mit Goldbarren als Ballast. Seit die Leute von Jacks Geheiminformationen über die spanische Schiffahrt wußten, war das Gerücht von den Schatzschiffen kursiert, und nun sahen sie es bestätigt.
Die prächtige Feuersäule züngelte immer noch vor der Hügelkulisse, wenn auch etwas blasser, weil es im Osten tagte; aber niemand beachtete sie mehr, denn alle machten voll freudigen Eifers klar zur Verfolgungsjagd. Sooft ein Mann von seiner Arbeit aufsah, warf er gierige, entzückte Blicke auf die drei oder vier Meilen entfernte Desaix und auf die Formidable , die jetzt ein ganzes Stück achteraus segelte.
Es war schwer zu sagen, wann diese freudige Erregung in Entsetzen umschlug. Jedenfalls berechnete der Steward immer noch die Kosten für die Kneipe an der Hunstanton Road, die er sich für seinen Prisenanteil kaufen wollte, als er dem Kommandanten auf dem Achterdeck einen Becher Kaffee brachte und ihn sagen hörte: »Wir sind in einer verteufelten Lage, Mr. Dalziel.« Da endlich fiel ihm auf, daß die Sophie nicht länger auf die vermeintlichen Galeonen zuhielt, sondern, so schnell sie konnte, vor ihnen floh, hart angebraßt, alle Segel gesetzt, Bonnets und Blinde inklusive.
Zu diesem Zeitpunkt stand die Desaix schon mit dem Rumpf über der Kimm und die Formidable ebenfalls. Hinter dem Flaggschiff zeigten sich die Masttoppen und die Bramsegel der Indomptable , und einige Meilen seewärts, in Luv von ihr, lugten die Toppen der Fregatte gerade über den Horizont. Ja, es war eine verteufelte Lage für die Sophie . Doch immerhin besaß sie den Luv-Vorteil, die Brise war launisch, und man konnte die Slup mit etwas Glück für eine unwichtige Handelsbrigg halten — ein Fahrzeug, das ein vielbeschäftigtes Geschwader nicht länger als eine Stunde interessieren würde. Deshalb befanden sie sich nicht in unmittelbarer Gefahr, folgerte Jack und ließ sein Fernglas sinken. Aus dem Verhalten der Vordecksgang auf der Desaix , ihrer keinesfalls außergewöhnlichen Segelfläche und aus zahllosen anderen Kleinigkeiten zog er das Resümee, daß sie nicht den Eindruck eines ernsthaft zur Jagd entschlossenen Verfolgers machte. Aber dennoch — wie elegant sie dahinglitt! Ihr leichter, hoher, voller Bug und ihre wunderschön geschnittenen, flachen und prallen Segel zogen sie geschmeidig über die Seen, ein Vollblut wie die britische Victory . Und sie wurde hervorragend gehandhabt: Wie auf einem ins Wasser gegrabenen, schnurgeraden Pfad segelte sie dahin. Er hoffte, ihren Kurs kreuzen zu können, bevor sie ihre Neugier über das Feuer an Land gestillt hatte, und sie so lange zum Narren zu halten, bis sie aufgab — bis der Admiral sie schließlich zurückrufen ließ.
»An Deck«, rief Mowett vom Ausguck herab. »Die Fregatte hat das Postschiff genommen.«
Jack nickte und schwenkte das Glas zu der unseligen Ventura hinüber, dann
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