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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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ungeduldig. »Ist die Trosse ums Ankerspill gelegt?«
    »Trosse ist klar«, kam nach einer kleinen Pause die Antwort.
    »Dann hievt!«
    Die Trosse war im Schwerpunkt der Rah befestigt und danach an ihr entlang sechsmal festgebändselt worden, bis sie fast an der Steuerbordnock nach oben führte, hinauf zu einem Block im Großmasttopp der Sophie . Von dort lief sie wieder hinunter zu einem zweiten Block an Deck und schließlich zum Ankerspill. In dem Maß, wie sich nun das Ankerspill drehte, hob sich die Rah aus dem Wasser, erst schräg, dann in immer größerem Winkel, bis sie schließlich senkrecht stand und vorsichtig durch Wanten und Stagen nach oben gefädelt werden konnte.
    »Kappt das äußere Bändsel«, befahl Jack.
    Die erste Lasching fiel, und die Rah neigte sich ein wenig, jetzt von der zweiten Lasching gehalten. In dem Maß, wie die nächsten Bändsel gekappt wurden, sank die Rah in die Waagrechte und hing schließlich ordentlich an ihrem Platz.
    »Die paßt auf keinen Fall, Captain Aubrey«, rief Mr. Brown von der Werftpier durch sein Sprachrohr herüber, die Stille des Abends störend. »Sie ist viel zu groß und wird mit Sicherheit von oben kommen. Sie müßten beide Endstücke absägen und noch das dritte Viertel bis zur Hälfte.«
    Wie ein überdimensionaler Waagebalken hing die Rah am Großmast und sah wirklich viel zu lang aus.
    »Steckt die Läufer an«, befahl Jack. »Nein, weiter innen, auf halbem Weg zum zweiten Viertel. Und jetzt fiert die Trosse, fiert weg, fiert weg.« Die Rah sank an Deck herab, und der Zimmermann eilte um sein Werkzeug. »Und Sie, Mr. Watt«, sagte Jack zum Bootsmann, »riggen mir jetzt die Brassenschenkel auf, ja?«
    Der Bootsmann öffnete schon den Mund zum Protest, besann sich aber eines Besseren und machte sich an seine Arbeit.
    Überall, wo es mit rechten Dingen zuging, wurden die Brassenschenkel erst nach den Leitwagen, nach den Nockpferden, nach den Toppnanten aufgeriggt, und keines davon jemals, bevor das Nockband, das sie alle hielt, am Ende der Rah angebracht war. Der Zimmermann kam mit Säge und Meßlatte.
    »Haben Sie einen Hobel dabei, Mr. Lamb?« fragte Jack. »Macht nichts, Ihr Gehilfe holt Ihnen einen. Jetzt entfernen Sie die Halter für die Leesegelspieren, und passen Sie das Nockband weiter innen an, Mr. Lamb. Hier.«
    Verblüfft starrte Lamb ihn an, bis er begriff, was der Kommandant beabsichtigte; dann hobelte er die Endstücke der Rah vorsichtig dünner und schälte Span um Span ab, bis das frische weiße Holz einen Durchmesser hatte, der einem Half-Penny-Krapfen entsprach.
    »Das reicht«, sagte Jack. »Hievt sie wieder nach oben, und braßt sie im rechten Winkel zum Kai an. Mr. Dillon, ich muß an Land. Schaffen Sie die Kanonen zurück ins Zeugamt, und segeln Sie im Fahrwasser auf und ab, bis ich wiederkomme. Wir müssen noch vor dem Abendschuß auslaufen. Ach ja, Mr. Dillon, und schaffen Sie mir die Frauen von Bord.«
    »Alle, Sir?«
    »Alle ohne Trauschein. Alle Dirnen. Im Hafen sind Dirnen kolossal, aber auf See ein Übel.« Er erinnerte sich an etwas, rannte in seine Kajüte zurück und kam gleich darauf wieder, einen Briefumschlag in seine Tasche stopfend. »Noch einmal zur Werft«, rief er und sprang ins Boot.
    »Sie werden noch froh sein, auf meinen Rat gehört zu haben«, sagte Mr. Brown, der ihn an der Treppe erwartet hatte. »Beim ersten Windstoß wäre diese Rah bestimmt von oben gekommen.«
    »Kann ich jetzt die Duette haben, Sir?« fragte Jack mit einem Anflug von Ungeduld. »Ich bin gerade dabei, den Freund abzuholen, von dem ich sprach — einen begnadeten Musiker, Sir. Wenn wir wieder in Mahón sind, müssen Sie ihn unbedingt kennenlernen und mir gestatten, ihn Mrs. Brown vorzustellen.«
    »Mit Freuden — es wäre mir eine Ehre«, antwortete Mr. Brown.
    »Jetzt zur Treppe der Crown, und pullt wie die Teufel«, befahl Jack seinen Bootsgasten, nachdem er mit den Notenblättern zurückgekehrt war. Er keuchte, denn wie viele Seeleute hatte er Übergewicht und geriet an Land leicht ins Schwitzen. Als sie sich den Landungsstufen näherten, schielte er im Zwielicht auf seine Taschenuhr. »Noch sechs Minuten Reserve«, sagte er. »Ach, da sind Sie ja schon, Doktor. Ich hoffe sehr, Sie können mir vergeben, daß ich Sie heute mittag versetzt habe. Shannahan, Bussell, ihr beide kommt mit mir. Die anderen bleiben an Bord. Mr. Ricketts, Sie warten mit dem Boot in zwanzig Meter Entfernung vom Kai, damit keiner Ihrer Leute auf dumme Gedanken

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