Kurs auf Spaniens Kueste
recht ist. Außerdem ist er ein hochgelehrter Benediktiner.«
»Dann die Pest über Napoleon!«
»Die Pest über Napoleon!« riefen alle drei und leerten ihre Gläser.
»Sie vergeben mir hoffentlich, wenn ich mich jetzt entschuldige, Sir«, sagte Dillon. »In einer halben Stunde übernehme ich die Wache und möchte vorher noch das Logbuch prüfen. Besten Dank für das vorzügliche Abendessen.«
»Da hat er sich aber tapfer geschlagen, bei Gott«, sagte Jack, als Dillon gegangen war. »Hundertsechsundvierzig gegen vierzehn — oder fünfzehn, wenn man Mrs. Dockray mitrechnet. Ein Bravourstück, wie es Nelson ähnlich gesehen hätte — schnurstracks auf die Hörner genommen — und finito.«
»Sie kennen Lord Nelson, Sir?«
»Ich hatte die Ehre, bei Abukir unter ihm zu kämpfen«, antwortete Jack. »Und ich war zweimal bei ihm zum Dinner geladen.« Geschmeichelt lächelte er in der Erinnerung.
»Hätten Sie die Güte, ihn für mich näher zu beschreiben?«
»Oh, er wäre Ihnen auf Anhieb sympathisch, da bin ich sicher. Klein und schlank, schmächtig sogar, ich könnte ihn mit einer Hand — ohne ihm nahetreten zu wollen — hochheben. Trotzdem spürt man sofort, daß man einen großen Mann vor sich hat. In der Philosophie spricht man doch von elektrischen Teilchen, nicht wahr? Von diesen geladenen Atomen, wenn Sie wissen, was ich meine. Beide Male richtete er das Wort an mich. Beim ersten Mal sagte er: ›Dürfte ich Sie um das Salz bitten?‹ Seither bemühe ich mich immer, dabei seinen Ton zu treffen, was Sie vielleicht schon bemerkt haben. Beim zweiten Mal versuchte ich meinem Tischnachbarn, einem Seesoldaten, unsere Kampftaktik zu erklären — Luvvorteil, Auflösen der Schlachtlinie und so weiter; da beugte sich Nelson mit eigenartigem Lächeln vor und sagte: ›Vergeßt die Manöver — immer drauf auf den Feind!‹ Das höre ich noch wie heute: ›Vergeßt die Manöver, immer drauf!‹ Bei eben diesem Dinner erzählte er uns auch, wie ihm jemand in einer kalten Nacht seinen Wachmantel anbot und er dankend ablehnte; ihm sei warm genug, die Liebe zu König und Vaterland wärme ihm das Herz. Wenn ich das jetzt so wiederhole, klingt es eher peinlich, nicht wahr? Hätte ein anderer das gesagt, würden Sie es als jämmerliches Klischee abtun, als leeres Pathos. Aber von ihm kommend, weckt es ein Feuer in der Brust wie ... Na, Mr. Richards, was gibt’s nun schon wieder, in Dreiteufelsnamen? Rein oder raus, entscheiden Sie sich! Aber bleiben Sie nicht in der Tür stehen wie ein kaputter Uhrenkuckuck!«
»Sir«, stotterte der arme Schreiber, »Sir, Sie sagten, ich darf Ihnen vor dem Tee die letzten Papiere vorlegen, und Ihr Tee wird gleich serviert.«
»Tja, das sagte ich wohl.« Jack seufzte. »Gott, was für ein vermaledeiter Haufen! Lassen Sie ihn hier, Mr. Richards. Ich kümmere mich darum, spätestens bis Cagliari.«
»Die obersten sind noch von Captain Allen diktiert und waren bloß in Reinschrift zu übertragen.« Der Schreiber dienerte sich rückwärts zur Tür. »Die brauchen Sie nur zu unterschreiben.«
Jack warf einen Blick auf das erste Schriftstück, hielt kurz inne und explodierte: »Da! Da haben Sie s. Genau das meine ich! Typisch für die Navy, wie sie leibt und lebt. Da kommt man endlich mal in patriotische Stimmung, läßt sich vom rechten Kampfgeist beseelen und möchte sich am liebsten gleich mitten ins Gefecht stürzen — und dann muß man so was unterschreiben!« Angewidert schob er Stephen das mit kunstvollen Lettern bedeckte Schreiben hinüber.
An Seine Hoch wohlgeboren
Lord Keith, Ritter des Bathordens etc. etc.
Admiral der Blauen Territorien
An Bord Seiner Majestät Slup Sophie
auf See
My Lord,
hiermit ersuche ich Sie ergebenst, eine Kriegsgerichtsverhandlung anberaumen zu wollen gegen Isaac Wilson, Matrose auf der Slup, die zu befehligen ich die Ehre habe, weil er sich schuldig gemacht hat des widernatürlichen Verbrechens der Sodomie mit einer Ziege, in ihrem Stall, am 16. März ds.
Ich habe die Ehre, My Lord, zu verbleiben als
Ihr gehorsamster und untertänigster Diener ...
»Eigenartig, wie die Justiz immer auf der Widernatürlichkeit von Sodomie besteht«, bemerkte Stephen. »Dabei kenne ich mindestens zwei Richter, die Päderasten sind. Und erst die Anwälte ... Was geschieht jetzt mit Wilson?«
»Oh, er wird gehängt. Sie ziehen ihn zur Rahnock hoch, nachdem sich die Beiboote der ganzen Flotte unten versammelt haben.«
»Das kommt mir etwas übertrieben
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