Kurs auf Spaniens Kueste
drückt. Danach kommt die Außenschot oder die Hals dran mit Durchsetzen. Sobald die Toppgasten von der Rah runter sind, wird unten an den Fallen geholt, und schon steigt die Rah nach oben. Hier, durch diesen Block mit dem weißen Fleck laufen die Schoten. Und das da sind die Fallen.«
Im nächsten Augenblick füllten sich die Royals mit Wind, die Sophie legte sich noch stärker über, und das Singen der Brise im Rigg wurde um einige Töne höher. Die Toppgasten kamen wieder herabgeklettert, jetzt mit etwas mehr Bedacht. Die Schiffsglocke schickte fünf Doppelschläge zu ihnen herauf.
»Sagen Sie mir doch«, bat Stephen, der sich anschickte, den Toppgasten zu folgen, »was ist eigentlich eine Brigg?«
»Die Sophie ist eine Brigg, Sir. Obwohl wir sie Slup nennen, Kriegs- oder Kanonenslup.«
»Danke. Und was ist eine ... Da, da ist schon wieder dieses Geheul!«
»War nur der Bootsmann, Sir. Das Rahgroßsegel ist fertig, und er befiehlt seinen Leuten, es an der Rah anzuschlagen.« Mowett deklamierte:
»Hurtig ist der Bootsmann und überall an Deck,
brüllt lauter als der Sturm zu einem guten Zweck.
Wer da nicht hart mit anpackt, dem gerbt er gleich das Fell,
so wird der Feigling mutig, der Tücht’ge rasend schnell.«
»Ja, der Rohrstock scheint bei ihm recht locker zu sitzen. Mich wundert, daß sie sich's gefallen lassen. Und Sie, Sir, sind also ein Dichter.« Stephens Selbstvertrauen wuchs, er glaubte, die Situation jetzt im Griff zu haben.
Geschmeichelt lachte Mowett auf und sagte: »Bei der Schräglage ist der Abstieg auf dieser Seite leichter, Sir. Erlauben Sie — ich steige jetzt an Ihnen vorbei und halte mich dicht unter Ihnen. Angeblich ist man dabei gut beraten, wenn man gar nicht hinunterschaut. Langsam, Sir, immer hübsch langsam. Ein Fuß nach dem anderen. Na bitte, da wären wir. Alles heil und gesund.«
»Guter Gott«, Stephen wischte sich die schweißnassen Hände ab, »ich bin doch froh, wieder unten zu sein.« Sein Blick wanderte in die Toppen und wieder zurück an Deck. Daß ich so ängstlich wäre, hätte ich nicht erwartet, dachte er. Laut aber sagte er: »Wollen wir uns jetzt unter Deck umsehen?«
»Vielleicht finden wir ja unter den Neuzugängen einen Koch für mich«, sagte Jack. »Wobei mir einfällt: Hoffentlich machen Sie mir die Freude, beim Abendessen mein Gast zu sein?«
»Mit Vergnügen.« James Dillon verbeugte sich, soweit der Tisch dies zuließ. Sie saßen mit dem Schreiber in der Achterkajüte und hatten die Musterrolle, die Vorratsliste, das Signalbuch und verschiedene Lieferscheine vor sich ausgebreitet.
»Achten Sie auf Ihr Tintenfaß, Mr. Richards«, warnte Jack, als sich die Sophie in einer Bö wie mutwillig überlegte. »Korken Sie s lieber zu, und behalten Sie das Tintenhorn in der Hand. Mr. Ricketts, rufen Sie jetzt die neuen Männer herein.«
Im Vergleich zur regulären Besatzung waren sie ein buntgescheckter Haufen. Aber die Sophies fühlten sich ja auch an Bord zu Hause und trugen die vom alten Ricketts ausgegebenen Kleider, die wenigstens entfernt einer Uniform ähnelten. Und sie waren in den letzten Jahren halbwegs gut verpflegt worden — hatten sich zumindest mengenmäßig die Bäuche füllen können. Die Neulinge stammten bis auf drei Quotaleute aus dem Binnenland und waren meist vom Gerichtsbüttel rekrutiert. Sieben Hitzköpfe aus Westmeath waren in Liverpool bei einer Schlägerei aufgegriffen worden und wußten so wenig vom Lauf der Welt (sie waren nur zum Erntedankfest in die Stadt gekommen), daß sie, vor die Wahl zwischen einem feuchten Kerkerloch und dem Kriegsdienst bei der Marine gestellt, sich für letztere entschieden, weil sie die Navy für gesünder hielten. Dann gab es noch einen Imker mit traurigem Mondgesicht und Rauschebart, dessen Bienen alle eingegangen waren, und einen arbeitslosen Dachdecker. Einige ledige, zahlungsunwillige Väter waren darunter, zwei halbverhungerte Schneider und ein friedlicher Dorfnarr. Die Abgerissensten hatten schon auf den Wohnschiffen Kleidung erhalten, doch die anderen besaßen nur ihre fadenscheinige Arbeitskluft oder alte Mäntel aus zweiter Hand; ein Bauer trug sogar noch seinen Kittel. Die drei Ausnahmen waren Matrosen mittleren Alters; der eine nannte sich Christian Pram, war Däne und früher Zweiter Steuermann auf einem Levantefahrer gewesen, und die beiden anderen waren griechische Schwammtaucher, hießen angeblich Apollo und Turbid und waren unter obskuren Begleitumständen zur Navy
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