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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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würden, sobald der Ladebaum die Kanone an Deck setzte. Jack winkte auffordernd und rief: »Sinnig, sinnig!« Sonst war es auf der Sophie totenstill. Die Zuschauer an Deck gaben keinen Mucks von sich, selbst die Eimerträger, die den Zuber füllten, und die Menschenkette, die den Strom der Zwölf-Pfund-Kugeln vom Lager zur Bordwand und von dort in die Kugellast weiterreichte, hielten gespannt inne. Die Kanone berührte die Planken, saß auf. Ein tiefes, aber kein ominöses Knarren ertönte, und die Sophie sackte vorne etwas tiefer. »Prächtig.« Jack musterte zufrieden die Kanone, die genau in ihrem Kreidekreis stand. »Und noch eine Menge Luft drum herum, so viel wie auf ’nem Tanzplatz, denke ich.« Er wich einen Schritt zurück. Aus Furcht, er könnte umgetreten werden, kollidierte der Stückmeistersgehilfe in Jacks Rücken mit seinem Hintermann und dieser wiederum mit seinem Nachbarn, wodurch auf dem überfüllten Dreieck des Vorschiffs eine Kettenreaktion wie unter Dominosteinen entstand. Das Ergebnis waren ein verletzter und ein fast über Bord gegangener Schiffsjunge. »Wo ist der Bootsmann?« rief Jack. »Also, Mr. Watt, nun lassen Sie mich mal sehen, wie Sie die Taljen aufriggen. Sie brauchen einen Knebelstropp mit Kausch auf dieser Kranflasche. Wo ist das Broktau?«
    »Fast fertig, Sir«, keuchte der schwitzende Bootsmann. »Ich mache den Spleiß selber.«
    »Gut.« Jack rannte zum achteren Ladebaum, an dem der zweite Zwölfpfünder über Sophies Hüttendeck hing, als wolle er im nächsten Augenblick durch sämtliche Decks krachen und den Schiffsboden durchschlagen. »Scheuchen Sie diese Männer gefälligst an ihre Arbeit, Mr. Lamb. Wir sind hier nicht auf einem Dorftanzplatz.« Wieder sah er auf seine Uhr. »Mr. Mowett!« Beim Klang seines Namens wurde das bisher unbeschwerte Gesicht eines jungen Mastersgehilfen plötzlich ernst und aufmerksam. »Mr. Mowett, kennen Sie Joselitos Kaffeehaus?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Dann gehen Sie dorthin, und fragen Sie nach Dr. Maturin. Richten Sie ihm meine Grüße aus, und es täte mir außerordentlich leid, daß wir bis zum Mittagessen nicht wieder im Hafen sein werden. Aber ich lasse ihn abends mit einem Boot abholen, wann immer er es wünscht.«
    Um die Mittagszeit hatte die Sophie den Hafen noch nicht einmal verlassen, sondern wurde gravitätisch durch die vielen Ankerlieger zum freien Fahrwasser gewarpt. Ein kleines Schiff mit großer Besatzung bot den einen Vorzug, daß man damit Manöver ausführen konnte, die kein schwerfälliges Linienschiff geschafft hätte. Jack ließ die Brigg lieber mühsam hinauswarpen, als im Schlepp oder unter Segeln durch die überfüllte Reede zu kreuzen, was die uneingespielte, durch Neuzugänge verunsicherte Besatzung überfordert hätte.
    Im freien Fahrwasser ließ er sich als erstes rund um die Sophie rudern und studierte sie von allen Seiten. Gleichzeitig überlegte er die Vor- und Nachteile, die es mit sich brächte, wenn er die Frauen von Bord jagen ließe. Während die Männer beim Essen saßen, mußten sie leicht aufzuspüren sein: nicht nur die einheimischen Mädchen, denen es lediglich um ein kleines Abenteuer und ein wenig Taschengeld ging, sondern auch die eingesessenen Hafendirnen. Wenn er das Schiff jetzt gleich durchsuchen ließ und dann noch einmal kurz vor ihrem endgültigen Auslaufen, bekam er wahrscheinlich alle zu lassen. Jack wollte keine Frauen an Bord. Sie machten nur Ärger, besonders bei einem so hohen Anteil an Neuzugängen. Andererseits war ihm eine gewisse Laxheit und Lustlosigkeit unter den Männern nicht entgangen. Daraus sollte kein mürrischer Trotz werden, besonders nicht an diesem Nachmittag. Seeleute, das wußte er nur zu gut, waren so konservativ wie Katzen. Sie ertrugen unglaubliche Anstrengungen und Härten, von Gefahren ganz zu schweigen, aber es mußten die gewohnten Belastungen sein, sonst wurden sie aufsässig.
    Tatsächlich, die Sophie lag sehr tief im Wasser, war ein bißchen kopflastig und hatte leichte Schlagseite nach Backbord. Dieses ganze Zusatzgewicht wäre unterhalb der Wasserlinie viel besser aufgehoben gewesen, überlegte Jack. Aber er mußte abwarten, wie sich das Schiff handhaben ließ.
    »Soll ich die Leute zum Essen schicken, Sir?« fragte James Dillon, als Jack an Bord zurückkehrte.
    »Noch nicht, Mr. Dillon. Wir müssen den günstigen Wind nutzen. Sobald wir das Vorland gerundet haben, können sie essen. Die Zwölfer sind gut verzurrt und gesichert?«
    »Jawohl,

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