Kurs auf Spaniens Kueste
Sir.«
»Dann wollen wir endlich segeln. Riemen ein und alle Mann zum Segelsetzen.«
Der Bootsmann rannte zum Vorschiff und blies das entsprechende Signal auf seiner Trillerpfeife, womit er allgemeines Gerenne und lautes Gebrüll auslöste.
»Die Neulinge unter Deck! Ruhe an Bord!« Noch einmal gab es ein kurzes Durcheinander, dann stand die reguläre Besatzung der Sophie abwartend und in gespanntem Schweigen auf ihren gewohnten Manöverstationen. Von der eine Kabellänge entfernten Généreux klang eine Stimme herüber, die klar und deutlich feststellte: »Die Sophie setzt Segel.«
Vom Seegang leise gewiegt, lag die Brigg vor dem Hafen Mahón und hatte die anderen Schiffe an Steuerbord querab oder achteraus, mit der in der Sonne leuchtenden Stadt dahinter. Die raume Backbordbrise, ein leichter Norder, drückte ihr Heck etwas herum. Jack wartete, und als sie genau richtig lag, rief er: »Toppgasten aufentern!« Die Bootsmannspfeifen wiederholten den Befehl, und sofort waren die Wanten schwarz von Männern, die daran so schnell hinaufkletterten, als hätten sie bequeme Treppen vor sich.
»Legt aus! Losbinden!« Wieder die Trillersignale, dann balancierten die Toppgasten auf den Fußpferden der Rahen nach außen. Sie lösten die Zeisinge — Leinen, mit denen die Segel eng an die Rahen gebunden waren —, hielten das gefaltete Tuch mit beiden Armen fest und warteten.
»Laß fallen!« kam der Befehl und wurde durch das schrille »Piep-piep, Piep-piep« der Trillerpfeifen nach oben weitergegeben. Die großen Tücher sanken von ihren Rahen herab.
»Schoten dicht, Schoten dicht! Hievt, Leute, hievt. Tempo, Tempo, ihr im Vortopp, schlaft nicht ein! Setzt endlich die Bramschoten durch. An die Brassen! Und belegen!«
Ein kleiner Schubs im Rigg ließ die Sophie leicht krängen. Ihm folgten weitere Windstöße, jeder energischer als der letzte, bis schließlich ein kraftvolles, stetiges Schieben daraus wurde. Die Brigg nahm Fahrt auf, das Wasser floß murmelnd an ihrer Bordwand ab und begann schließlich munter zu singen. Jack und sein Erster wechselten zufriedene Blicke. Es war nicht schlecht gelaufen, auch wenn das Trimmen des Vorbramsegels etwas länger gedauert hatte; schuld daran war ein kurzer, heftiger Streit auf der Rah gewesen, eine Meinungsverschiedenheit darüber, wer nun ein Neuling war und wer nicht und ob den sechs zurückgekehrten Sophies diese beleidigende Bezeichnung gebührte. Auch waren die Schoten zu ruckartig dichtgeholt worden. Doch alles in allem hatten sie sich nicht blamiert und den Spott der im Hafen zurückbleibenden Besatzungen herausgefordert. Im Durcheinander des Vormittags hatte Jack einige Male genau das befürchtet.
Die Sophie breitete ihre Flügel aus. Wenn sie dabei auch mehr an eine gemütliche Taube als an einen schneidigen Falken erinnerte, so bot sie doch insgesamt kein so schlechtes Bild, daß sachkundige Augen mit Mißbilligung auf ihr geruht hätten. Und für die ahnungslosen Landratten war das ständige Kommen und Gehen der Schiffe vor Mahón schon so langweilig geworden, daß sie mit dem glasigen Blick der Gleichgültigkeit über das Auslaufen der Sophie hinwegsahen.
»Verzeihen Sie, Sir«, sagte Stephen Maturin zu einem Marineoffizier am Kai und tippte grüßend an seinen Hut, »können Sie mir sagen, welches das Schiff namens Sophia ist?«
»Ein Schiff des Königs, Sir?« Der Offizier erwiderte den Gruß. »Ein Kriegsschiff? Ich kenne hier keines dieses Namens. Aber vielleicht meinen Sie die Kanonenslup, Sir? Die Brigg Sophie ?«
»So wird es sein, Sir. Was Marinedinge betrifft, bin ich von einer erschreckenden Ahnungslosigkeit. Das fragliche Fahrzeug wird von Captain Aubrey kommandiert.«
»Ganz recht, Sir. Das ist die Sophie , eine Slup von vierzehn Kanonen. Sie liegt fast direkt vor Ihnen, in der Peilung zu dem kleinen weißen Haus auf der Landzunge.«
»Das Schiff mit den dreieckigen Segeln?«
»Nein, das ist eine Polacca. Mehr nach links und weiter draußen.«
»Der kleine niedrige Frachter mit den zwei Masten?«
»Na ja«, der Offizier lachte, »sie liegt wirklich etwas tief im Wasser. Aber ich versichere Ihnen, daß sie ein Kriegsschiff ist. Und ich glaube sogar, sie setzt gerade die Segel. Richtig, da sind die Marssegel. Schon geschotet. Jetzt brassen sie die Rahen an. Und jetzt nur noch das Vorbramsegel. Was klappt da nicht? Ah, endlich geschafft. Das war nicht gerade ein Ruhmesblatt, aber Ende gut, alles gut. Unsere Sophie war noch nie eine der
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