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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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Dutzend für jeden«, befahl Jack. »Und wenn's auf dieser Welt gerecht zuginge, müßtest du, Cross, zwei Dutzend kriegen. Ein Mann auf so verantwortungsvollem Posten — Stückmeistersgehilfe —, welche Schande!«
    Auf der Sophie war es Brauch, die Prügelstrafe am Ankerspill, nicht auf einer Gräting zu vollziehen. Trübsinnig schlurfte einer nach dem anderen nach vorn, streifte sein Hemd ab und legte sich über den abgeflachten Zylinder. Die Bootsmannsgehilfen John Bell und John Morgan banden sie fest, mehr um der Form Genüge zu tun, als um Gegenwehr zu verhindern; dann trat John Bell zurück, die neunschwänzige Katze locker in der Rechten, und sah Jack an. Der nickte.
    »Machen Sie weiter«, befahl er.
    »Eins«, zählte der Bootsmann feierlich, als die neun geknoteten Riemen durch die Luft zischten und auf den nackten, verkrampften Rücken des Delinquenten klatschten. »Zwei. Drei. Vier ...«
    So ging es weiter. Wieder einmal registrierte Jack mit kaltem, erfahrenem Blick, wie geschickt der Bootsmannsgehilfe die Knoten der Riemen hauptsächlich aufs Spill knallen ließ, ganz unauffällig und ohne sich anmerken zu lassen, daß er seine Bordgenossen schonte. Soll mir recht sein, sagte sich Jack, aber entweder brechen die Hunde heimlich in die Rumlast ein, oder irgendein Bastard hat einen Schnapsvorrat an Bord geschmuggelt. Wenn ich den erwische, lasse ich eine richtige Gräting aufriggen, und dann ist Schluß mit dem Hokuspokus. So viele Fälle von Trunkenheit waren ungewöhnlich: sieben an einem Tag. Mit den Sauftouren an Land hatte das nichts mehr zu tun, die waren vorbei und vergessen. Auch den an Deck aufgereihten Schnapsleichen war vergeben, das hatte man unter den üblichen Hafenexzessen abgehakt. Nein, dies hier war etwas anderes.
    Schon tags zuvor hatte Jack gezögert, das gewohnte nachmittägliche Exerzieren mit den Kanonen zu befehlen, denn zu viele unter den Leuten schienen ihm angetrunken zu sein. Nur zu leicht konnte ein alkoholisierter Narr mit dem Fuß unter eine zurückstoßende Lafette geraten oder sein Gesicht beim Schuß vor eine Mündung halten. Am Ende hatte er die Kanonen nur ausrennen und einfahren lassen, ohne sie abzufeuern.
    Jedes Schiff pflegte seine eigenen Traditionen beim Strafvollzug; auf der Sophie blieb man unter der Katze stumm. Aber Edwards (einer von den Neulingen) war von der Kings Fisher abgeworben worden, wo es lauter zuging. Beim ersten Schlag schrie er so gellend auf, daß der junge Bootsmannsgehilfe irritiert innehielt und die nächsten zwei, drei Schläge zu zaghaft ausfielen.
    »Nimm dich zusammen, John Bell«, rügte der Bootsmann, nicht weil er Edwards übelwollte — er maß ihn mit ebenso gelassenem, unbeteiligtem Blick wie ein Metzger sein Schlachtvieh —, sondern weil die Arbeit ordentlich getan werden mußte. Fortan gaben die restlichen Hiebe Edwards einigen Grund für sein markerschütterndes Crescendo. Markerschütternd vor allem für John Surel, einen mageren kleinen Gepreßten aus Exeter, der noch nie ausgepeitscht worden war und nun zur Trunkenheit auch noch blamable Wehleidigkeit auf sich lud. Aber ausgepeitscht wurde er, trotz seines jämmerlichen Geheuls und Gebrülls, und zwar besonders schmerzhaft, weil der verunsicherte Bell die Sache schnell hinter sich bringen wollte.
    Wie schrecklich barbarisch dies auf einen Zuschauer wirken muß, der es nicht gewohnt ist, sinnierte Stephen. Und wie wenig es den anderen ausmacht. Obwohl dieses Kind dort drüben ziemlich mitgenommen aussieht. Der eingeschüchterte Babbington war tatsächlich etwas blaß um die Nase, als das leidige Geschäft endlich beendet und der stöhnende Surel seinen beschämten Kameraden übergeben war, die ihn schnell unter Deck schafften.
    Aber die Blässe und Ängstlichkeit des jungen Herrchens war nicht von langer Dauer. Keine zehn Minuten nachdem der Schwabber alle Spuren der Bestrafung weggewischt hatte, jagte Babbington seinen Kameraden Ricketts fröhlich durch die obere Takelage, während das neue Schreiberlein schwerfällig, aber entzückt hinter ihnen herkletterte.
    »Wer albert da oben herum?« fragte Jack, der durch das dünne Tuch des Großbramsegels nur verschwommene Gestalten sah. »Die Schiffsjungen?«
    »Die jungen Herren, Euer Ehren«, antwortete der Quartermaster.
    »Aha. Dabei fällt mir ein: Sie sollen sich bei mir melden.«
    Kurz danach waren Blässe und Angst wieder da, und zwar aus gutem Grund. Die Fähnriche und Kadetten sollten zur Standortbestimmung mittags die

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