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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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unter Deck angegriffen.«
    »Stimmt das, King?«
    Der Neger stierte immer noch wild um sich, von seinen Kameraden an beiden Armen zurückgehalten; seine gestammelte Antwort war unverständlich.
    »War es so, Williams?« fragte Jack.
    »Weiß nicht, Sir.« Mit glasigen Augen tippte Williams an seinen Hut.
    »War es so, Kelly?«
    »Weiß nicht, Sir.« Auch Kelly salutierte, und sein Ausdruck glich dem Williams' aufs Haar.
    »Wo ist der Kapitän der Schnau, Mr. Dillon?«
    »Sir, die Mauren scheinen alle Norweger über Bord geworfen zu haben.«
    »Gütiger Gott!« Jack war entsetzt, obwohl er wußte, daß solche Greueltaten nicht selten vorkamen. Ein wütendes Grollen in seinem Rücken bewies ihm, daß die Neuigkeit bis auf die Sophie vorgedrungen war. »Mr. Marshall«, rief er, schon auf dem Weg zur Reling, »Sie bürgen mir für die Sicherheit der Gefangenen, verstanden? Ich dulde keinerlei Ausschreitungen mehr.« Ein Blick übers Deck, ein Blick ins Rigg: erstaunlich wenig Schaden. »Sie bringen die Schnau nach Cagliari, Mr. Dillon«, sagte er leise, denn er war immer noch außer sich über die Bestialität des Ganzen. »Nehmen Sie sich so viele Männer, wie Sie brauchen.«
    Ernst, sehr ernst kehrte er auf die Sophie zurück. Doch kaum stand er wieder auf seinem eigenen Achterdeck, als sich eine aufsässige kleine Stimme in seinem Inneren meldete: »Ohne ihre Mannschaft ist sie eine Prise, kein gerettetes Schiff, verstehst du?« Ärgerlich befahl er ihr zu schweigen, rief nach dem Bootsmann und begann mit ihm seine Ronde durch die Sophie , um die Reihenfolge der dringendsten Reparaturen festzulegen. Für ein so kurzes Gefecht, in dem nicht mehr als fünfzig Schüsse gewechselt worden waren, hatte sie überraschend stark gelitten: ein Beweis, was überlegene Feuerkraft anrichten konnte. Der Zimmermann hing mit zwei Gehilfen in Bootsmannstühlen außen an der Bordwand und versuchte, ein Einschußloch knapp über der Wasserlinie zu stopfen.
    »Ich komme nicht richtig heran«, klagte Mr. Lamb auf Jacks entsprechende Frage. »Wir sind schon halb ertrunken, können den Pfropfen aber nicht reinhämmern, nicht auf diesem Bug.«
    »Dann werden wir das Schiff für Sie auf den anderen Bug legen, Mr. Lamb. Aber geben Sie mir sofort Bescheid, wenn das Loch gestopft ist.« Durch die zunehmende Dämmerung über der See warf er einen Blick auf die Schnau, die wieder ihren Platz im Konvoi eingenommen hatte. Über Stag zu gehen, das hieß, von ihr wegzulaufen, und diese Schnau war ihm richtiggehend ans Herz gewachsen. »Beladen mit Langholz, guter Stettiner Eiche, mit Stockholmer Teer und vielen Kabellängen Hanftau«, bohrte seine habgierige innere Stimme. »Sie könnte leicht zwei- oder dreitausend Pfund bringen, vielleicht sogar viertausend ...«
    »Jawohl, Mr. Watt«, sagte er laut, »wie Sie meinen.« Sie kletterten zur Marssaling hoch und begutachteten das beschädigte Eselshaupt.
    »Das war der Klumpen, der dem armen Mr. Day das Licht ausgeblasen hat«, erläuterte der Bootsmann.
    »Tatsächlich? Ein verteufelt dicker Brocken. Aber wir wollen die Hoffnung noch nicht aufgeben. Dr. Maturin wird ihn — wird irgendwas Raffiniertes mit seiner Säge anstellen, sobald es wieder hell ist. Er braucht gutes Licht dafür — für dieses medizinische Kunststück, meine ich.«
    »Oh, ganz bestimmt, Sir«, rief der Bootsmann begeistert. »Das ist ein sehr geschickter Gentleman, Sir, keine Frage. Die Leute sind höchst beeindruckt. ›Wie freundlich von ihm‹, sagen sie, ›Ned Evans' Bein so glatt abzusägen und John Lakeys Kronjuwelen so sauber anzunähen. Dabei ist er doch eigentlich in Urlaub — ein Gast sozusagen.‹«
    »Ja, es ist wirklich anständig von ihm.« Jack nickte. »Sehr anständig, da gebe ich Ihnen recht. Hier werden wir eine Zurring brauchen, Mr. Watt, bis der Zimmermann das Eselshaupt flicken kann. Eine kräftige Leine, so fest gezurrt wie nur möglich. Und möge Gott verhüten, daß wir die Maststengen streichen müssen.«
    Sie begutachteten noch ein halbes Dutzend anderer Schäden, dann kletterte Jack wieder hinunter. Kurz hielt er inne, um seine Schäfchen zu zählen — brav segelten sie nach diesem Schrecken jetzt dicht beisammen —, und ging dann in seine Kajüte. Dort ließ er sich auf die Polster der langen Heckbank sinken und merkte überrascht, daß sein Geist schon wieder beim Rechnen war — drei Achtel von dreieinhalbtausend Pfund, wieviel machte das? Denn auf diese Summe schätzte er den Wert der Dorthe

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