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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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Hinterkopf, du besoffener Heuschreck?«
    »Halt ja dein freches Maul, Wilson«, sagte Mowett, und zu Stephen: »Das ist bloß ein Delinquent, achten Sie nicht auf ihn. Er hat Fußfesseln an.«
    »Weshalb liegt er in Ketten?«
    »Wegen Beleidigung.« Mowetts knappe Antwort verriet eine gewisse Genugtuung.
    »Also, das ist endlich mal ein großer Raum«, rief Stephen im Weitergehen. »Obzwar ziemlich niedrig. Ich nehme an, hier wohnen die Unteroffiziere?«
    »Nein, Sir. Hier essen und schlafen die Leute.«
    »Die ein Stockwerk tiefer keinen Platz gefunden haben?«
    »O nein, Sir, alle. Unter uns sind nur noch die Lagerräume mit einem kleinen Halbdeck, dem Orlop.«
    »Und wie viele Menschen leben hier drin?«
    »Siebenundsiebzig, die Seesoldaten mitgezählt.«
    »Aber so viele können hier niemals schlafen! Das ist physisch einfach unmöglich.«
    »Mit Verlaub, Sir, sie können. Jeder Mann hat vierzehn Zoll für seine Hängematte, die längsschiffs aufgehängt wird. Das sind sechsunddreißig Zentimeter, und der Rumpf ist mittschiffs acht Meter breit. Damit bleibt Platz für zweiundzwanzig Hängematten. Sehen Sie, hier oben stehen die Zahlen.«
    »Auf vierzehn Zoll Breite kann doch kein Mensch schlafen!«
    »Nicht sehr bequem, nein, Sir. Aber auf achtundzwanzig Zoll schon. Denken Sie daran, auf einem Zwei-Wachen-Schiff ist immer die eine Hälfte der Leute an Deck. Damit bleiben ihre Plätze hier unten frei.«
    »Selbst dann müssen sie gegen ihre Nachbarn stoßen.«
    »Na ja, Sir, es ist ziemlich eng, zugegeben. Aber sie liegen wenigstens warm und trocken. Wie Sie sehen, sind es vier Querreihen: vom achteren Schott bis zu diesem Decksbalken und weiter bis zum nächsten; dann bis zu jenem mit der Laterne dran — und die vierte bis zum vorderen Schott. Dahinter liegen die Kammern des Zimmermanns und des Bootsmanns. Die vorderste Reihe und die Hälfte der zweiten gehört den Seesoldaten. Dann kommen die Matrosen — dreieinhalb Reihen im ganzen. Mit durchschnittlich zwanzig Hängematten pro Reihe bringen wir sie alle unter, auch wenn der Mastfuß etwas stört.«
    »Aber das muß ja ein einziger Teppich aus Körpern sein, selbst wenn nur die Hälfte der Leute hier liegt.«
    »Gewiß, Sir.«
    »Und wo sind die Fenster?«
    Mowett schüttelte den Kopf. »Richtige Fenster gibt es hier nicht. Natürlich haben wir die Luken und die Grätings dort oben, obwohl die ja geschlossen oder abgedeckt werden, wenn es bläst.«
    »Und das Lazarett?«
    »Haben wir auch nicht, Sir, genaugenommen. Kranke riggen ihre Hängematten gleich am vorderen Querschott auf, an Steuerbord vor der Kombüse. Und für ihre Notdurft haben sie immerhin das Kabuff.«
    »Was ist das?«
    »Na ja, eigentlich ist es eher ein Verschlag, kein richtiges Häuschen wie auf einer Fregatte oder einem Linienschiff. Aber es dient seinem Zweck.«
    »Welchem Zweck?«
    »Ich weiß gar nicht, wie ich mich ausdrücken soll, Sir.« Mowett errötete. »Eben das Örtchen.«
    »Ein Lokus? Ein Pissoir?«
    »Ganz recht, Sir.«
    »Und womit behelfen sich die anderen? Haben sie Nachttöpfe?«
    »Hilf Himmel, nein, Sir! Die anderen klettern durch die vordere Luke und gehen auf den Abtritt — einen kleinen Sitz zu beiden Seiten des Stevens.«
    »Im Freien?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Und was machen sie bei schlechtem Wetter?«
    »Gehen trotzdem hin, Sir.«
    »Also schlafen hier unten vierzig oder fünfzig Mann gleichzeitig, ohne ein einziges Fenster? Parbleu — falls jemals ein Mann mit Typhus, Pest oder Cholera auch nur den Fuß in diesen Raum setzt, dann helfe Gott euch allen!«
    »Amen, Sir«, sagte Mowett, konsterniert durch Stephens Ton absoluter Gewißheit.
    »Das ist ein netter Bursche«, sagte Stephen beim Eintritt in die Achterkajüte.
    »Mowett? Freut mich zu hören«, antwortete ein hager und abgekämpft aussehender Jack. »Nichts wichtiger als angenehme Bordgenossen ... Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Unser Seemannsgetränk, wir nennen es Grog — kennen Sie's? Sehr bekömmlich, jedenfalls auf See.
    Simpkin, bring uns Grog! Dieser Mistkerl ist die reinste Schnecke ... Simpkin! Bring uns endlich den Grog! Die Pest über den vermaledeiten Lahmarsch! Ah, da bist du ja. Das hatte ich nötig«, sagte er, sein geleertes Glas absetzend. »Was für ein elender Vormittag! Jede Wache muß die gleiche Anzahl erfahrener Leute haben, und zwar jeweils auf den verschiedenen Stationen. Das gab endlose Streitereien. Außerdem«, er rutschte etwas näher an Stephens Ohr heran,

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