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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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Händen, an Steuerbord bei ihrer Bronzekanone stehen. Mit sorgenvollen, fast furchtsamen Gesichtern warteten sie auf das nächste Rollen des Schiffes. Als es kam, hievten sie ihr auf Hochglanz poliertes Stück vorsichtig übers Schanzkleid — warfen ihre schöne Nummer vierzehn in die See. Sie klatschte genau in dem Moment ins Wasser, als eine Kugel aus der Bugkanone der Desaix keine zehn Meter entfernt eine hohe Fontäne aufwarf. Von da an flogen die nächsten Kanonen schneller und mit weniger Zeremoniell über Bord: Vierzehnmal spritzte die See unter dem Gewicht von jeweils einer halben Tonne auf. Anschließend flogen auch die schweren Lafetten über die Reling, und zurück blieben gekappte Broktaue und leere Haken zu beiden Seiten der gähnenden Stückpforten — ein Bild des Jammers.
    Stephens Blick wanderte erst nach vorn, dann nach achtern, und schließlich begann er, ihre Lage zu begreifen. Mit gespitzten Lippen zog er sich an die Heckreling zurück. Von so viel Gewicht über der Wasserlinie befreit, wurde die Sophie von Minute zu Minute schneller; sie segelte auch aufrechter, krängte weniger am Wind.
    Die nächste Kugel der Desaix durchschlug das Großbramsegel, aber die beiden folgenden fielen zu kurz. Es blieb noch Zeit für Manöver — für viele Manöver. Vor allem, sagte sich Jack, wäre es sehr überraschend, wenn die Sophie nicht doppelt so schnell wenden könnte wie der Vierundsiebziger. »Mr. Dalziel«, verkündete er, »wir wenden und gehen danach gleich wieder zurück auf den alten Kurs. Mr. Marshall, fallen Sie etwas ab, und nehmen Sie tüchtig Fahrt auf.« Es wäre verhängnisvoll gewesen, wenn die Sophie sich bei ihrer zweiten Wende mangels Schwungs festgefahren hätte. Sie war normalerweise kein Leichtwindsegler und gab ihr Bestes erst, wenn die Bramsegel mindestens einmal gerefft waren und starker Seegang herrschte.
    »Klar zur Wende ...« Die Signalpfeife zwitscherte, die Slup luvte an, ging durch den Wind und nahm über Steuerbordbug erneut Fahrt auf. Ihre Halsen und Schoten standen schon wieder straff wie Harfensaiten, ehe der große Vierundsiebziger seine Wende auch nur eingeleitet hatte. Doch dann begann die Desaix , durch den Wind zu drehen: Ihre Segel killten, die Rahen schwangen herum, die gewürfelte Reihe der Stückpforten wurde sichtbar. Jack sah im Fernglas, daß die erste Breitseite gleich kommen würde, und rief: »Sie gehen jetzt besser unter Deck, Doktor.«
    Stephen gehorchte, begab sich aber in die Achterkajüte; dort reckte er den Kopf aus einem Heckfenster und sah, wie sich die Bordwand der Desaix vom Bug bis zum Heck in Rauchwolken hüllte, vielleicht fünfzehn Sekunden nachdem die Sophie ihre Rückwende begonnen hatte. Die schwere Breitseite, neunhundertachtundzwanzig Pfund Eisen, fiel querab an Steuerbord in einem breiten Fächer ins Wasser: zu kurz bis auf zwei sechsunddreißiger Kugeln, die durch ihr Rigg heulten, eine Spur gekappten, flatternden Tauwerks hinterlassend. Einen Augenblick schien es, als käme die Sophie nicht durch den Wind, als würde sie hilflos wieder zurückfallen und sich der nächsten, diesmal gewiß besser gezielten Breitseite aussetzen. Aber ein gnädiger kleiner Windstoß in ihren backgesetzten vorderen Stagsegeln drückte den Bug herum, bis sie wieder auf ihrem alten Kurs lag und Fahrt aufnehmen konnte, noch ehe die mächtigen Rahen der Desaix angebraßt waren — bevor sie ihr Wendemanöver ganz vollendet hatte.
    Damit hatte die Slup etwa eine Viertelmeile Vorsprung gewonnen. Aber noch einmal läßt er mir das nicht durchgehen, dachte Jack.
    Die Desaix segelte wieder über Backbordbug und holte auf. Und die ganze Zeit feuerten ihre Jagdkanonen vorn mit beachtlicher Regelmäßigkeit und Zielsicherheit, trafen immer besser, je mehr der Abstand schrumpfte, verfehlten Sophies Segel nur knapp oder streiften sie sogar. Dadurch zwangen sie die Slup zum Hakenschlagen, wobei sie jedesmal etwas Fahrt verlor. Die Formidable lag auf dem anderen Bug, um die Sophie am Ausbrechen zu hindern, und die Indomptable lief nach Westen und erfüllte in einer halben Meile Abstand die gleiche Aufgabe. So bildeten Sophies Verfolger hinter ihr eine breite Front und kamen schnell auf, während sie schräg vor ihnen davonlief. Schon hatte das Achtzig-Kanonen-Flaggschiff leicht gedreht, um auf diese nicht ganz aussichtslose Distanz eine Breitseite abzufeuern. Die grimme Desaix tat bei jedem ihrer kurzen Schläge das gleiche. Sophies Bootsmann und seine Gang waren vollauf

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